Netanyahu gesteht "unabsichtliche" Tötung von NGO-Helfern
Der Konvoi sei getroffen worden, obwohl man die Fahrt mit der israelischen Armee koordiniert habe, schrieb die Hilfsorganisation in einer Mitteilung. Die Helfer hätten gerade ein Lagerhaus in der Ortschaft Deir al-Balah im zentralen Abschnitt des Gazastreifens verlassen, als sie beschossen worden seien.
Netanyahu meldete sich in einer Videobotschaft zu Wort: "So etwas passiert in Kriegszeiten", sagte er. Der Vorfall werde nun untersucht. Man werde "alles tun, um sicherzustellen, dass so etwas nicht noch einmal passiert".
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"Dies ist nicht nur ein Angriff auf WCK, dies ist ein Angriff auf humanitäre Organisationen, die in schlimmsten Situationen kommen, in denen Nahrung als Waffe im Krieg eingesetzt wird", sagte die Geschäftsführerin der Organisation, Erin Gore, zuvor. "Dies ist unverzeihlich."
Opfer aus verschiedenen Ländern
Die sieben Opfer stammten laut der Mitteilung aus Australien, Polen, Großbritannien und den Palästinensergebieten - zudem habe eines der Opfer die US-amerikanische und kanadische Staatsbürgerschaft.
Das israelische Militär teilte Dienstagvormittag bereits in einem englischsprachigen Video auf X (früher Twitter) mit, es führe "eine gründliche Untersuchung auf höchster Ebene durch, um die Umstände dieses tragischen Vorfalls zu verstehen".
Armeesprecher Daniel Hagari äußerte sein "tiefstes Bedauern" und kündigte an, der Vorfall werde von einem "unabhängigen, professionellen Expertengremium" untersucht werden. Die israelischen Streitkräfte bemühten sich darum, die Wahrscheinlichkeit eines erneuten derartigen Vorfalls nach Möglichkeit zu reduzieren.
https://twitter.com/IDF/status/1775086598314475817?s=20
Hagari äußerte auch sein Beileid gegenüber der betroffenen Hilfsorganisation: "Ich habe gerade mit dem WCK-Gründer José Andrés gesprochen, und das tiefste Beileid der israelischen Verteidigungskräfte gegenüber den Familien und der ganzen WCK-Familie ausgesprochen." Die Arbeit von WCK sei essenziell wichtig. "Sie sind an der Frontlinie der Menschlichkeit."
EU-Chefdiplomat Josep Borrell verurteilte den Luftangriff im Gazastreifen. Der Außenbeauftragte der Europäischen Union würdigte am Dienstag auf X die getöteten NGO-Mitarbeiter und drängte auf eine Untersuchung. "Trotz aller Forderungen zum Schutz von Zivilisten und humanitären Helfern gibt es neue unschuldige Opfer."
https://twitter.com/JosepBorrellF/status/1775070453763055993
Dies zeige, dass die Resolution des UNO-Sicherheitsrates, in der ein sofortiger Waffenstillstand, ein uneingeschränkter humanitärer Zugang und ein verstärkter Schutz der Zivilbevölkerung gefordert werden, unverzüglich umgesetzt werden müsse, schrieb Borrell weiter.
Mit der völkerrechtlich bindenden Resolution hatte das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen Ende März zudem die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas festgehaltenen Geiseln verlangt.
Polen fordert Aufklärung
Polen forderte angesichts der Berichte über den Tod eines polnischen Helfers Aufklärung von Israel. Außenminister Radoslaw Sikorski schrieb am Dienstag auf der Plattform X, er habe Israels Botschafter Jakov Livne persönlich um eine dringende Aufklärung gebeten. "Er hat mir zugesichert, dass Polen alle Ergebnisse der Untersuchung dieser Tragödie erhält."
Ein Ministeriumssprecher sagte, höchstwahrscheinlich würden die Leichen der Opfer in die ägyptische Hauptstadt Kairo gebracht und dort identifiziert. "Alles deutet darauf hin, dass unter den Getöteten ein Pole ist, aber den Namen dieser Person können wir erst in dem Moment nennen, wenn der polnische Konsul ihn identifiziert hat."
Australische Entwicklungshelferin unter den Toten
Australiens Ministerpräsident Anthony Albanese bestätigte den Tod der 44-jährigen Entwicklungshelferin Lalzawmi "Zomi" Frankcom und forderte, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. "Dies ist eine menschliche Tragödie, die sich niemals hätte ereignen dürfen", sagte er vor Journalisten.
In den USA zeigte sich die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson, erschüttert. "Humanitäre Helfer müssen geschützt werden, wenn sie dringend benötigte Hilfe liefern, und wir fordern Israel auf, den Vorfall schnell zu untersuchen", erklärte sie in sozialen Medien.
WCK ist seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen an der Verteilung von Hilfsgütern in dem Palästinensergebiet beteiligt. Sie ist eine von zwei Hilfsorganisationen, die Hilfsgüter von Zypern aus per Schiff in den Gazastreifen liefern, und war dort auch am Bau eines provisorischen Anlegers beteiligt.
Video: Schüsse bei Gaza-Hilfskonvoi
Zusammenfassung
- Bei einem Luftangriff im Gazastreifen wurden fünf Mitarbeiter der NGO World Central Kitchen getötet, darunter Staatsangehörige aus Polen, Australien und Großbritannien sowie ein palästinensischer Fahrer.
- Israels Premierminister Benjamin Netanyahu übernahm dafür nun die Verantwortung.
- Die israelische Armee hat eine Untersuchung angekündigt und betont, die sichere Lieferung humanitärer Hilfe zu gewährleisten.