Krisensitzung läuft: ÖVP sucht Nachfolger nach Nehammer-Rücktritt
In der Volkspartei tagt seit 10 Uhr der Bundesparteivorstand, um über die nächsten Schritte zu beraten. Unüblicherweise findet dieses Treffen nicht in Räumlichkeiten der Partei, sondern im Bundeskanzleramt statt. Stellungnahmen gab es nicht.
Zu etwaigen Personalentscheidungen wollte man im Vorhinein nichts sagen. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker meinte dazu: "Lassen Sie sich überraschen."
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In Medien kursierten allerdings schon am Samstag verschiedenste Gerüchte über mögliche Nehammer-Nachfolger. Der Prominenteste unter ihnen ist sicherlich Sebastian Kurz, doch auch der deutlich weniger bekannte Generalsekretär der Wirtschaftskammer, Wolfgang Hattmansdorfer, wurde ins Rennen gebracht. Ein Überblick über die Namen, die derzeit die Runde machen.
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Sebastian Kurz
Gerüchte über Sebastian Kurz als Nachfolger kamen bereits kurz nach dem Austritt der NEOS aus den Koalitionsverhandlungen auf. Vor etwas mehr als drei Jahren musste Kurz im Zuge der Inseratenaffäre als Kanzler zurücktreten. Mittlerweile ist Kurz Unternehmer und arbeitet u.a. für den libertären Milliardär Peter Thiel, der die Demokratie laut eigener Aussagen ablehnt, und gründete ein Unternehmen mit dem Ex-Chef der Spionagefirma NSO-Group, Shalev Hulio, die auch für die Spähsoftware Pegasus verantwortlich ist.
Über eine Rückkehr von Kurz in die Politik wurde immer wieder spekuliert, einige Flügel in der ÖVP seien dafür offen. "Bild"-Redakteur und Kurz-Biograf Paul Ronzheimer tat die Gerüchte aber noch am Samstagabend ab. Der Ex-Kanzler wolle vorerst nicht zurückkehren, zumindest nicht, wenn die Volkspartei als Junior-Partner Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ eingehen würde. Als Vizekanzler unter Kickl stehe Kurz nicht zur Verfügung, so Ronzheimer.
https://twitter.com/ronzheimer/status/1875676822219722799
Zudem wird Kurz weiterhin als Beschuldigter in der Inseratenaffäre geführt.
Wolfgang Hattmansdorfer
Bis 2021 war der Linzer ÖVP-Geschäftsführer, im vergangenen Sommer wurde er dann Generalsekretär der Wirtschaftskammer. In dieser Position hat er auch ein ÖVP-Nationalratsmandat.
Er wäre ein neues Gesicht in der ÖVP und gilt als einer der wichtigsten Akteure im ÖVP-Wirtschaftsflügel. Der 45-Jährige kann fachliche Qualifikationen vorweisen, so promovierte er 2007 mit einer Dissertation zur geografischen Segmentierung des oberösterreichischen Wählermarktes. Später arbeitet er auch beim Meinungsforschungsinstitut Market und absolvierte ein Executive Sutdium in Political Marketing in Washington.
Video: Koalition gescheitert
Karoline Edtstadler
Erst vergangenen November kündigte Europaministerin Karoline Edtstadler an, die Spitzenpolitik zu verlassen. Sie wolle zurück in ihre Heimat Salzburg und dort als Juristin tätig sein. Nun soll aber auch sie als mögliche Nehammer-Nachfolgerin ins Spiel gebracht worden sein. Sie wäre damit die erste Frau in dieser Position.
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Obwohl sie als ehrgeizig und diszipliniert gilt, dürfte sie derzeit allerdings nur geringe Chancen auf den Posten haben. Mit ihr könnte es schwierig sein, FPÖ-Wähler:innen zurück zur Volkspartei zu holen. Während der Pandemie wurde Edtstadler von ihnen zum Quasi-Gesicht der nie umgesetzten Impfpflicht gemacht.
Jochen Danninger
Am Samstag brachte der "Kurier" auch den niederösterreichischen ÖVP-Klubobmann Jochen Danninger ins Spiel. Für den 49-Jährigen spräche, dass er die Unterstützung der mächtigsten Landespartei habe, so der "Kurier". Er war bereits einmal im Bund aktiv, unter der zweiten Regierung von Werner Faymann (SPÖ) war Danninger von Dezember 2013 bis August 2014 Staatssekretär im Finanzministerium.
Eine Beförderung von Danninger zur ÖVP-Spitze oder gar zum Kanzler sei jedoch nicht realistisch, so Parteigranden gegenüber dem "Standard".
Generell dürften die Zeichen in der ÖVP eher auf Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ stehen, dann als Juniorpartner. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner betonte am Sonntag jedenfalls, kein Fan von Neuwahlen zu sein.
Zusammenfassung
- Mit dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen ist auch Karl Nehammers Zeit als Bundeskanzler und ÖVP-Chef zu Ende.
- Er kündigte seinen Rücktritt an.
- Es kursieren bereits verschiedenste Gerüchte über mögliche Nehammer-Nachfolger, u.a. wurden Sebastian Kurz, Wolfgang Hattmansdorfer oder Karoline Edtstadler genannt.
- Ein Überblick.