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Neun Freisprüche im Terror-Prozess um Grazer Moschee

Die Staatsanwaltschaft Graz ist vorerst mit einer 400 Seiten starken Terror-Anklage gegen eine Gruppierung baden gegangen, der vorgeworfen wurde, in einer Grazer Moschee Jugendliche und junge Erwachsene radikalisiert zu haben, um sie als Kämpfer für Terrororganisationen wie den "Islamischen Staat" (IS) zu rekrutieren. Nach mehrwöchiger Verhandlung sind am Freitag am Wiener Landesgericht neun Angeklagte von sämtlichen gegen sie erhobenen Vorwürfen freigesprochen worden.

Drei Angeklagte wurden in dem Geschworenenverfahren in Randaspekten verurteilt. Für Spendenüberweisungen an den IS fasste ein fünf Mal einschlägig vorbestrafter Mann wegen Terrorismusfinanzierung 16 Monate unbedingt aus. Für dasselbe Delikt erhielt ein bisher Unbescholtener ein Jahr auf Bewährung - er hatte bei einer Benefizveranstaltung für den IS ein Handy ersteigert. Eine junge Frau bekam wegen terroristischer Vereinigung, krimineller Organisation und Terrorismusfinanzierung neun Monate bedingt. Die inzwischen 23-Jährige hatte im Alter von 14 einen IS-Kämpfer heiraten und nach Syrien gehen wollen, wo ihr Bruder als "Scharia-Polizist" tätig und bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen war. Sie suchte unter ihren Freundinnen und weiblichen Bekannten auch nach "Bräuten" für IS-Kämpfer in Syrien. Inzwischen habe sich die junge Frau "sehr glaubwürdig" von radikalem Gedankengut distanziert und jahrelang wohl verhalten, führte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung aus.

Das Verfahren gegen zwei weitere Angeklagte wurde ausgeschieden und wird zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt. Beim einen bedarf es eines medizinischen Gutachtens, weil er an einer Schizophrenie leiden soll, der andere - angeblich einst ein kampfbereiter IS-Sympathisant - soll ebenfalls noch begutachtet werden.

Die drei Verurteilungen und die Freisprüche sind allesamt nicht rechtskräftig. Die Vertreterin der Anklagebehörde - der Staatsanwalt, der die Anklage verfasst hatte, war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend, - gab keine Erklärung ab.

Die Angeklagten im Alter von 23 bis 56 Jahren waren allesamt in der Grazer Furkan-Moschee aktiv gewesen, einige hatten in dem dafür gegründeten Verein verschiedene Leitungsfunktionen - wie Obmann, Kassier oder Schriftführer - inne. Die Anklage legte ihnen Beteiligung an einer terroristische Vereinigung und an einer kriminellen Organisation, Terrorismusfinanzierung sowie staatsfeindliche Verbindungen zur Last. Im Zuge ihrer Tätigkeiten hätten sie Menschen dazu gebracht haben, als IS-Kämpfer nach Syrien zu gehen bzw. diese darauf vorbereitet, hieß es. Die Furkan-Moschee war 2008 gegründet worden. Fünf Angeklagte hätten beschlossen, diese von 2012 bis Ende 2013 zu einem Standort und Stützpunkt der Terrororganisation "Jabhat al-Nusra" und ab 2014 für den IS auszubauen, behauptete die Anklage. Ziel sei die Errichtung eines nach radikal-islamistischen Grundsätzen ausgerichtetes weltweites Kalifat unter der Herrschaft des IS auf Grundlage der Scharia gewesen.

Diese Vorwürfe hielten der Beweiswürdigung der Geschworenen nicht stand - großteils einstimmig ergingen zu den zentralen Anschuldigungen Freisprüche. Begründung gab es dafür keine, da in Geschworenenverfahren eine solche nicht vorgesehen ist. Der vorsitzende Richter verwies während der Urteilsverkündung dem Gesetz entsprechend lediglich auf den Wahrspruch der Geschworenen.

Verhandelt war die Sache deshalb in Wien worden, weil die Anklage auch Facebook-Postings mitumfasste. Damit ging es auch um ein Medieninhaltsdelikt, und der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte befunden, dass dafür das Wiener Landesgericht für Strafsachen zuständig sei.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach mehrwöchiger Verhandlung sind am Freitag am Wiener Landesgericht neun Angeklagte von sämtlichen gegen sie erhobenen Vorwürfen freigesprochen worden.
  • Eine junge Frau bekam wegen terroristischer Vereinigung, krimineller Organisation und Terrorismusfinanzierung neun Monate bedingt.
  • Ziel sei die Errichtung eines nach radikal-islamistischen Grundsätzen ausgerichtetes weltweites Kalifat unter der Herrschaft des IS auf Grundlage der Scharia gewesen.