Schallenberg betont Schlüsselrolle Vietnams in Südostasien
Konkret geht es um Territorialansprüche im südchinesischen Meer. Schallenberg hob diesbezüglich die konstruktive Position Vietnams hervor, das jüngst eine entsprechende Vereinbarung mit Indonesien erzielt habe. "Das hat psychologisch enorme Auswirkungen, weil zum ersten Mal in der Region sich zwei Staaten einigen auf die Abgrenzung." Er hoffe auf eine "Vorbildwirkung" dieser Vereinbarung.
Beim Eintreten für eine "regelbasierte Ordnung" sehe er Vietnam an der Seite Österreichs, betonte Schallenberg. Beide Volkswirtschaften seien "vom Handel abhängig" und wollen nicht "das Gesetz des Dschungels", sondern eine internationale Ordnung, die auf dem Völkerrecht mit seinen Prinzipien des Gewaltverbots und Respekts vor territorialer Integrität und Souveränität beruhe. "Das ist etwas, wo wir sicher eine sehr große Überschneidung haben. Das sind ganz fundamentale Interessen, die wir teilen." Mit dieser Argumentationslinie will der Außenminister die vietnamesischen Regierungsvertreter bei Gesprächen am Montag auch davon überzeugen, sich stärker auf die Seite der Ukraine zu stellen. Schließlich habe auch Vietnam eine im UNO-Sicherheitsrat sitzende Atommacht zum Nachbarn.
Schallenberg unterstrich zugleich, warum Österreich die Vorgänge in Südostasien interessieren sollten. "Was hier geschieht in dieser Region, könnte unmittelbare Auswirkungen haben auf unsere Lebensqualität in Österreich", sagte er mit Blick auf die gefährdeten Lieferketten für Alltagsprodukte wie Smartphones. Die geopolitischen Auswirkungen einer Eskalation des Taiwan-Konflikts wären "weit größer und bedeutender als der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine", weil die "Hauptschlagader des internationalen Handels" durch das Konfliktgebiet im Südchinesischen Meer führe. "Das heißt, diese Region kann uns nicht egal sein."
Schallenberg zweifelt auch nicht daran, dass Europa bei einer chinesischen Aggression gegen Taiwan eine klare und standhafte Position einnehmen werde. Wenn man im September 2021 eine theoretische Diskussion über Reaktion auf einen russischen Überfall auf die Ukraine geführt hätte, "wäre es schief gegangen", erinnerte der Außenminister, befragt zu den umstrittenen jüngsten Aussagen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. "Aber am 25. (Februar 2022) haben wir gewusst, wo wir stehen. So wird es bei China auch sein. Das ist für mich die wichtigste Botschaft der jetzigen Geeintheit des Westens an Xi Jinping: Der Preis wird enorm groß sein."
Von einem wirtschaftlichen Rückzug Europas aus Asien oder anderen politisch volatilen Weltregionen hält Schallenberg nichts. "Ich will keine Regionalisierung der Globalisierung, sondern eine Diversifizierung", betonte er. "Vietnam könnte da eine große Rolle spielen", sagte er mit Blick auf die bereits laufenden Verlagerungsbewegungen von Produktionsstätten aus China. Daher sei jetzt auch der richtige Zeitpunkt für Österreich, mit einer großen Wirtschaftsdelegation in das Land zu kommen.
Zum Auftakt seines Treffens hatte sich Schallenberg am Sonntagabend mit den Mitgliedern der aus 21 Unternehmern bestehenden Delegation getroffen, angeführt von WKÖ-Vizepräsident Philipp Gady. Das Augenmerk der Firmenlenker richtet sich vor allem auf ein Forum zur Infrastruktur- und Technologiekooperation am Montagnachmittag (Ortszeit), bei dem man sich für lukrative Staatsaufträge ins Spiel bringen will. Schallenberg hat am Montag Termine mit Außenminister Bui Thanh Son, Regierungschef Pham Minh Chinh sowie Planungsminister Nguyen Chi Dung. Am Dienstag trifft er dann noch Industrie- und Handelsminister Hong Dien.
Zusammenfassung
- Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat zum Beginn seines Besuchs in Vietnam die Schlüsselrolle des Landes für die Konfliktregion Südostasien hervorgehoben.
- Vietnam habe gute Beziehungen zu Russland, werde aber zugleich von China militärisch "aktiv herausgefordert".
- Konkret geht es um Territorialansprüche im südchinesischen Meer.
- Beim Eintreten für eine "regelbasierte Ordnung" sehe er Vietnam an der Seite Österreichs, betonte Schallenberg.