Neuerliche Gerichtsverhandlungen um Causa Ischgl begonnen
Sie zeigte sich dabei relativ ahnungslos über die Vorgänge in Ischgl im März 2020. So sagte sie etwa, dass sie mit ihrem Bruder, der Obmanns des Tourismusverbands Paznaun - Ischgl ist, im besagten Zeitraum nie über Corona gesprochen zu haben. Der Richter zeigte sich darüber überrascht. Die Frau bekräftigte aber ihre Aussage. Sie habe zwar von der damals dramatischen Coronalage in Norditalien und Fällen in Innsbruck gehört, aber sie habe keine Angst um ihre Gäste und Mitarbeiter gehabt und deswegen sei Corona kein Thema gewesen.
Der Bruder der ersten Zeugin, der als zweiter befragt wurde, bestätigte diese Darstellung. Auch er sagte aus, mit seiner Familie über die Corona-Entwicklung nicht gesprochen zu haben und spezielle Informationen, die er in seiner Funktion bekommen hat, nicht mit der Familie geteilt zu haben. Der Mann war in einer Chatgruppe von Hoteliers, die der Anwalt der Klägerin als Beweis dafür sieht, dass zwischen Entscheidungsträgern möglicherweise Absprachen über das Vertuschen von Corona-Fällen getroffen worden seien. Der Zeuge wies entsprechende Vorhalte zurück.
Die Klägerin ist eine Deutsche, die vom 10. bis 12. März 2020 Urlaub in Ischgl gemacht und sich dort mit Corona infiziert hat. Sie hat sich vor der Anreise explizit im Hotel erkundigt, ob alles ok sei und das Hotel habe "wider besseres Wissen erklärt, dass es in Ischgl keine Probleme mit Covid-19 gäbe". Die Anfrage sei am 8. März gewesen, fünf Tage nachdem schon bekannt gewesen sei, dass Isländer in Ischgl an Corona erkrankt seien, sagt der VSV.
In den Abendstunden ging die Verhandlung für heute zu Ende, fortgesetzt wird der Prozess am 7. November. Befragt werden soll dann die Klägerin.
Parallel zu dieser Klage laufen vom Verbraucherschutzverein organisierte Amtshaftungsverfahren gegen die Republik. Der Hauptvorwurf lautet, dass die ersten Corona-Fälle in Ischgl vertuscht und die Öffentlichkeit bewusst getäuscht worden seien. In einer Medieninformation des Landes Tirol vom 5.3.2020 wurde laut VSV wider besseren Wissens behauptet, in Ischgl infizierte Touristen hätten sich erst auf der Heimreise angesteckt. Die Presseaussendung habe der Beruhigung gedient und habe Berichterstattung verhindern sollen. "Und das ist gelungen. Es wurde nicht berichtet", sagte heute VSV-Obmann Peter Kolba. Die Zeugin sagte ihrerseits aus, dass sie bis heute der Meinung sei, die Touristen hätten sich auf der Heimreise angesteckt. Auch ihr Bruder sagte, dass er keine Zweifel daran gehabt habe, dass die Ansteckung erst auf der Heimreise passiert sei.
Der Verbraucherschutzverein hatte im September 2020 erste Amtshaftungsklagen eingebracht, das Gericht wies diese aber mit der Begründung ab, dass der Republik für die betreffenden Zeiträume "weder ein schuldhaftes noch ein rechtswidriges Verhalten anzulasten" sei.
Im Juli hob der Wiener Oberlandesgericht (OLG) dieses Urteil auf, weil es mit Feststellungsmängeln behaftet sei. Die Rechtssache wurde zur Verfahrenergänzung und neuerlichen Entscheidung ans Landesgericht für Zivilrechtssachen zurückverwiesen. Die heutige erste Verhandlung drehte sich aber hauptsächlich um die zusätzliche Klage gegen das Hotel.
In der Klage gegen die Republik hat die Finanzprokuratur Rekurs gegen die Entscheidung des OLG erhoben. Die Finanzprokuratur -als Anwalt der Republik - ist der Meinung, dass allfällige Fehler bei der Kommunikation durch den Tiroler Landespressedienst nicht dem Bund zurechenbar sind, sondern vielmehr nur das Land Tirol dafür verantwortlich wäre. Weil das Oberlandesgericht Wien die betreffenden erstinstanzlichen klagsabweisenden Urteile alleine wegen diesem Vorwurf aufgehoben hatte, wären die gegen den Bund gerichteten richtigerweise Klagen richtigerweise auch abzuweisen.
Der VSV sieht sich dadurch genötigt zusätzlich das Land Tirol zu klagen, sagte Kolba bei einer Pressekonferenz vor Beginn der ersten Verhandlung. "Um jedoch auf beiden Seiten sinnlose Geldausgaben zu vermeiden", habe er heute Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) vorgeschlagen, im Fall eines Verjährungsverzichtes des Landes Tirol bis zur Klärung der strittigen Rechtsfrage mit einer Klage gegen das Land zuzuwarten. Wenn festgestellt werden sollte, dass der Bund haftet, würde sich eine Klage gegen Tirol erübrigen, so Kolba. Das Land Tirol wollte sich auf APA-Anfrage nicht dazu äußern.
Zusammenfassung
- In der Causa Ischgl sind am Freitag am Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien neuerlich Verhandlungen um Schadensersatzklagen gestartet.
- Die Frau bekräftigte aber ihre Aussage.
- Parallel zu dieser Klage laufen vom Verbraucherschutzverein organisierte Amtshaftungsverfahren gegen die Republik.
- Der VSV sieht sich dadurch genötigt zusätzlich das Land Tirol zu klagen, sagte Kolba bei einer Pressekonferenz vor Beginn der ersten Verhandlung.