APA/APA/ANP/SEM VAN DER WAL

Wilders kündigt radikalen Kurswechsel für Niederlande an

Der Rechtspopulist Geert Wilders hat einen radikalen Kurswechsel für die Niederlande angekündigt. "Wir schreiben heute Geschichte", sagte der Politiker am Donnerstag in Den Haag bei der Präsentation der Koalitionsvereinbarung von vier rechten Parteien. Erstmals seit etwa 20 Jahren steht der rechtsradikale Politiker im "Zentrum der Macht", wie er sagte. "Die Sonne wird wieder scheinen in den Niederlanden." Wilders versprach "die strengste Asylpolitik, die es jemals gab".

Vor knapp sechs Monaten hatte Wilders mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) die Parlamentswahl gewonnen. Doch er brauchte mindestens zwei Partner für eine stabile Mehrheit. Der 60 Jahre alte Politiker hatte auf das Amt des Premiers verzichtet, um eine rechte Regierung zu ermöglichen. Unklar bleibt weiterhin, wer neuer Regierungschef werden soll. Als Kandidat ist der frühere sozialdemokratische Bildungsminister Ronald Plasterk im Gespräch. Die künftigen Regierungsparteien sind neben der PVV die rechtsliberale VVD des bisherigen Premiers Mark Rutte, die neue rechtskonservative NSC sowie die rechtspopulistische Bauernpartei BBB.

Laut der Koalitionsvereinbarung will die neue Regierung vor allem strenge Asylregeln durchsetzen. "Die Niederlande müssen strukturell zu der Kategorie Mitgliedsstaaten mit den strengsten Zulassungsregeln von Europa gehören", heißt es in dem Papier. "Menschen in Afrika und im Nahen Osten werden sich überlegen, ob sie nicht anderswo vielleicht besser aufgehoben sind", sagte Wilders.

Die Koalition will eine "Asyl-Krise" ausrufen, um Notmaßnahmen durchsetzen zu können. So soll der Asyl-Status zeitlich befristet werden, Einschränkungen werden angekündigt für den Familiennachzug und die Sozialhilfen. Auch Arbeitsmigration und die Zulassung ausländischer Studenten an niederländischen Universitäten sollen eingedämmt werden.

Weiters will die neue Regierung die geltenden EU-Asylregeln umgehen. "Eine Ausstiegsklausel für die europäische Asyl- und Migrationspolitik wird der Europäischen Kommission so bald wie möglich vorgelegt", heißt es. Die Reaktion der EU-Kommission kam prompt: Es gebe einen neuen Migrations- und Asylpakt, der angewendet werden müsse, sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel mit Blick auf die Pläne in den Niederlanden. Die Kommission werde ihren Teil dazu beitragen, dass die Gesetzgebung umgesetzt wird.

Nach den Plänen sollen außerdem Umweltauflagen für Bauern gelockert und Förderung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stark gekürzt werden. Die Koalition will Beamtenstellen streichen und Subventionen für Entwicklungshilfe und nachhaltige Energie verringern. Investiert werden soll in Wohnungen und den Bau von vier neuen Kernkraftwerken. Außerdem soll die Offshore-Erdgasförderung ausgebaut werden. Die bisher existierenden Pläne für eine zusätzliche nationale Steuer auf Kohlendioxid entfallen. Die Koalition bekennt sich aber zu den bereits vereinbarten internationalen Klimazielen.

Die neue Regierung bekennt sich zudem zu der Ukraine-Hilfe und will mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben. Dies entspricht der Selbstverpflichtung der NATO-Staaten. Unter dem scheidenden Premier Rutte, der neuer NATO-Generalsekretär werden will, zählten die Niederlande zu den stärksten Unterstützern der Ukraine. Bis die neue Regierung antreten kann, werden voraussichtlich noch vier Wochen vergehen. Zunächst wird das Parlament über die Pläne debattieren. Dann muss das Kabinett zusammengestellt werden. Die neue Koalition verfügt mit 88 der 150 Sitzen über eine komfortable Mehrheit im neuen Parlament.

ribbon Zusammenfassung
  • Geert Wilders kündigt einen radikalen Kurswechsel für die Niederlande an; seine Koalition will die strengste Asylpolitik Europas einführen.
  • Die neue Regierung plant, EU-Asylregeln zu umgehen und will eine Ausstiegsklausel der Europäischen Kommission vorlegen.
  • Investitionen sind geplant für den Bau von vier neuen Kernkraftwerken und die Offshore-Erdgasförderung; Subventionen für nachhaltige Energie und Entwicklungshilfe sollen gekürzt werden.