Regierung will Amtsgeheimnis "spätestens im Herbst" abschaffen
"Wir befinden uns bei der Informationsfreiheit auf den letzten Metern. Ich gehe davon aus, dass spätestens im Herbst der parlamentarische Prozess starten kann", sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) Montagabend beim Business-Talk von Thomas Prantners Beratungsagentur C3.
An der Abschaffung des Amtsgeheimnisses wird seit Jahren gearbeitet. Zu Jahresbeginn wurde das Informationsfreiheitspaket für das erste Halbjahr 2023 angekündigt. Zuletzt drehten Edtstadler und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) etliche Runden bei Ländern, Gemeinden und Städten. Vor allem in den Gemeinden ist der Widerstand ob des befürchteten Bürokratieaufwandes hoch.
"Es ist ein wahrer Paradigmenwechsel"
"Es wird kommen", versicherte Ministerin Edtstadler nun. Dass die Arbeit an der Informationsfreiheit so lange dauert, sei nicht umsonst. "Es ist ein wahrer Paradigmenwechsel. Wir schaffen das Amtsgeheimnis ab, das aus dem Jahr 1925 stammt." Die Verwaltung könne sich künftig nicht mehr hinter dem Amtsgeheimnis verstecken. Deshalb habe es "viel an Überredungskunst gebraucht, für diejenigen, die Sorgen hatten". Man habe intensiv mit Ländern, Gemeinden und Städten gesprochen. "Jeder, der schon mal einen Marathon gelaufen ist, weiß, die letzten Kilometer sind die schwierigsten."
Beim Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) konnten die Bedenken mittlerweile ausgeräumt werden: "Aus unserer Sicht kann man grünes Licht geben", sagte er am Dienstag zu Ö1. Die anderen Bundesländer allerdings warten laut ORF-Radio noch auf einen aktualisierten Entwurf der Bundesregierung.
Opposition ist skeptisch
Skeptisch zeigte sich auch die Opposition: SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried erinnerte gegenüber der APA daran, dass von Seiten der Regierungsparteien "seit 2020 schon x-mal ein baldiger Gesetzesvorschlag angekündigt wurde". Aber, so Leichtfried, "sie bringen bisher keine Einigung zustande". Dabei sei Österreich in Europa "ein Schlusslicht in Sachen staatlicher Transparenz und die Informationsfreiheit ist mehr als überfällig".
Ungeduldig zeigte sich auch der Vize-Klubchef der NEOS, Nikolaus Scherak, ob der "Unendlichen Geschichte Informationsfreiheit". "Das Informationsfreiheitsgesetz wird wie eine heiße Kartoffel zwischen Bund und Ländern hin- und hergeschoben. Ständig werden neue Ausreden gefunden, warum es nicht möglich sein soll, Österreich transparenter zu machen", ärgerte er sich in einer Aussendung.
Edtstadler will weiter Zitierverbot aus Strafakten
Einmal mehr plädierte Edtstadler bei der Veranstaltung auch für eine Stärkung der Beschuldigtenrechte in Ermittlungsverfahren - Stichwort Zitierverbot aus Strafakten - und erneuerte ihre Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Mit Reformen in diesem Bereich rechnet Edtstadler in dieser Legislaturperiode aber nicht mehr. "Ich bin nicht naiv. Das wird nicht passieren." Sie werde aber an den Justizthemen dranbleiben.
Edtstadler will bis zum Ende der Legislaturperiode in der Bundesregierung bleiben. "Auf einer Liste für die Wahl zum Europäischen Parlament werden Sie mich nicht sehen. Dafür bewerbe ich mich nicht. Ich bin Bundesministerin. Ich will das bis zum Schluss bleiben. Was danach ist, wird man sehen."
Edtstadler will nicht unter Kickl Ministerin sein
Unter FPÖ-Chef Herbert Kickl würde die ÖVP-Ministerin keinem Regierungsteam angehören wollen. "Bei einem Bundeskanzler Herbert Kickl stehe ich nicht zur Verfügung", so die klare Ansage. Grund dafür seien ihre Erfahrungen als Staatssekretärin an der Seite von Innenminister Kickl. "Ich kenne ihn gut, ich weiß, wie er tickt." Edtstadler geht aber davon aus, dass es dazu gar nicht erst kommen werde. "Wir haben gut ein Jahr Zeit, um dieses 'Schreckgespenst' Herbert Kickl als Bundeskanzler zu verhindern."
Zusammenfassung
- "Wir befinden uns bei der Informationsfreiheit auf den letzten Metern. Ich gehe davon aus, dass spätestens im Herbst der parlamentarische Prozess starten kann", sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) Montagabend.
- Die Regierung will in den nächsten Wochen einen Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses präsentieren.
- Man habe intensiv mit Ländern, Gemeinden und Städten gesprochen.