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Putin spricht erstmals nach Wagner-Aufstand

Im russischen Staatsfernsehen meldete sich Putin am Sonntag erstmals nach dem bewaffneten Aufstand der Wagner-Söldner zu Wort. Russland sieht sich stark, allerdings waren die Verluste durch die Wagner-Truppen höher als durch die ukrainische Gegenoffensive.

Kreml-Chef Wladimir Putin hat sich erstmals nach dem Abbruch des bewaffneten Aufstandes der Söldner-Gruppe Wagner selbst an die Öffentlichkeit gewandt.

Fokus auf Ukraine-Krieg

Kreml-Chef Wladimir Putin signalisiert nach dem Ende des bewaffneten Aufstands der Söldner-Gruppe Wagner volle Konzentration auf den Ukraine-Krieg.

Die "militärische Spezialoperation" habe höchste Priorität, sagte Putin am Sonntag in einem russischen TV-Interview. "Ich beginne und beende meinen Tag damit", betonte er. 

Putin sieht sich siegessicher

Er stehe in ständigem Kontakt mit dem Verteidigungsministerium, sagte Putin am Sonntag im Staatsfernsehen.

Russland sei zuversichtlich, alle Pläne und Aufgaben im Zusammenhang mit der Militäroperation in der Ukraine umzusetzen. Indes berichteten Militärblogger, dass beim Aufstand mehrere Armee-Piloten ums Leben gekommen sind.

Bis zu 20 tote Soldaten

Die Angaben zur Zahl der Todesopfer schwankten zwischen 13 und mehr als 20 Soldaten, wie das unabhängige Internetportal currenttime am Sonntag berichtete.

Insgesamt seien von der Privatarmee des Geschäftsmanns Jewgeni Prigoschin sechs Hubschrauber und ein Aufklärungsflugzeug abgeschossen worden, hieß es von den Bloggern.

Von den russischen Behörden gab es dafür keine Bestätigung. Unter den abgeschossenen Helikoptern seien auch drei für die elektronische Kampfführung genutzte Mi-8, an denen es an der Front ohnehin mangele, klagte der Militärblog Rybar. Zudem sei ein Transportflugzeug vom Typ Il-18 zum Absturz gebracht worden, an dessen Bord eine Kommandostelle eingerichtet gewesen sei. Alle Crewmitglieder seien ums Leben gekommen.

Höhere Verluste durch Wagner als durch Ukraine

Die Verluste der Luftwaffe seien damit höher als während der ukrainischen Gegenoffensive an der Front. Prigoschin hatte am Samstag widersprüchliche Angaben zu Zusammenstößen mit der russischen Luftwaffe gemacht. So gab er zunächst den Abschuss eines Helikopters bekannt. Als er später seine Aufgabe erklärte, gab er an, den Aufstand unblutig beendet zu haben.

Prigoschin geht nach Belarus

Der bewaffnete Aufstand unter dem früheren Putin-Vertrauten Jewgeni Prigoschin endete am Samstagabend mit der Vereinbarung, dass sich Prigoschin ins Exil in Belarus zurückziehe. Putins Sprecher Dmitri Peskow erklärte, Prigoschin und die Wagner-Kämpfer würden nicht strafrechtlich verfolgt.

"In 24 Stunden sind wir bis auf 200 km an Moskau herangekommen", erklärte Prigoschin, der die Kämpfer in die Stützpunkte zurückbeorderte. Auch aus Rostow am Don zogen sich die Wagner-Kämpfer zurück, die tags zuvor die südrussische Millionenstadt ohne Widerstand besetzt hatten.

Kein zurück zur russischen "Normalität"

Indes blieb die Verkehrslage zwischen Moskau und Rostow weiterhin beeinträchtigt. Betroffen seien das Moskauer Umland und das Gebiet Tula, hieß es von der Straßenbehörde. In Rostow am Don war es am Sonntagvormittag nach dem Abzug der Wagner-Truppe ruhig, wie die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA berichtete. Auf deren Video via Telegram kehrte ein Mann die Straße und Autos fuhren durch die Stadt.

Am Samstag hatten Bilder der Wagner-Truppe in Kampfpanzern an verschiedenen Stellen der Stadt die Szene beherrscht. Wie die russische Nachrichtenagentur TASS meldete, wurden auch tschetschenische Spezialeinheit der Achmat-Gruppe am Sonntag aus der Region Rostow abgezogen. Sie waren dorthin verlegt worden, um einen möglichen Vorstoß der Söldergruppe abzuwehren.

Lukaschenko vermittelte

Laut Peskow wird nun einem Teil der Söldner ein Angebot unterbreitet, sich vertraglich zum Dienst in den russischen Streitkräften zu verpflichten. Zuvor hatte der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko Prigoschin nach eigenen Angaben dazu gebracht, seinen Aufstand aufzugeben. Prigoschin hatte den Rückzug am Abend verkündet und betont, es sei "nicht ein Tropfen Blut unserer Kämpfer" vergossen worden. "Jetzt ist der Moment gekommen, wo Blut vergossen werden könnte." Deshalb sei es Zeit, die Kolonnen umdrehen zu lassen.

Es war zunächst nicht klar, ob Prigoschin weitere Zugeständnisse gemacht oder zumindest in Aussicht gestellt wurden, um den Vormarsch seiner Truppen auf Moskau zu stoppen. Er galt lange als Vertrauter Putins, als unantastbare Größe im russischen Machtgefüge, bis ihn der Kremlchef am Samstagmorgen als "Verräter" bezeichnete - und damit öffentlich fallen ließ. Fraglich ist auch, was künftig aus den Auslandseinsätzen der Wagner-Armee wird, die bis zuletzt und insbesondere in Afrika russische Interessen mit Waffengewalt vertrat.

Krieg geht weiter

Den Fortgang des Kriegs gegen die Ukraine sieht Russlands Führung durch den Aufstand Prigoschins nach eigenen Angaben nicht beeinflusst. Auf den Verlauf der "militärischen Spezialoperation" - so bezeichnet der Kreml den Angriffskrieg - wirke sich die Situation nicht aus, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Ihm sei auch nicht bekannt, dass sich die Haltung des Präsidenten gegenüber Verteidigungsminister Sergej Schoigu geändert habe. Prigoschin hatte dem Minister und auch Generalstabschef Waleri Gerassimow Unfähigkeit vorgeworfen und die beiden für die vielen Rückschläge und hohen Verluste in dem Krieg verantwortlich gemacht.

ribbon Zusammenfassung
  • Beim Aufstand der Wagner-Söldner sind nach Angaben prorussischer Militärblogs mehrere Piloten der russischen Luftwaffe ums Leben gekommen.
  • Die Angaben zur Zahl der Todesopfer schwankten zwischen 13 und mehr als 20 Soldaten, wie das unabhängige Internetportal currenttime am Sonntag berichtete.
  • Indes blieb die Verkehrslage zwischen Moskau und Rostow weiterhin beeinträchtigt.
  • Am Samstag besetzten seine Truppen zunächst Militärobjekte in Rostow am Don.