Persischstämmige Österreicher fordern Diplomaten-Rauswurf
"Es kann nicht sein, dass Regimeangehörige mit mehreren Maschinen am Tag ihre Familienmitglieder ins Ausland in Sicherheit bringen, während sie im Iran Mädchen vergewaltigen", sagte eine Aktivistin, die sich als Mahsa R. ausgab, der APA. Sie unterstrich die Bedeutung der Protestaktionen im Ausland. "Wenn wir aufhören, dann haben sie (die Demonstranten im Iran, Anm.) keine Kraft. Dann beginnt das große Morden." Loos zeigte sich überzeugt, dass die "Revolution" im Iran letztlich erfolgreich sein werde. Die Frage sei nur, "wie viel Blut fließen wird".
Das Treffen war von der Grün-Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic im Vorfeld des Beschlusses einer Nationalratsresolution zu den aktuellen Protesten ausgerichtet worden. Der Einladung gefolgt waren Reinhold Lopatka, Martin Engelberg und Gudrun Kugler (ÖVP), Eva Maria Holzleitner und Harald Troch (SPÖ) sowie Helmut Brandstätter (NEOS). Sie mussten sich zum Teil scharfe Kritik am bisherigen Verhalten Österreichs an den Iran-Protesten anhören. Die iranische Botschaft müsse ebenso geschlossen werden wie etwa die Imam-Ali-Moschee in Wien-Floridsdorf, weil von dort aus die Protestbewegung bespitzelt werde. Außerdem werde unter dem Deckmantel der diplomatischen Immunität Geld gewaschen.
"Ich hoffe, dass Österreich von heute an aktiver sein wird", sagte die Aktivistin Samira Rauter. "Wir können nicht beobachten. Wir müssen handeln", betonte sie in Richtung der Abgeordneten. Loos sagte auf eine entsprechende Frage der APA, dass die Abgeordneten auf die Forderungen "sehr wenig eingegangen" seien. Sie zeigte sich aber ermutigt von der gesellschaftlichen Resonanz auf die jüngsten Protestaktionen in Österreich. Auch werde es bald ein Unterstützungsvideo von prominenten Schauspielern wie Ursula Strauss oder Manuel Rubey geben. Auch der Künstler Gottfried Helnwein wolle ein Kunstwerk beitragen, das an möglichst vielen Orten in Wien gezeigt werden soll.
Die Nationalratsabgeordneten zeigten sich in der mehr als einstündigen Aussprache erschüttert von den Schilderungen der persischstämmigen Österreicher. So berichtete die Tochter eines seit Jahren im Iran inhaftierten Österreichers unter Tränen vom Schicksal ihres Vaters und beklagte, dass Österreich nicht so energisch gehandelt habe wie Länder in ähnlicher Situation. Eine Aktivistin sagte, dass zum Tode verurteilte Frauen vor ihrer Hinrichtung vergewaltigt werden, wenn sie Jungfrauen seien. Zugleich wurde betont, dass das iranische Volk in der aktuellen Bewegung so geeint sei wie noch nie. Die Proteste würden von Vertretern aller ethnischen Gruppen, Monarchisten und Republikaner, Jugend und Senioren getragen.
ÖVP-Außenpolitiksprecher Lopatka zeigte sich "massiv betroffen" und bezeichnete die Regierung in Teheran explizit als "Terrorregime", wobei er auch auf dessen Rolle als Waffenlieferant für den Aggressor Russland in der Ukraine verwies. Wie seine SPÖ-Kollegin Holzleitner hob er hervor, dass die Iran-Resolution von allen Parlamentsparteien unterstützt wurde. "Eine hundertprozentige Unterstützung hatten wir schon lange nicht", sagte er. In dem Text wird die Bundesregierung ersucht, die gewaltsame Niederschlagung der Proteste und die Verhaftungen "aufs Schärfste zu verurteilen" und sich für eine "unverzügliche Freilassung" der Inhaftierten einzusetzen.
Engelberg und Ernst-Dziedzic wiesen darauf hin, dass eine weitere Resolution bereits in Vorbereitung sei und vermutlich im Dezember zur Abstimmung kommen werde. Brandstätter sagte, dass ihm die Abstimmung mit dem Außenministerium wichtig sei. Aus diesem sei um "Ruhe" gebeten worden, weil man verhandle, sagte der NEOS-Mandatar offenbar in Anspielung auf Bemühungen zur Rettung der beiden in iranischer Geiselhaft sitzenden Österreicher.
Der Beschluss der Resolution im Nationalrat erfolgte am Freitagnachmittag einstimmig und unter Applaus der Abgeordneten. Auch die fraktionslose Abgeordnete Philippa Strache hatte in der Debatte ihre Zustimmung deponiert. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprach nach dem Votum zunächst von einer mehrheitlichen Annahme, musste sich aber nach lautstarken Protestrufen aus dem Plenum korrigieren. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zeigte sich schon vor dem Beschluss erfreut über die klare Positionierung des Nationalrates und meinte, dass sie ihm "den Rücken stärkt".
Zusammenfassung
- Weil sie um ihre eigene Sicherheit und die ihrer Angehörigen im Iran fürchten, fordern persischstämmige Österreicher einen Rauswurf aller iranischen Diplomaten.
- Eine entsprechende Forderung erhoben Vertreter der Community am Freitag bei einem Treffen mit Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS im Parlament.
- Loos zeigte sich überzeugt, dass die "Revolution" im Iran letztlich erfolgreich sein werde.