Rechnungshof mahnt Reform bei Bildungsdirektionen ein
Vielmehr seien sie durch "komplexe Weisungszusammenhänge, mangelnde Flexibilität bei der Personalbewirtschaftung und Unterschiede bei den Bildungsregionen" gekennzeichnet.
Ganz überraschend kommt die Kritik nicht: 2015 unternahm man nach bereits zuvor gescheiterten Anläufen erneut den Versuch, die zwischen Bund und Ländern bzw. Gemeinden aufgeteilten Kompetenzen in der Schulverwaltung neu zu ordnen. Da niemand auf Zuständigkeiten verzichten wollte, kam es zu einem klassischen Kompromiss: Statt der bisherigen Einrichtungen Landesschulrat (entgegen des Namens eine Bundesbehörde) und Schulabteilung der Landesregierung (Landesbehörde) schuf man mit den Bildungsdirektionen einen Zwitter: Die Bildungsdirektionen sollten als gemischte "Bund-Länder-Behörden" die Aufgaben der bisherigen Einrichtungen übernehmen.
Doppelgleisigkeiten bleibt bestehen
An den eigentlichen Doppelgleisigkeiten änderte sich dadurch nichts: Es gibt weiter die sogenannten Bundeslehrer (Lehrer an AHS und BMHS) sowie Landeslehrer (v.a. Lehrer an Volksschulen, Neuen Mittelschulen, Sonderschulen, Polytechnischen Schulen und Berufsschulen) mit unterschiedlichen Dienstgebern und Dienstrechten, die wiederum unterschiedliche Zuständigkeiten mit sich bringen. Auch die verschiedenen Schulerhalter (Bund, Land, Gemeinden) blieben bestehen.
Das hat zur Konsequenz, dass der (vom Bildungsminister auf Vorschlag des Landeshauptmanns bestellte) Bildungsdirektor bzw. die Bildungsdirektorin in Angelegenheiten der Bundesvollziehung an Weisungen des Bildungsministers gebunden ist und in Sachen der Landesvollziehung an jene der Landesregierungen. Noch komplizierter ist es, wenn sowohl Bund als auch Land betroffen sind. Dann muss beiderseitiges Einvernehmen hergestellt werden.
Als Beispiel für die praktischen Schwierigkeiten führt der RH ein Beispiel aus Salzburg an: 2021 wies das Bildungsministerium den Bildungsdirektor an, Personalveränderungen bzw. Nachbesetzungen von Landesbediensteten samt Qualifikationsprofilen zu melden. Das Amt der Landesregierung untersagte jedoch die Weitergabe der personenbezogenen Daten. Für den RH sind "die parallelen Weisungszusammenhänge im Rahmen der Bundes- und Landesvollziehung unter dem Gesichtspunkt potenzieller Interessen- beziehungsweise Treuekonflikte problematisch".
Regeln und Pensionssysteme nicht einheitlich
Weitere Konsequenz: In den neun Bildungsdirektionen mit knapp 2.000 Vollzeitstellen arbeiten weiter sowohl Bundes- als auch Landesbedienstete, für die verschiedene dienst- und besoldungsrechtliche Regeln sowie verschiedene Pensionssysteme gelten. Besonders plakativer Unterschied: Im Burgenland und in Niederösterreich erhielten die Landesbediensteten in der Bildungsdirektion am jeweiligen Landesfeiertag frei, die Bundesbediensteten nicht. Dies bedeute "vor allem eine Beeinträchtigung des Betriebsklimas", meint der RH.
Nur unzureichend genutzt wurde laut RH die gesetzliche Möglichkeit, den Bildungsdirektionen zusätzliche Aufgaben zu übertragen. So könnten etwa Länder die Zuständigkeit für die Kindergärten oder Horte dorthin auslagern - das ist aber nur vereinzelt geschehen. Ebenso wenig gab das Bildungsministerium seine Zuständigkeit für die Zentrallehranstalten ab oder das Landwirtschaftministerium jene im land- und forstwirtschaftlichen Schulwesen.
Folge des Wirr-Warrs ist eine gewisse Unübersichtlichkeit: Für dieselben schulischen Angelegenheiten gibt es unterschiedliche Ansprechstellen. Wer im Schuljahr 2020/21 etwa Schülerbeihilfe beantragen wollte, dem sprangen am dafür nötigen Antragsformular gleich 23 verschiedene behördliche Stellen entgegen.
Bildungscontrolling-Verordnung nicht umgesetzt
Trotz vielfacher Ankündigung vom Bildungsministerium nach wie vor nicht umgesetzt, ist die Erlassung einer Bildungscontrolling-Verordnung, moniert der RH. Damit soll sichergestellt werden, dass die Mittel im Schulwesen effizient und transparent eingesetzt werden.
Insgesamt wuchs seit der Einrichtung der Bildungsdirektionen deren Personalstand gegenüber den Vorgängerorganisationen von rund 1.570 Vollzeitäquivalenten (2018) auf rund 1.930 (2020). Dies resultierte laut RH insbesondere aus den übertragenen Landesaufgaben. "Zum Teil bauten die Länder aber auch zusätzliche Planstellen auf, was auf den Mehrbedarf aufgrund der neuen Struktur der Bildungsdirektionen zurückzuführen war."
FPÖ sieht Bildungsdirektionen als "reine Verwaltungsmonster"
Im Bildungsministerium sieht man die Einrichtung der Bildungsdirektionen als "Meilenstein in der Verbesserung der Struktur der Schulverwaltung, der in seinen Zielen auf vergangene Empfehlungen des Rechnungshofs aufbaut". Klar sei jedoch auch, "dass große Reformvorhaben Zeit benötigen und laufend angepasst bzw. verbessert werden müssen", betonte man in einer der APA übermittelten Stellungnahme. In der Pandemie habe sich die neue Struktur bewährt, gerade durch die Zusammenführung der Bundes- und Landesagenden in der Person des Bildungsdirektors habe man schnell reagieren können.
Die FPÖ sieht die Bildungsdirektionen dagegen als "reine Verwaltungsmonster ohne einer echten Qualitätsverbesserung". Der Bericht sei "ein niederschmetterndes Ergebnis für die als gemeinsame Behörden von Bund und Ländern geschaffenen Einrichtungen", so Bildungssprecher Hermann Brückl in einer Aussendung. "Es ist absurd und typisch österreichisch, wie die Bildungsdirektionen konstruiert sind", meinte auch sein NEOS-Pendant Martina Künsberg Sarre. "So lösen sie mit Sicherheit keine Probleme und vereinfachen die Schulverwaltung keineswegs."
Zusammenfassung
- Der Rechnungshof (RH) übt in einem am Freitag veröffentlichten Bericht Kritik an der Konstruktion der seit 2019 bestehenden Bildungsdirektionen.
- Die als gemeinsame Behörden von Bund und Ländern geschaffenen Einrichtungen hätten das Grundproblem der Kompetenzzersplitterung im Bildungswesen nicht gelöst.
- So könnten etwa Länder die Zuständigkeit für die Kindergärten oder Horte dorthin auslagern - das ist aber nur vereinzelt geschehen.