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Oberstufen bekommen mehr Wahlfreiheit

Seit Jahren wird an der Reform der Oberstufen gearbeitet, erst mit diesem Schuljahr wurden unter dem Titel "Semestrierte Oberstufe" (SOST) neue Regeln eingeführt.

Eine Novelle zur Stärkung der Schulautonomie bringt nun eine erneute Wende: Laut Begutachtungsentwurf des Bildungsministeriums sollen die Schulen ab 2023/24 über einen guten Teil der konkreten Ausgestaltung der Oberstufen selbst entscheiden können, die lange angekündigte verpflichtende System-Umstellung kommt nicht.

Erste Schulversuche zur "Modularen Oberstufe" (MOST) bzw. zur "Neuen Oberstufe mit verstärkter Individualisierung" (NOVI) laufen seit 2005/06, 2017/18 sollte das vom Bildungsministerium entwickelte Modell einer Neuen Oberstufe (NOST) flächendeckend eingeführt werden. Die Reform wurde allerdings - auch auf Druck von Eltern-, Lehrer-und Schülervertretern - immer wieder vertagt. Ab 2023/24 sollten eigentlich alle mittleren und höheren Schulen verpflichtend auf die nunmehr "Semestrierte Oberstufe" (SOST) genannte Variante des Ministeriums umsteigen.

Nicht mehr wegen einer schlechten Note Schuljahr wiederholen

Das Besondere an der Neuen Oberstufe: Bei dieser wird nicht mehr das gesamte Schuljahr als Beurteilungszeitraum herangezogen, stattdessen wird ab der 2. Klasse der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) bzw. der 6. Klasse AHS der Lernstoff in je ein Semester umfassende Module unterteilt. Bei einer negativen Note in einem Fach muss dann nicht die ganze Klasse wiederholt, sondern nur das jeweilige Modul per "Semesterprüfung" positiv abgeschlossen werden. Bei der jüngsten Version, der "Semestrierten Oberstufe", waren zuletzt u.a die Regeln für das Ausbessern von Fünfern verschärft worden.

Die vorgelegte Novelle soll nun laut Begutachtungsentwurf allerdings mehr Wahlfreiheit bringen, und zwar für Schulen wie Jugendliche: Der verpflichtende Umstieg auf die "Semestrierte Oberstufe" fällt. Stattdessen sollen Schulleitung und Schulgemeinschaftsausschuss entscheiden können, ob sie an ihrem Standort ab der 6. Klasse (AHS) bzw. 2. Klasse (BMHS/berufsbildende mittlere und höhere Schulen) eine semestrierte oder die altbekannte ganzjährige Oberstufe führen. Begründet wird das im Bildungsministerium damit, dass es an manchen Schulen Skepsis gegen die Systemumstellung gab bzw. das bisherige System bevorzugt werde. "Im Sinne gelebter Schulautonomie" bekommen die Standorte deshalb nun die Wahl.

Schulen können entscheiden

Die Schulversuche zur MOST und NOVI sollen laut Entwurf ebenso wie alternative Lehr- und Lernformen ins Regelschulwesen überführt werden. Die Schulen können sich also schulautonom für die Anwendung dieser Modelle entscheiden. Dementsprechend ist in der Novelle vorgesehen, dass die Schulen schulautonom alternative Pflichtgegenstände (vor allem Wahlpflichtgegenstände) anbieten können, die semester- oder unterrichtsjahrweise wählbar sind.

Gleichzeitig sollen sie die Möglichkeit bekommen, das Stundenausmaß für einzelne Unterrichtsgegenstände auf ein vorgegebenes Mindestmaß zu reduzieren. Die Schulen können damit für ihre Schüler - wie schon in der MOST oder NOVI erprobt - ein Kurs- bzw. Wahlmodulsystem einrichten.

Die Schülerinnen und Schüler sollen wiederum in ihrer "Eigenständigkeit" und den "Selbstorganisationsfähigkeiten" gefördert werden, indem sie - wenn ihr Standort sich dafür entschieden hat - Unterrichtsgegenstände austauschen, (im Sinne der Begabungsförderung) Gegenstände aus höheren Semestern vorziehen oder (zum Ausbessern eines "Nichtgenügend" aus einem niedrigeren Semester) wiederholen können. Wurde man nicht oder negativ beurteilt, soll bei Wahlpflichtgegenständen der Ersatz durch einen ähnlichen Wahlpflichtgegenstand möglich sein. Im Rahmen des Kurssystems sollen sich außerdem Schüler selbst zum Förderunterricht melden können.

Bis zu 20 Prozent der Unterrichtseinheiten wählbar

Insgesamt sollen durch die geplanten Änderungen in den AHS bis zu 20 Prozent der Unterrichtseinheiten wählbar sein, aktuell sind es laut den Unterlagen zum Begutachtungsentwurf acht Prozent. An den BMHS ist diese Möglichkeit laut Lehrergewerkschafter Roland Gangl (FCG) nicht so relevant. In den allgemeinbildenden Fächern gebe es jetzt schon relativ wenige Stunden und bei Fachtheorie und -praxis wegen der Berufsberechtigungen wenig Spielraum.

Um ein Kurssystem sinnvoll umsetzen zu können, das sowohl an der semestrierten als auch an der ganzjährigen Oberstufe eingerichtet werden kann, soll schon ab dem Schuljahr 2022/23 in abschließenden Klassen oder Jahrgängen wie dem Maturajahr das Ende des ersten Semesters vorgezogen werden können, damit beide Semester gleich lange dauern. Für jene Schulen, die sich für die Regelungen aus den Schulversuchen zur NOVI und zur MOST entscheiden, sind außerdem Änderungen bei den Semesterzeugnissen nötig: Wird eine Schulstufe wiederholt, bleiben in diesem Fall alle positiven Noten erhalten (bei der "Semestrierten Oberstufe" erst ab der Note "Befriedigend"). Außerdem wird dort auch vermerkt, wenn Schüler einzelne Pflichtgegenstände wiederholen, statt ihr "Nicht Genügend" bei einer punktuellen Prüfung auszubessern.

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  • Seit Jahren wird an der Reform der Oberstufen gearbeitet, erst mit diesem Schuljahr wurden unter dem Titel "Semestrierte Oberstufe" (SOST) neue Regeln eingeführt.