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Netanyahu sieht sich schuldlos an humanitärer Katastrophe in Gaza

In einer überraschend scharfen Rede wandte sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu an seine Unterstützer im US-Kongress in Washington. Protest gab es nicht nur davor, sondern auch von Abgeordneten.

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat einen seltenen Auftritt vor beiden Kammern des US-Kongresses dazu genutzt, jegliche Kritik am militärischen Vorgehen militärischen Vorgehens Israels im Gazastreifen zurückzuweisen.

Der unter Druck stehende Ministerpräsident ließ sich im Kapitol in Washington insbesondere von Republikanern feiern, teilte in alle Richtungen gegen Kritiker aus und nannte unter anderem die Vorwürfe des Internationalen Strafgerichtshofes gefährliche Lügen.

Hamas als Schuldiger

Netanyahu wies Vorwürfe zurück, Israel ziele im Gazakrieg absichtlich auf Zivilisten ab. Er warf vielmehr der Hamas vor, "alles in ihrer Macht Stehende getan, um palästinensische Zivilisten in Gefahr zu bringen". 

Er wies auch die eigene Verantwortung für die humanitäre Not der Menschen im Gazastreifen vehement zurückgewiesen.

"Wenn es Palästinenser im Gazastreifen gibt, die nicht genug Nahrung bekommen, dann nicht, weil Israel sie blockiert. Es liegt daran, dass die Hamas sie stiehlt", sagte Netanyahu. Israel habe viel getan, um palästinensische Zivilisten aus der Gefahrenzone zu bringen und zu schützen.

Die Hamas hingegen tue alles, was in ihrer Macht stehe, um die Zivilisten in dem abgeriegelten Küstenstreifen in Gefahr zu bringen. Die USA als wichtigster Verbündeter drängen Israel, die humanitäre Hilfe in Gaza zu verstärken und den Schutz der Zivilbevölkerung zu verbessern.

Der israelische Ministerpräsident ließ auch durch skurrile Aussagen aufhorchen: "Manche der Protestierenden halten Schilder, auf denen steht 'Schwule für Gaza' - sie könnten genauso gut Schilder mit 'Hühner für Kentucky Fried Chicken' hochhalten". 

Netanyahus Ankunft im US-Kapitol wurde von massiven Protesten begleitet. 

Erster Besuch seit Jahren

Es ist Netanyahus erster Besuch in Washington seit fast vier Jahren und seine erste Auslandsreise seit dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober, der zum Krieg in Gaza führte.

Der Auftritt vor dem US-Parlament war zugleich sein vierter dieser Art, was eher ungewöhnlich ist. Eine Rede vor beiden Kammern des amerikanischen Parlaments ist eine seltene Ehre für ausländische Staats- und Regierungschefs.

Unter den Zuhörern bei seiner Rede befand sich auch Tesla-Gründer und "X"-Chef Elon Musk.

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Während der Präsidentschaft von Trump, der aktuell wieder für die Republikaner US-Präsident werden möchte, standen sich USA und Israel sehr nahe. Netanyahu betonte auch während seiner Rede vor dem US-Kongress das gute Verhältnis mit Trump.

Vizepräsidentin Kamala Harris, die wahrscheinliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, wurde vom israelischen Ministerpräsidenten nicht erwähnt. 

Im Rahmen Netanyahus US-Besuchs wurden Treffen mit US-Präsident Biden, Trump und auch Harris angekündigt.

Laute Kritik von US-Politikern

Aber nicht alle amerikanischen Politiker stehen Netanyahu positiv gegenüber. In den letzten Monaten hatte sich die Biden-Regierung den Kurs Netanyahus im Gaza-Streifen immer schärfer kritisiert. 

Anlässlich des Washington-Besuchs gab es laute Gegenstimmen: So nennt der Senator Bernie Sanders Netanyahu auf "X" einen Lügner und "Kriegsverbrecher". 

Etliche Demokraten boykottierten Netanyahus Rede. Eine von ihnen, die Abgeordnete Ilhan Omar, erklärte, es sei "unmoralisch und grausam" gegenüber den vielen Kriegsopfern, Netanyahu eine Bühne zu bieten. Sie bezeichnete ihn als "Kriegsverbrecher", der "Völkermord" an den Palästinensern begehe.

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Kein Geisel-Deal

Entgegen den Hoffnungen von Angehörigen der 120 noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln verkündete Netanyahu keine Vereinbarung über eine Waffenruhe im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln.

Die für Donnerstag angekündigte Reise einer israelischen Delegation nach Katar zu indirekten Verhandlungen mit der islamistischen Hamas verschiebt sich außerdem weiter. Sie werde nun erste kommende Woche erwartet, bestätigte eine israelische Repräsentantin. Das genaue Datum sei noch unklar.

ribbon Zusammenfassung
  • In einer überraschend scharfen Rede wandte sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu an seine Unterstützer in Washington.
  • Er sprach am Mittwoch vor dem US-Kongress.
  • Protest gab es nicht nur vor dem Kongress, sondern auch von Abgeordneten.
  • Israels Regierungschefs Benjamin Netanyahu hat bei einer Rede im US-Kongress die eigene Verantwortung für die humanitäre Not der Menschen im Gazastreifen vehement zurückgewiesen.