ÖVP verteidigt Blümel und will gegen Justiz vorgehen

Die ÖVP hat die verspätete Aktenübermittlung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) an den Ibiza-Untersuchungsausschuss am Freitag verteidigt. "Die Akten sind geliefert und ich bin der Meinung, wir sollten uns wieder wichtigeren Themen zuwenden", sagte Fraktionschef Andreas Hanger. Gemeinsam mit Kollegen aus Wien und dem Burgenland sprach er lieber über den "Skandalsumpf" der SPÖ und zeigte die Oberstaatsanwaltschaft wegen der Aktenlieferungen an den U-Ausschuss an.

Konkret sieht Hanger eine Verletzung des Amtsgeheimnisses, weil der U-Ausschuss inhaltlich irrelevante Chatprotokolle von ÖBAG-Chef Thomas Schmid erhalten habe. Dort gehe es lediglich um "Tritsch und Tratsch und Klatsch", es bestehe kein Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand, kritisierte Hanger. Dies habe man bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt. Die tatsächlich relevanten Chatverläufe von Ex-FP-Chef Heinz-Christian Strache habe man dagegen immer noch nicht erhalten: "Das Maß ist voll, uns reicht es."

Die verspätete Aktenlieferung durch Blümel verteidigte Hanger. Blümel hatte die Aufforderung des Verfassungsgerichtshofs, dem U-Ausschuss E-Mails zu liefern, zwei Monate lang ignoriert. Erst eine von den Höchstrichtern beim Bundespräsidenten beantragte Exekution des Urteils führte am Freitag zur Übermittlung der Unterlagen. Dass letztlich erst der Exekutionsantrag zur Übermittlung der Unterlagen geführt hat, gestand auch Hanger ein. "Das war dann natürlich der unmittelbare Anlass, die Akten zu liefern."

Hanger erklärte Blümels Vorgehen damit, dass das Finanzministerium die Unterlagen vor Übermittlung an den Untersuchungsausschuss datenschutzrechtlich habe prüfen müssen. "Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, was zu liefern ist. Er hat nicht die Möglichkeit, eine sachliche Überprüfung jedes einzelnen E-Mails vorzunehmen."

Sanfter Tadel kam am Freitag von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Zwar betonte auch er, dass die E-Mails vom Finanzminister geliefert worden seien: "Wir sind ein Rechtsstaat. Die Rechtsmittel sind eingehalten worden", sagte er zu ATV. "Aber persönlich denke ich mir, man muss nicht mit allem und jedem bis zum letzten Abdruck warten."

Ob unterdessen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), gegen den ebenfalls ein Exekutionsantrag der Opposition beim Höchstgericht anhängig ist, seine Haltung nun überdenken und nach Backups seiner gelöschten Kalendereinträge suchen lassen sollte, wollte Fraktionsführer Hanger nicht beurteilen. Der Kanzler habe eine "sehr klare Vorgehensweise" gewählt und alles Relevante dem Staatsarchiv übergeben, alles andere gelöscht: "Der Verfassungsgerichtshof wird hier eine Meinung dazu abgeben."

Im Übrigen hält Hanger die Causa Blümel für erledigt: "Die Akten wurden gestern geliefert, das ist das Faktum, das entscheidend ist." Und: "Sie kennen meine prinzipielle Meinung zum Untersuchungsausschuss: das ist Steuergeldverschwendung."

Wichtiger wäre aus Sicht der ÖVP ohnehin der "Skandalsumpf", in dem sie die burgenländische und Wiener SPÖ im Skandal um die Commerzialbank Mattersburg versinken sieht. Hier fasste Hanger gemeinsam mit den ÖVP-Landesgeschäftsführern aus dem Burgenland und Wien, Patrick Fazekas und Bernadette Arnoldner, noch einmal die bekannten Vorwürfe zusammen: Von den hohen Veranlagungen der Wiener Wohnbaugenossenschaft Gesiba, die bei der Pleitebank 17,2 Mio. Euro versenkte, über eine mutmaßlich zu günstig verkaufte Landesfirma bis hin zum Verdacht der Falschaussage gegen SPÖ-Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil: "Die SPÖ und der Landeshauptmann Doskozil versinken immer mehr in diesem Skandalsumpf", meinte Fazekas.



ribbon Zusammenfassung
  • Die ÖVP hat die verspätete Aktenübermittlung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) an den Ibiza-Untersuchungsausschuss am Freitag verteidigt.
  • "Die Akten sind geliefert und ich bin der Meinung, wir sollten uns wieder wichtigeren Themen zuwenden", sagte Fraktionschef Andreas Hanger.
  • Hanger erklärte Blümels Vorgehen damit, dass das Finanzministerium die Unterlagen vor Übermittlung an den Untersuchungsausschuss datenschutzrechtlich habe prüfen müssen.