NACH NÖ-WAHL: PK "PRÄSENTATION ÖVP-FPÖ-ARBEITSÜBEREINKOMMEN" - MIKL-LEITNERAPA/HELMUT FOHRINGER

Mikl-Leitner gegen "Numerus-Clausus-Flüchtlinge"

Die niederösterreichische Landeshauptfrau will die Studien-Zugangsbeschränkungen des jeweiligen Heimatlandes für ausländische Studierende anwenden.

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) will Numerus-Clausus-Flüchtlingen aus Deutschland beim Medizinstudium in Österreich einen Riegel vorschieben. Unterstützung erhält sie dabei von Walter Obwexer von der Universität Innsbruck. Laut dem Europarechtsexperten darf Österreich die Zulassungsbeschränkung des jeweiligen Heimatlandes für ausländischen Medizinstudenten anwenden.

Pressekonferenz zum Ärztemangel

Die Landeshauptfrau verwies am Dienstag bei einer Pressekonferenz in St. Pölten, die "Maßnahmen zur Absicherung der Gesundheitsversorgung" zum Thema hatte, auf den Ärztemangel, der sich weiter verschärfe, weil dem potenziellen heimischen Nachwuchs die Studienplätze blockiert würden. Der Status quo sei "untragbar". Nicht zuletzt handle es sich auch um eine Frage des Hausverstandes und der Fairness.

Deutsche Studierende verlassen Österreich nach Ausbildung

Die aktuelle Regelung sehe vor, dass 75 Prozent der Studienplätze der Humanmedizin an Hochschulen österreichischen Maturanten zur Verfügung stehen müssten, erinnerte Mikl-Leitner. Die restlichen würden an Bürger der EU (20 Prozent) bzw. aus Drittländern (fünf Prozent) vergeben. Weil in Deutschland mit dem Numerus-Clausus eine höhere Hürde gelte, würden viele bei uns Medizin studieren wollen.

Mikl-Leitner argumentierte auch mit einer Auswertung der Statistik Austria, derzufolge mehr als drei Viertel der deutschen Medizinstudenten drei Jahre nach der Beendigung ihres Studiums das Land wieder verlassen hätten. Und das bei Kosten von mindesten 360.000 Euro pro Studienplatz in Mindestzeit. Andererseits werde heimischen Studienanwärtern der Zugang verwehrt, weil es für sie zu wenige Plätze gebe.

"Verlust" von 270 Medizinern pro Jahre

Österreich sei in der Lage nachzuweisen, dass es im Bereich der Humanmedizin die "besondere Universitätsreife" brauche, argumentierte Obwexer. Immerhin würde man derzeit jährlich etwa 270 ausgebildete Mediziner "verlieren", die wieder "nach Hause" gingen. Der Europarechtsexperte führte zudem die Möglichkeit einer "Tätigkeitsverpflichtung" im österreichischen Gesundheitssystem für einige Jahre an. So lange es einen Medizinermangel gebe, sei das auch aus EuGH-Sicht vertretbar. Dennoch sei zweitere Variante beschränkender als die Argumentation mit der "besonderen Universitätsreife".

Gesetzesnovelle 2024?

Mit dem Obwexer-Gutachten hat Österreich laut Mikl-Leitner einen "Hebel" in die Hand. Nächster Schritt anhand der Expertise soll nun eine Novelle des Universitätsgesetzes bis zum Wintersemester 2024/25 sein. Kontakt mit Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) für eine rasche Umsetzung bestehe bereits.

Kassenstellen sollen attraktiver werden

Weil eine entsprechende Regelung aber erst in einigen Jahren greifen werde, brauche es zusätzliche Maßnahmen, die mittelfristig Abhilfe gegen den Ärztemangel schaffen, wandte sich Mikl-Leitner auch an die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK). Es gehe dabei um die Attraktivierung von Kassenstellen in ländlichen Regionen und um Förderung für Arztpraxen in Bedarfsregionen. Niederösterreich selbst setze mit den Landarztstipendien einen Impuls, erinnerte die Landeshauptfrau.

Aktuell bestehe nach Beendigung des EU-Verfahrens seit geraumer Zeit Rechtssicherheit bzw. Klarheit beim Zugang zum Medizinstudium, hieß es aus dem Büro von Bildungsminister auf APA-Anfrage zu Mikl-Leitners Vorstoß. Die Vorschläge und Möglichkeiten, um die Quote an österreichischen Studierenden im Medizinstudium zu erhöhen und im Anschluss eine Tätigkeit als Arzt und Ärztin in Österreich sicherzustellen, würden aber "in Zusammenarbeit mit dem Verfassungsdienst juristisch geprüft". Grundsätzlich sei die Drop-Out-Quote beim Medizinstudium sehr gering und es gäbe genug Absolventinnen und Absolventen, um den Ärztebedarf in Österreich zu decken. Es brauche deshalb Anreize, damit diese auch in Österreich bleiben.

Rauch sieht Bundesheer als Vorbild

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) betonte am Rande eines Termins, dass man sich beim Zugang zum Medizinstudium im Rahmen europäischer Vorgaben bewegen müsse. Als mögliches Vorbild, um mehr Medizin-Absolventen in das österreichische Gesundheitssystem zu bringen, verwies er auf ein Pilotprojekt des Bundesheers, wo Medizinstudierende einen privilegierten Zugang erhalten, sich dafür aber für eine gewisse Zeit verpflichten, als Arzt für das Bundesheer tätig zu sein. Auch mehr Praxis- und Alltagstauglichkeit beim Aufnahmeverfahren könnte ein Hebel sein.

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  • Die niederösterreichische Landeshauptfrau will die Studien-Zugangsbeschränkungen des jeweiligen Heimatlandes für ausländische Studierende anwenden.