Myanmar: Haftbefehl gegen Anführer der Demokratiebewegung
Angesichts anhaltender Proteste gegen den Militärputsch in Myanmar geht die Armee gezielt gegen bekannte Anführer der Demokratiebewegung vor. Die Militärjunta stellte am Sonntag Haftbefehle gegen sieben Aktivisten aus, die sich teils seit Jahrzehnten für Demokratie in Myanmar einsetzen. Über die Staatsmedien rief die Polizei die Bürger dazu auf, Hinweise auf die sieben Aktivisten zu geben. Unterdessen gingen am Sonntag landesweit wieder Zehntausende Menschen auf die Straßen.
Auf der Liste der Gesuchten stand unter anderem Min Ko Naing, der bei früheren Protesten gegen die Militärjunta im Jahr 1988 festgenommen worden war. Der damalige Student wurde anschließend für mehr als zehn Jahre inhaftiert. Erst am Samstag hatte er in einer Botschaft im Onlinedienst Facebook gewarnt, das Militär lasse "Menschen nachts festnehmen". Er warnte zudem vor gewaltsamem Vorgehen der Armee gegen die Protestierenden.
Proteste gehen weiter
Unterdessen protestierten in Myanmar erneut Zehntausende Menschen gegen den Militärputsch. In der Wirtschaftsmetropole Yangon (Rangun) zogen am Sonntag einheitlich in weiß gekleidete Studenten durch das Stadtzentrum und forderten auf Transparenten die Freilassung der entmachteten De-Facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Zudem rollte ein Bus-Korso langsam und laut hupend durch die Straßen. Durch die Hauptstadt Naypyidaw fuhr ein Konvoi aus Autos und Motorrädern. Auch in anderen Städten kam es wieder zu Protesten.
Viele Teilnehmer forderten auf Plakaten, "die nächtliche Entführung von Menschen zu beenden". Mehr als 384 Menschen wurden seit dem Putsch am 1. Februar inhaftiert, wie die Menschenrechtsgruppe Assistance Association for Political Prisoners mitteilte. Sie spricht von einer regelrechten Verhaftungswelle, die zumeist nachts stattfinde. Auch Suu Kyi ist festgesetzt worden. Ihre Untersuchungshaft läuft am Montag ab. Ihr wird illegale Einfuhr und Nutzung von Funkgeräten vorgeworfen. Wie es in ihrem Fall weitergehen soll, war unklar.
Freiheitsrechte werden weiter eingeschränkt
Das Militär schränkte indes die Freiheitsrechte mit neuen Verordnungen ein. So müssen die Einwohner künftig nächtliche Besucher bei den Behörden melden. Andernfalls drohen Geld- oder sogar Gefängnisstrafen. Auch können Personen und Privateigentum im Verdachtsfall ohne gerichtliche Anordnung durchsucht werden.
Zahlreiche Menschen fürchteten neben Festnahmen auch neue Gewalt und Kriminalität, nachdem die Junta am Freitag die Freilassung von Tausenden Häftlingen angeordnet hatte. Das Militär hatte den Schritt als Unterstützung zum "Aufbau eines neuen demokratischen Staates mit Frieden, Entwicklung und Disziplin" begründet, der "die Öffentlichkeit erfreuen" werde. In sozialen Online-Medien wurden allerdings Gerüchte laut, dass das Militär mit Hilfe von Kriminellen versuchen könnte, Unruhen zu schüren. Dabei wurden Vergleich zu den Protesten der Demokratiebewegung 1988 gezogen, als das Militär beschuldigt wurde, Verbrecher in die Proteste einzuschleusen, um Anschläge zu inszenieren und diese dann als Rechtfertigung für einen Machtausbau zu nutzen.
Das Militär hatte am 1. Februar geputscht - dem Tag, an dem das neu gewählte Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen sollte. Suu Kyis Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) hatte die Parlamentswahl in November klar gewonnen. Das Militär erkennt dies aber nicht an und spricht von Wahlbetrug. Die Abstimmung war erst die zweite freie und faire Wahl seit dem Ende der direkten Militärherrschaft 2011 nach 49 Jahren. Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi hat in dieser Zeit 15 Jahre unter Hausarrest verbracht.
Zusammenfassung
- Angesichts anhaltender Proteste gegen den Militärputsch in Myanmar geht die Armee gezielt gegen bekannte Anführer der Demokratiebewegung vor.
- Die Militärjunta stellte am Sonntag Haftbefehle gegen sieben Aktivisten aus, die sich teils seit Jahrzehnten für Demokratie in Myanmar einsetzen.
- Über die Staatsmedien rief die Polizei die Bürger dazu auf, Hinweise auf die sieben Aktivisten zu geben.
- Unterdessen gingen am Sonntag landesweit wieder Zehntausende Menschen auf die Straßen.