Pro-Palästina-Demo: Hat Polizei "Zeitfaktor" übersehen?
Eine für Mittwochabend angemeldete Pro-Palästina-Demo in der Wiener Innenstadt ist wenige Stunden zuvor untersagt worden. Trotz des Verbots versammelten sich am Abend einige hundert propalästinensische Demonstranten am Stephansplatz.
"Ein Zeitfaktor"
Die Demonstranten schrien lauthals Parolen - auch antisemitische, doch die Polizei löste die Versammlung trotz mehrmaliger Ankündigung nicht auf. Die Menge versuchte später, in Richtung Schwedenplatz zu ziehen, wurde jedoch von der Polizei aufgehalten.
"Es ist ein Zeitfaktor", meint Terrorismus-Experte Nicolas Stockhammer dazu. Verbiete man eine Kundgebung "relativ zeitnah" zum Beginn der Veranstaltung, "ist es schwierig, eine Bewegung zu stoppen, die schon im Gang ist", betont er im Newsroom LIVE. Demonstrierende würden dies auch zum Anlass nehmen, zu sagen, "wir haben davon nicht gewusst".
Polizei hätte "würdigen Ablauf" sicherstellen sollen
Es hätte Sinn gemacht, die Kundgebung schon zu Mittag zu untersagen, so wie dies in Berlin getan wurde. Man müsse nun schauen, ob es in Berlin zu ähnlichen Kundgebungen kam und, ob die frühzeitige Bekanntgabe der Untersagung eine Wirkung gezeigt hat. Daraus seien dann die nötigen Schlüsse zu ziehen.
Die pro-palästinensische Kundgebung sei friedlich abgelaufen. Um eine Eskalation zu vermeiden, hätte es aber sehr wohl Sinn gemacht, sicherzustellen, dass es zur Gedenkveranstaltung für die israelischen Opfer des Hamas-Terrors keine Gegendemo gibt, "um einen würdigen Ablauf sicherzustellen", meint Stockhammer.
Erhöhte Terrorismus-Gefahr in Österreich
Steigt mit den Ereignissen in nahen Osten auch die Terrorgefahr in Österreich? Stockhammer meint: "Davon ist auszugehen, definitiv, in jeder Hinsicht".
"Gerade wenn im nahen Osten ein Aufflammen des Konflikts zu verzeichnen ist, hat das eine Auswirkung auf die terroristisch Bedrohung in Europa und auch in Österreich", meint der Terror-Experte.
Stockhammer geht von einer zwar "abstrakten", aber "doch erhöhten Gefährdungslage" aus.
Zusammenfassung
- Trotz Untersagung fand in Wien eine Pro-Palästina-Demo statt.
- Terrorismus-Experte Nicolas Stockhammer geht davon aus, dass der "Zeitfaktor" hier eine Rolle gespielt hat. Man hätte die Demo früher untersagen müssen.
- Nach der Konflikteskalation im nahen Osten geht er außerdem von einer erhöhten Terrorgefahr in Österreich aus.