Russische Truppen dringen in Bachmut ein
Der Generalstab des ukrainischen Militärs meldete in seinem täglichen Lagebericht am Donnerstag, die ukrainischen Streitkräfte hätten Angriffe auf Bachmut und andere Siedlungen in der Region Donezk abgewehrt, fügte jedoch auch hinzu, dass russische Einheiten vorrücken und die Stadt Bachmut "stürmen" würden.
Die Stadt ist bereits von drei Seiten gekesselt, die einzige Versorgungsroute Richtung Westen stehe unter russischem Beschuss, hieß es. In Saporischschja im Süden des Landes wurden in der Nacht auf Donnerstag vier Menschen getötet, als ein Wohnhaus von einer russischen Rakete getroffen wurde.
Russland schicke "Welle um Welle" an Kämpfern in die Stadt, beschrieb der ukrainische Militäranalyst Oleh Schdanow in einem Video auf Youtube die Vorgänge und fügte hinzu, die Lage sei "kritisch". "Der Feind versucht, die Versorgungsrouten für unsere Streitkräfte in Bachmut zu durchtrennen und alle Bewegungen darauf zu stoppen", so Schdanow. Mit seinen unaufhörlichen Angriffen versuche Russland, die ukrainischen Truppen vom Ostufer des Bachmutska-Flusses zu vertreiben, der die Stadt von Süden nach Norden durchfließt.
"Kolossaler Druck"
Schdanow Einschätzung zufolge könnten die russischen Streitkräfte die Stadt nicht in blutigen Straßenschlachten oder Frontalangriffen einnehmen, sondern nur durch eine vollständige Einkreisung. Davon seien die russischen Einheiten nach monatelangen Kämpfen mittlerweile nicht mehr weit entfernt. "Sie üben einen kolossalen Druck aus, mit einer Angriffswelle nach der anderen." Lastwagen um Lastwagen bringe neue Soldaten an die Front und holen die Verwundeten zurück. "Dieser Prozess ist konstant - wie ein Fließband - rund um die Uhr", so Schdanow.
Für Russland wäre die Eroberung von Bachmut ein wichtiger Schritt zur Eroberung der vollständigen Kontrolle des Donbass, eines der Hauptziele seiner Invasion vor einem Jahr am 24. Februar, und der erste größere Erfolg seit rund einem halben Jahr.
Der Kampf um Bachmut begann vor etwa sieben Monaten, aber in den letzten Wochen haben russische Vorstöße von drei Seiten den Verteidigern nur noch einen einzigen Ausweg nach Westen gelassen. Tausende Zivilisten befinden sich noch in der zerstörten Stadt, die vor dem Krieg etwa 70.000 Einwohner hatte.
Bachmut wird "früher oder später" fallen
Nicht jeder in der Ukraine ist davon überzeugt, dass die Verteidigung der Stadt auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden kann. "Ich glaube, dass wir Bachmut früher oder später wahrscheinlich verlassen müssen. Es hat keinen Sinn, es um jeden Preis zu halten", sagte der ukrainische Parlamentsabgeordnete Sergej Rachmanin am späten Mittwoch im ukrainischen NV-Radio. "Aber im Moment wird Bachmut mit mehreren Zielen verteidigt - erstens, um Russland so viele Verluste wie möglich zuzufügen und es dazu zu bringen, seine Munition und Ressourcen aufzubrauchen", fügte er hinzu und betonte, dass keine Verteidigungslinie zusammenbrechen dürfe.
Bei einem russischen Raketenangriff auf die Großstadt Saporischschja im Süden der Ukraine sind nach Polizeiangaben vier Menschen ums Leben gekommen. Mindestens acht Menschen seien bei dem Raketeneinschlag in der Nacht auf Donnerstag in einem fünfstöckigen Gebäude verletzt worden. Elf Menschen konnten demnach lebend aus den Trümmern geborgen werden, darunter eine Schwangere. Unterdessen rückten russische Einheiten weiter auf die Stadt Bachmut vor.
Die Such- und Bergungsarbeiten dauerten nach Angaben der Behörden am Vormittag noch an. Befürchtet wird, dass sich in dem eingestürzten Gebäude weitere Opfer befinden könnten. Saporischschja liegt weniger als 50 Kilometer von der Front entfernt. In den vergangenen Monaten wurde die Stadt von russischen Truppen mehrfach mit Artillerie und Raketen beschossen. Im September hatte Russland die Region Saporischschja für annektiert erklärt, obwohl russische Streitkräfte die Gebietshauptstadt selbst nie kontrolliert haben.
Zusammenfassung
- Russische Truppen haben am Donnerstag nach Berichten des ukrainischen Generalstabs zum Sturm auf die ostukrainische Stadt Bachmut angesetzt.
- Die Stadt ist bereits von drei Seiten gekesselt, die einzige Versorgungsroute Richtung Westen stehe unter russischem Beschuss, hieß es.
- In Saporischschja im Süden des Landes wurden in der Nacht auf Donnerstag vier Menschen getötet, als ein Wohnhaus von einer russischen Rakete getroffen wurde.