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Russischer Geheimdienst schuld an Havanna-Syndrom?

Der Auslöser für das sogenannte Havanna-Syndrom könnten Mikrowellenwaffen des russischen Militärgeheimdienstes GRU sein.

Darauf deuten zumindest Recherchen von "Der Spiegel", "The Insider" und "60 Minutes" hin.

Auch Wien betroffen

Als "Havanna-Syndrom" werden rätselhafte Symptome wie Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit zusammengefasst, über die ab 2016 in der kubanischen Hauptstadt Havanna lebende US-Diplomaten und ihre Angehörigen klagten.

Später wurden auch an anderen Orten der Welt ähnliche Beschwerden gemeldet, darunter auch in Wien. Betroffene gaben an, dass die Symptome begannen, nachdem sie etwa ein seltsames Geräusch hörten oder starken Druck in ihrem Kopf spürten.

Den Recherchen zufolge soll es die ersten Fälle des mittlerweile bekannten Syndroms bereits 2014 in der deutschen Metropole Frankfurt gegeben haben. Diese, so ein Betroffener, seien allerdings von der US-Regierung ignoriert worden.

Russischer Geheimdienst schuld?

Hinter den Attacken könnte der russische Militärgeheimdienst GRU stehen, heißt es nun in einem "Spiegel"-Bericht. Laut Reise- und Telefondaten seien, so die Erkenntnisse des Rechercheteams, bei vielen Attacken, die das "Havanna-Syndrom" zur Folge hatten, Mitglieder der GRU-Einheit 29155 an Ort und Stelle gewesen. Konkret könnten elektromagnetische oder akustische Waffen eingesetzt worden sein.

Wien als Hotspot

Auch Wien kam laut dem Bericht in den Flugplänen der Agenten vor. US-Medien hatten Mitte 2021 von Fällen des "Havanna-Syndroms" in der US-Botschaft in Wien berichtet. Die österreichische Hauptstadt gilt als internationale Drehscheibe für Geheimdienstaktivitäten, aber auch für informellen internationalen Austausch.

Einen von CBS in "60 Minutes" berichteten Fall bestätigte Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh am Montag (Ortszeit): Demnach sind bei einem hochrangigen Beamten des US-Verteidigungsministeriums beim NATO-Gipfel im litauischen Vilnius im vergangenen Jahr Symptome aufgetreten, die denen des Havanna-Syndroms ähneln.

Außenministerium hält sich zurück

Die Medienberichte, dass doch der russische Militärgeheimdienst hinter dem Havanna-Syndrom stecken könnte, wollte das US-Außenministerium weder bestätigen noch kommentieren. Man habe betroffene Mitarbeiter mithilfe des Havanna-Gesetzes umfangreich entschädigt und unterstützt.

Der Geheimdienstausschuss sei im März 2023 zu dem Schluss gekommen, dass es unwahrscheinlich ist, dass ein ausländischer Gegner für die Beschwerden bei den Diplomaten verantwortlich sei. An dieser Einschätzung halte man fest. Die Geheimdienste würden neue Informationen auswerten, wenn es solche gebe, hieß es.

"Keine Beweise für haltlose Anschuldigungen"

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies die Berichte über eine russische Urheberschaft des "Havanna-Syndroms" am Montag gegenüber Reportern zurück, wie Reuters berichtete. Das Thema sei nicht neu, und es habe von Anfang an Anschuldigungen gegen Russland gegeben. Niemand habe bisher allerdings überzeugende Beweise für diese "haltlosen Anschuldigungen" veröffentlicht.

Eine US-Geheimdienstuntersuchung, deren Erkenntnisse im Frühjahr des Vorjahres öffentlich wurden, kam laut Medienberichten zu dem Schluss, dass es "sehr unwahrscheinlich" sei, dass ein "ausländischer Gegner" für die Beschwerden bei den Diplomaten verantwortlich sei. Eine plausible Erklärung für die Fälle gebe es allerdings weiterhin nicht, so US-Medien damals.

Video: Krankheitssymptome Teil einer Geheimdienst-Affäre?

ribbon Zusammenfassung
  • Der Auslöser für das sogenannte Havanna-Syndrom könnten Mikrowellenwaffen des russischen Militärgeheimdienstes GRU sein.
  • Darauf deuten zumindest Recherchen von "Der Spiegel", "The Insider" und "60 Minutes" hin.
  • Als "Havanna-Syndrom" werden rätselhafte Symptome wie Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit zusammengefasst, über die ab 2016 in der kubanischen Hauptstadt Havanna lebende US-Diplomaten und ihre Angehörigen klagten.
  • Später wurden auch an anderen Orten der Welt ähnliche Beschwerden gemeldet, darunter auch in Wien.