Politischer Aschermittwoch der deutschen Grünen abgesagt
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir nahm nach der kurzfristigen Absage die Landwirtinnen und Landwirte Deutschlands in Schutz. "Die, die da jetzt über die Stränge geschlagen haben, das ist nicht die deutsche Landwirtschaft. Das waren Einzelne, die sich da so benommen haben", sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch in Biberach. Die Demonstranten hätten der Landwirtschaft und den Anliegen der Landwirtschaft so keinen Gefallen getan, sagte Özdemir.
Der Minister selbst hatte sich zuvor bei einer nahe gelegenen angemeldeten Demonstration den Landwirten gestellt und mit ihnen über ihre Anliegen diskutiert. Dort habe er den Umgang als sehr fair und anständig wahrgenommen. "Dass es da mal lauter wird, gehört dazu, das muss man aushalten", sagte er.
Im bayerischen Landshut hatte zuvor Co-Parteichef Omid Nouripour beim Aschermittwoch der bayerischen Grünen gesprochen. Nouripour hatte in seiner Rede in Landshut den Bauern gedankt, die gegen die Politik der deutschen Bundesregierung auf die Straße gehen. "Ich bin extrem dankbar für alle Bauernproteste", sagte er am Mittwoch beim Politischen Aschermittwoch der bayerischen Grünen. "Es gab viele Leute, die vorher gesagt haben: "Oh, Gott, die sind unterwandert von den Rechtsextremen." Das ist nicht passiert, weil vor allem der Bauernverband, andere Verbände und die Bauern selbst sich gewehrt haben", betonte Nouripour. "Dafür habe ich einen Riesendank auszusprechen. Herzlichen Dank dafür, dass Sie das gemacht haben!" Nouripour wusste zum Zeitpunkt seiner Rede noch nichts von der Absage des Grünen-Aschermittwochs in Biberach.
Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz sprach auf der Mitteilungsplattform X (vormals Twitter) von "gewaltvollen Aktionen", mit denen der Boden des demokratischen Gemeinwesens verlassen werde. "Eine politische Veranstaltung einer Partei, die den Ministerpräsidenten und einen Bundesminister stellt, kann nicht stattfinden, weil die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist", erklärte der Grünen-Politiker. "Wo soll das eigentlich enden?"
Vor dem Veranstaltungsort, der Stadthalle in Biberach, und bei einer Protestveranstaltung von Bauern vor einer anderen Halle in der Stadt hatten sich zahlreiche Demonstranten versammelt. Angemeldet waren laut Polizei eine Sternfahrt von Bauern sowie eine Protestkundgebung. Zu den Organisatoren konnte die Polizei keine Angaben machen. Die Anfahrtswege in und um Biberach seien blockiert gewesen, sagte der Ulmer Polizeisprecher Sven Francken in Biberach: "Also es war sehr schwierig, hier vor Ort zu kommen." Es sei in der Früh und am Vormittag zu "aggressiven Protestaktionen, auch zu aggressivem Verhalten gegen Polizeibeamte" gekommen. "Es wurden Gegenstände auf Polizeibeamte und auf Polizeifahrzeuge geworfen", sagte der Sprecher. Ein Polizeifahrzeug sei beschädigt worden.
Mit dem Veranstalter des Aschermittwochs kam die Polizei demnach überein, dass es Bedenken gebe, dass die Veranstaltung gefahrlos vonstattengehen könne. "Man hat damit gerechnet, wenn Protestteilnehmer in die Halle kommen würden, entsprechende Redebeiträge oder Ähnliches durch Zurufe oder irgendwas anderes stören würden", sagte der Sprecher. "Und dadurch hat man sich entschlossen, die Veranstaltung abzusagen."
Die deutschen Grünen treffen sich seit Jahren in Biberach, wo heuer wieder viel Bundesprominenz erwartet wurde. Neben Landwirtschaftsminister Özdemir, der als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann gilt, sollten die Bundesvorsitzende Lang und Urgestein Jürgen Trittin ans Rednerpult treten. Auch Kretschmann sollte dabei sein.
Zusammenfassung
- Die Grünen sagten ihren Politischen Aschermittwoch in Biberach wegen Sicherheitsbedenken und aggressiven Bauernprotesten ab; mehrere Hundert Demonstranten versammelten sich vor der Halle.
- Co-Parteichef Nouripour sprach in Landshut, dankte den Bauern für ihre Proteste und betonte die Abwesenheit von rechtsextremen Unterwanderungen.
- Finanzminister Bayaz kritisierte die gewaltvollen Aktionen, die die Sicherheit der Veranstaltung gefährdeten und den demokratischen Grundkonsens bedrohten.