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Moldau-Gipfel: Klares Signal an Moskau

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat beim Europa-Gipfel in Moldau eine schnelle Ost-Erweiterung von EU und NATO zum Schutz vor russischer Aggression gefordert. Die Staats- und Regierungschefs von 47 europäischen Staaten, darunter Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), demonstrierten beim zweiten EPG-Gipfel Geschlossenheit. Fast alle europäischen Staaten zwischen der Ukraine und Portugal waren vertreten, zwei allerdings nicht: Russland und Belarus.

An sie ging das Signal aus: Wir stehen zusammen - und ihr seid isoliert. Eine klare Botschaft, die vor allen an Russlands Präsidenten Wladimir Putin gerichtet war. "Wir brauchen Frieden. Deshalb sollte jedes europäische Land, das an Russland grenzt und das nicht will, dass Russland es auseinanderreißt, ein vollwertiges Mitglied der EU und der NATO sein", sagte Selenskyj. Gleichzeitig forderte er von den Verbündeten eindringlich moderne Kampfjets und Patriot-Abwehrraketen, um gegen die russischen Angreifer bestehen zu können. Die EPG (EPC) wurde im vergangenen Jahr auf Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gegründet, um die Europäische Union und die anderen europäischen Staaten zusammenzuführen. Der erste Gipfel fand im tschechischen Prag statt.

Das kleine Moldau, eine ehemalige Sowjetrepublik im Osten des Kontinents, wurde nun ganz bewusst als Austragungsort gewählt, um die europäische Perspektive der Länder in der Nachbarschaft Russlands zu betonen. Moldau ist wie die Ukraine seit einem Jahr EU-Beitrittskandidat. Auch Georgien strebt diesen Status an. Und die Ukraine und Georgien wollen mit aller Macht in die NATO, um sich langfristig vor Russland in Sicherheit zu bringen.

"Das heutige Zusammenkommen ist ein ganz wichtiges Zeichen: Auf der einen Seite, dass wir klar zusammenstehen in der Frage des Krieges gegen die Ukraine, dass wir Moldau den Rücken stärken. Moldau hat eine unglaubliche Last zu tragen, auch in der Frage der Unterbringung von vielen Vertrieben", sagte Nehammer am Tagungsort Schloss Mimi südöstlich von Chisinau. Moldau mache dies "bravourös" und sei selbst ständig unter der Bedrohung Russlands. Nehammer erwähnte auch, dass ein Teil Moldaus, nämlich Transnistrien, von der russischen Armee besetzt sei.

Zum anderen sei es Österreich wichtig, "dass wir den Westbalkan nicht vergessen dürfen", so Nehammer. Der Kanzler begrüßte die jüngste Initiative von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Unterstützung und engeren Anbindung der Westbalkanstaaten an die EU. Es sei wichtig, dass es für die Ukraine und Moldau kein Schnellverfahren (Fasttrack) zum EU-Beitritt gebe, hielt der Kanzler fest. Ein klarer Prozess zur Heranführung der Westbalkanstaaten an die EU setze sich immer stärker durch, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zum Abschluss des Gipfels der Europäischen Gemeinschaft in Moldau am Donnerstag. Viele von Österreich geforderte Punkte seien in der jüngsten Initiative der EU-Kommission angestoßen, so Nehammer. Österreich setze sich dafür ein, "dass es kein Fasttrack für die Ukraine oder Moldau gibt."

Den Westbalkanstaaten komme es darauf an, dass Taten folgen würden. Deshalb seien informelle Treffen wie in Moldau wichtig. "Man kommt sich schrittweise immer näher, damit der Prozess konkreter wird", so Nehammer. "Es wird immer pragmatischer. Im Pragmatismus liegt die Lösung." Es werde von Österreich keine Zustimmung geben, solange nicht dem Westbalkan dieselbe Behandlung widerfahre wie für die Ukraine und Moldau überlegt werde.

Nehammer bedauerte, dass Georgien bisher nicht EU-Kandidatenstatus bekommen hat. 20 Prozent des georgischen Territoriums seien russisch besetzt, darüber werde zu wenig geredet. Georgien sei westeuropäisch orientiert, "das Land sollten wir nicht verlieren".

Selenskyj warb beim Treffen mit Blick auf den Bündnisgipfel am 11. und 12. Juli in Litauen für eine schnelle Osterweiterung der NATO und der EU. "Wir brauchen Frieden. Deshalb sollte jedes europäische Land, das an Russland grenzt und das nicht will, dass Russland es auseinanderreißt, ein vollwertiges Mitglied der EU und der NATO sein", sagte der 45-Jährige. Einzige Alternativen dazu seien ein offener Krieg oder eine grausame russische Besatzung. "Wir sehen, was in Georgien geschieht", sagte Selenskyj mit Blick auf russische Einflussnahme. Man sehe, wie solche Nationen in den Zustand der Rechtlosigkeit gezerrt würden.

Die EU- und NATO-Staaten warnte Selenskyj zudem vor einer Hinhaltetaktik. "Denken Sie an die Enttäuschung unserer Soldaten, die für Freiheit kämpfen und an die Enttäuschung jener Nationen, für die unser Kampf in der Ukraine Hoffnung ist", sagte er. Wenn nicht einmal diejenigen eine klare positive Antwort auf den Wunsch zum NATO- und EU-Beitritt bekämen, die die Werte Europas mit Blut verteidigten, könne es für andere kaum mehr fassbare Hoffnung geben.

Neben Sicherheitsgarantien für sein Land forderte Selenskyj erneut weitere militärische Unterstützung gegen Russland. Nach einer Serie von Luftangriffen auf Kiew drängte er die Partner am Donnerstag zur Lieferung von Patriot-Luftabwehrsystemen und spielte auf die geplante Kampfjet-Koalition an. Die Ukraine stehe "Schulter an Schulter" mit Moldau und den anderen Ländern Europas, betonte Selenskyj, dessen Teilnahme aus Sicherheitsgründen bis zuletzt nicht bestätigt worden war. Er sprach von einem "historischen" Zusammenschluss.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hofft, dass das Treffen in Moldau ein starkes Signal an Moskau sendet. Russland habe sich durch seinen Angriff auf die Ukraine selbst aus dieser Gemeinschaft ausgeschlossen, so Borrell. Nun sei es entscheidend, die Sicherheit auf dem europäischen Kontinent zu stabilisieren. "Wir haben viele Probleme auf dem Balkan", erklärte Borrell. Angesichts der jüngsten Ausschreitungen im Kosovo habe er sich bereits mit dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti getroffen und werde sich auch mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic besprechen. Alle Seiten müssten versuchen, jede Form von Eskalation zu vermeiden, so Borrell.

Russland zeigte sich angesichts des Gipfeltreffens in Moldau verärgert. "Die Ukraine ist zu einem Brückenkopf des Kriegs gegen Russland (...) geworden", sagte Russlands Geheimdienstchef Alexander Bortnikow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Dann fügte er hinzu: "Der Westen drängt Moldau aktiv zu einer Teilnahme am ukrainischen Konflikt."

Moldau hat sich unter der Führung ihrer proeuropäischen Präsidentin Maia Sandu seit Beginn von Russlands Kriegs vor 15 Monaten klar auf die Seite des angegriffenen Nachbarn Ukraine gestellt. Sandu beklagte zuletzt immer wieder Einmischung und geplante Umsturzversuche durch russische Geheimdienste in ihrem Land. Beim Gipfel appellierte sie an die anderen Teilnehmer: "Bitte glaubt an unsere Demokratie und unsere Zukunft in der EU." Diese sei ein Beitrag zur Stabilität und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent.

ribbon Zusammenfassung
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat beim Europa-Gipfel in Moldau eine schnelle Ost-Erweiterung von EU und NATO zum Schutz vor russischer Aggression gefordert.
  • Fast alle europäischen Staaten zwischen der Ukraine und Portugal waren vertreten, zwei allerdings nicht: Russland und Belarus.
  • Auch Georgien strebt diesen Status an.
  • Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hofft, dass das Treffen in Moldau ein starkes Signal an Moskau sendet.