Schallenberg reist mit "Slavkov"-Amtskollegen nach Moldau
387.151 Ukrainer sind nach UNO-Angaben seit dem Kriegsausbruch nach Moldau geflohen, was rund 15 Prozent der gesamten Bevölkerung der früheren Sowjetrepublik entspricht. Unklar ist, wie viele davon bereits weitergereist sind. Die drei Außenminister wollen in der moldauischen Hauptstadt nicht nur die gesamte Staatsspitze (Präsidentin Maia Sandu, Ministerpräsidentin Natalia Gavrilița und Außenminister Nicu Popescu) treffen, sondern am Nachmittag auch das Flüchtlingszentrum MOLDEXPO besuchen und mit ukrainischen Familien sprechen. Auch ein Besuch der österreichischen Stiftung Concordia ist geplant.
Österreich hat als erster EU-Staat ukrainische Flüchtlinge aus Moldau übernommen. Die ersten 300 Ukrainer sind bereits vor einigen Tagen in Österreich angekommen. Insgesamt sollen 2.000 Ukrainer nach Österreich gebracht werden.
Die russische Aggression gegenüber der Ukraine wird in Moldau mit besonderer Sorge verfolgt. Ähnlich wie das größere Nachbarland hat sich nämlich auch Moldau für einen pro-europäischen Kurs entschlossen, was in Moskau kritisch gesehen wird. Infolge des Zerfalls der Sowjetunion haben sich Anfang der 1990er Jahre die mehrheitlich russisch- und ukrainischsprachigen Gebiete am linken Ufer des Flusses Dnistr von Chișinău losgesagt. Mit militärische Unterstützung Moskaus haben Separatisten dort die "Transnistrische Moldauische Republik" ausgerufen. Es wird befürchtet, dass die russische Armee auch von dort aus militärische Operationen gegen die Ukraine starten könnte, insbesondere gegen die nahe gelegene und strategisch bedeutende Schwarzmeerstadt Odessa.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatte bereits Mitte März die moldauische Hauptstadt besucht und dabei eine Aktion zur Verteilung der Flüchtlinge angekündigt. Zudem soll am 5. April in Berlin eine Moldau-Unterstützungskonferenz stattfinden. "Wir werden nicht zulassen, dass die von Russland verursachten Schockwellen auf weitere Länder in Europa überschwappen", betonte Baerbock.
Schallenberg, Lipavský und Korčok hatten Anfang Februar inmitten des massiven russischen Truppenaufmarsches rund um das Land gemeinsam die Ukraine besucht, wobei sie auch an die Kontaktlinie zwischen der ukrainischen Armee und den pro-russischen Separatisten reisten. Zwei Wochen später begann der russische Überfall, den die Europäische Union mit massiven Sanktionen gegen Moskau und Waffenlieferungen an Kiew beantwortete.
Die drei Länder arbeiten informell im sogenannten Slavkov-Format zusammen, benannt nach der südmährischen Stadt Slavkov (Austerlitz). Die Gruppe war im Jänner 2015 nach dem ersten russischen Überfall auf die Ukraine ins Leben gerufen worden. Damals waren nämlich deutliche außenpolitische Differenzen innerhalb der Visegrad-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) zutage getreten. Polen drängte auf schärfere Maßnahmen gegenüber Russland, was Tschechien und die Slowakei ablehnten, ähnlich wie Österreich. Der jetzige Krieg vertiefte die Gräben in der Visegrad-Gruppe weiter. Der ungarische Premier Viktor Orbán brachte die anderen drei Staaten gegen sich auf, weil er der Ukraine keine Unterstützung leisten will. Entsprechend suchen Polen, Tschechien und die Slowakei nach neuen Bündnispartnern, darunter neben Österreich etwa auch Slowenien.
Zusammenfassung
- Knapp zwei Monate nach ihrem Besuch der ostukrainischen "Kontaktlinie" reisen die Außenminister Österreichs, Tschechiens und der Slowakei am morgigen Freitag neuerlich in die Nähe des Konfliktgebiets.
- Alexander Schallenberg (ÖVP), Jan Lipavský und Ivan Korčok besuchen gemeinsam die Republik Moldau, die wie die Ukraine zum Teil russisch besetzt ist.
- Österreich hat als erster EU-Staat ukrainische Flüchtlinge aus Moldau übernommen.