Rassismus in Österreich: Mehr Betroffene meldeten sich selbst
"Rassismus ist immer da, weil er im System verankert ist", sagte Azizi-Hacker: "Was man als Norm empfindet, meldet man auch nicht." 2020 sei ein Ausnahmejahr gewesen, wegen der Berichterstattung über die Tötung des Afroamerikaners George Floyd und die "Black Lives Matter". Nun sei wieder nur die Spitze des Eisbergs des auch institutionellen und strukturellen Rassismus sichtbar.
Das Besondere diesmal: 434 Meldungen kamen nicht von Zeugen sondern von Betroffenen selbst, das sind 22 Prozent aller Fälle (ohne den digitalen Bereich sogar 43 Prozent). Im Jahr 2020 betraf dies nur 429 Fälle (14 Prozent).
Neben Beratungsgesprächen und Falldokumentation wurden von ZARA 1.155 rechtliche (25 Prozent) und nicht-rechtliche (75 Prozent) Maßnahmen gesetzt, um gemeinsam mit Klienten gegen Rassismus vorzugehen. Dazu zählt etwa Unterstützung bei Anzeigen, das Verfassen von Interventionsschreiben oder die Begleitung zu Behörden und Schlichtungsgesprächen. "Es ist wichtig, dass es für Betroffene einen Ort gibt, an dem ihnen zugehört und geglaubt und an dem sie ernst genommen werden", unterstrich sie: "Niemand muss mit rassistischen Erfahrungen alleine sein."
Wunsch nach nationalem Aktionsplan
Schwerpunkt des diesjährigen Reports ist struktureller und institutioneller Rassismus, wie Geschäftsführerin Barbara Liegl ausführte. Sie pochte auf die überfällige Erstellung eines nationalen Aktionsplans gegen Rassismus und erinnerte angesichts der Flüchtenden aus dem Ukraine-Krieg daran, dass hier ein Zweiklassensystem anhand des Merkmals Staatsbürgerschaft drohe.
Institutionalisierter Rassismus bei der Polizei
Der von der Razzia gegen die Muslimbrüder betroffene Salzburger Politologe Farid Hafez berichtete von den - auch für seine eigene Tochter - traumatisierenden Erlebnisse der Razzien im Zuge der "Operation Luxor". Die Polizeiakten dazu läsen sich teils ähnlich wie das Manifest des rechtsextremistischen norwegischen Attentäters Anders Behring Breivik. Er sprach von institutionalisiertem Rassismus und kritisierte, dass seit der Kanzlerschaft von Sebastian Kurz (ÖVP) Muslimischsein an sich als potenzielle Bedrohung angesehen werde. Hier müsse es eine Kehrtwende der Politik geben.
Zu Wort meldete sich auch Emmeraude Banda vom "Black Voices"-Volksbegehren. Österreich habe ein tief gehendes Rassismusproblem, sagte er. Er sei Teil der Gesellschaft und habe feste Strukturen etabliert. Spürbar werde die etwa im Bildungs- oder dem Arbeitsmarktbereich, aber auch in rassistischen Denkmälern, Straßen- und Produktnamen, die stets mit Traditionsargumenten verteidigt würden.
Zusammenfassung
- Die Anti-Rassismus-Initiative ZARA hat für ihren Report 2021 weniger Meldungen rassistischer Vorfälle registriert als im Jahr zuvor, nämlich 1.977 nach 3.039 im Jahr zuvor.
- Weniger Rassismus in Österreich bedeute das aber nicht, betonte Fiorentina Azizi-Hacker, Leiterin der ZARA-Beratungsstellen. 2021 Betroffene wandten sich selbst an ZARA. Mehr als zuvor.
- "Rassismus ist immer da, weil er im System verankert ist", sagte Azizi-Hacker: "Was man als Norm empfindet, meldet man auch nicht."
- Das Besondere diesmal: 434 Meldungen kamen nicht von Zeugen sondern von Betroffenen selbst, das sind 22 Prozent aller Fälle (ohne den digitalen Bereich sogar 43 Prozent). Im Jahr 2020 betraf dies nur 429 Fälle (14 Prozent).
- Der von der Razzia gegen die Muslimbrüder betroffene Salzburger Politologe Farid Hafez berichtete von den - auch für seine eigene Tochter - traumatisierenden Erlebnisse der Razzien im Zuge der "Operation Luxor".
- Er sprach von institutionalisiertem Rassismus und kritisierte, dass seit der Kanzlerschaft von Sebastian Kurz (ÖVP) Muslimischsein an sich als potenzielle Bedrohung angesehen werde.