Misstrauensantrag gegen griechische Regierung
Neben der PASOK-Partei unterstützten drei linksgerichtete Parteien - die SYRIZA-Partei, Kurs der Freiheit und Neue Linke - den Misstrauensantrag. Androulakis warf der Regierung vor, Warnungen über eine chronische Unterfinanzierung der Eisenbahn ignoriert zu haben. "Sie sind sowohl schuldig als auch nutzlos", erklärte er.
Zuvor hatte er kritisiert, die Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis habe versucht, nach dem Unglück ihre "Verantwortung zu vertuschen". Die Bevölkerung habe kein Vertrauen mehr in die regierende Partei Nea Dimokratia und die "arrogante und korrupte Regierung", sagte Androulakis.
Der Vorsitzende der linken SYRIZA-Partei, Sokratis Famellos, betonte, Mitsotakis habe ein Motiv gehabt, die Tragödie zu vertuschen, da er sich einige Monate später zur Wiederwahl stellte. "Die Gesellschaft traut Ihnen nicht. Die Gesellschaft glaubt Ihnen nicht. Sie haben keine Legitimität", sagte Famellos.
Das Misstrauensvotum soll voraussichtlich am Freitagabend erfolgen. Da Mitsotakis' Regierungspartei 156 Abgeordnete in der 300 Sitze zählenden Parlamentskammer hat, könnte sie den Antrag überstehen.
Mitsotakis kritisiert Opposition: "Populismus und Giftigkeit"
Mitsotakis kritisierte seinerseits die Opposition. Sie agiere bloß mit "Populismus und Giftigkeit" und schlage keine konstruktiven Lösungen vor. "Sie haben uns weder erklärt, was wir vertuschen wollten, noch die Motive für die angebliche Vertuschung", ergänzte der Premier. Es handle sich vielmehr um eine "Ansammlung von Mythen und Lügen", betonte der Chef der konservativen Regierungspartei "Nea Dimokratia". Für eine Verbesserung der Infrastruktur des Bahnwesens strebe die Regierung ein zwischenstaatliches Abkommen an. Ziel sei die Zusammenarbeit mit einer ausländischen Organisation, "die sich verpflichtet, die Griechische Bahn bei der Instandhaltung und Modernisierung des Netzes zu unterstützen."
Untersuchungsausschuss eingesetzt
Zuvor hatte das Parlament in Athen einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der eine mögliche strafrechtliche Verantwortung eines Vertrauten von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis prüfen soll. Eine große Mehrheit von 277 der 300 Abgeordneten hatte am Dienstagabend für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gegen den Abgeordneten Christos Triantopoulos von der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia gestimmt. Die Opposition wirft ihm unter anderem vor, schon wenige Tage nach dem Zugsunglück eine Räumung der Unglücksstelle angeordnet zu haben, wobei wichtige Beweise für die Untersuchung der Unglücksursache vernichtet wurden.
Triantopoulos hat jede Beteiligung an der Entscheidung abgestritten und wirft der Opposition vor, mit den Anschuldigungen nur der Regierung schaden zu wollen. Der Mitsotakis-Vertraute war zuletzt Staatssekretär im Ministerium für Zivilschutz, reichte nun aber seinen Rücktritt ein.
Bei dem Zugsunglück Ende Februar 2023 war ein Passagierzug auf dem Weg von Athen nach Thessaloniki frontal mit einem Güterzug zusammengeprallt. 57 Menschen starben, darunter viele Studierende. Der Unfall wurde in einem Untersuchungsbericht auf menschliches Versagen und schwerwiegende strukturelle Mängel bei der griechischen Bahn zurückgeführt.
Vorwurf: Illegale Fracht transportiert
Laut einem von Opferfamilien finanzierten Expertenbericht hatte der Güterzug aber auch illegale Fracht geladen - darunter explosive chemische Substanzen, die bei der Kollision in Brand gerieten.
Opposition und Hinterbliebene von Opfern werfen der Regierung vor, nach dem Unglück Spuren vernichtet zu haben, um eine behördliche Mitverantwortung zu vertuschen. So sei die Unfallstelle vorschnell geräumt und damit wichtige Beweismittel vernichtet worden. Am zweiten Jahrestag des Unglücks waren am vergangenen Freitag landesweit mehr als 300.000 Menschen auf die Straße gegangen.
Am Abend Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizei vor Parlament
Am Mittwoch kam es am Abend vor dem Parlament zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Zuvor hatten sich dort Tausende friedlich versammelt und eine Schweigeminute zu Ehren der Opfer eingelegt. Kerzen formten die Zahl "57" auf dem Boden.
Zusammenfassung
- Am zweiten Jahrestag des Unglücks demonstrierten über 300.000 Menschen. Vor dem Parlament kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei, während der Premierminister die Opposition für Populismus kritisierte.