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Heftige Kämpfe um Tschassiw Jar im Osten der Ukraine

In der Nähe der ostukrainischen Stadt Tschassiw Jar toben erbitterte Kämpfe. Die russischen Truppen hätten aber noch nicht die Vororte erreicht, teilte das ukrainische Militär am Freitag mit und wies entsprechende russische Berichte zurück. Eine rasche Einnahme von Tschassiw Jar, das westlich der praktisch zerstörten Stadt Bachmut liegt und als wichtiger ukrainischer Stützpunkt gilt, wäre für Kiew ein schwerer Schlag und ein Zeichen für den Erfolg der russischen Offensive.

Dieses rückt im Osten der Ukraine langsam aber stetig vor, seit es im Februar die Stadt Awdijiwka erobert hat. Die ukrainischen Truppen versuchen, sich einzugraben. Es fehlt ihnen aber an Munition und Artillerie, und Militärhilfe der Verbündeten lässt auf sich warten. So wird seit Monaten die von US-Präsident Joe Biden zugesagte milliardenschwere Militärhilfe im Kongress von den Republikanern blockiert.

Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA meldete unter Berufung auf die Behörden, russische Soldaten seien in die Vororte von Tschassiw Jar eingedrungen. Dieser Bericht sei falsch, sagte dazu Andryj Sadubinnji, der Sprecher des Kommandos Ost des ukrainischen Militärs. "Die Lage dort ist sehr schwierig, die Kämpfe dauern an", sagte er am Telefon. "Aber sie sind nicht da", fügte er mit Blick auf die russischen Truppen hinzu. "Glauben Sie den russischen Berichten nicht." Der Nachrichtenagentur Reuters sagte Sadubinnji zudem, er wolle die Lage "angespannt" nennen, aber nicht "sehr schwierig".

Am Donnerstag hatte der Bürgermeister von Tschassiw Jar, Serhij Tschaus, im ukrainischen Fernsehen die Lage in seiner Stadt als die schwierigste seit Beginn der Invasion vor mehr als zwei Jahren bezeichnet.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, Russland plane möglicherweise Ende Mai oder im Sommer eine neue Offensive. Seine Regierung verfüge aber über einen eigenen Schlachtplan. Das russische Militär hat in den vergangenen Wochen seine Luftangriffe aus großer Entfernung auf die ukrainische Energie-Infrastruktur erheblich ausgeweitet. In Teilen der Ukraine führte das zu weiträumigen Ausfällen der Stromversorgung.

Allerdings gelang auch den ukrainischen Truppen ein Schlag gegen das russische Militär. Aus Geheimdienstkreisen in Kiew erfuhr Reuters, dass der Militärstützpunkt Morosowsk in der südrussischen Oblast Rostow angegriffen wurde. In dem wichtigen gemeinsamen Einsatz des Militärs und des Geheimdienstes SBU seien sechs russische Kampfflugzeuge zerstört worden. Acht weitere Kampfflugzeuge seien beschädigt worden. Wie der Angriff vonstattenging, sagte der Insider nicht. Der Stützpunkt Morosowsk werde von taktischen Bombern vom Typ Su-24 und Su-24M genutzt. Mit solchen Suchoi-Maschinen feuert die russische Luftwaffe gelenkte Bomben auf das ukrainische Militär und auf Frontstädte ab.

Unabhängig überprüfen lassen sich solche Angaben nicht. RIA hatte zuvor unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau berichtet, die russische Flugabwehr habe in der Nacht zu Freitag 53 ukrainische Drohnen abgefangen und zerstört, die meisten über der Oblast Rostow.

Die Ukraine hat ihre Drohnenangriffe auf Ziele in Russland in den vergangenen Wochen deutlich verstärkt und konzentriert sich dabei auf Ölraffinerien. Damit sollen nicht nur die russischen Öleinnahmen geschmälert, sondern auch der Treibstoff-Nachschub für die russischen Truppen behindert werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Russische Truppen sind laut RIA Nowosti in einen Vorort der Stadt Tschassiw Jar vorgedrungen, was von ukrainischer Seite dementiert wird; Tschassiw Jar liegt 10 Kilometer von der hart umkämpften Stadt Bachmut entfernt.
  • Bei russischen Raketen- und Drohnenangriffen in der Region Donezk wurden fünf Zivilisten verletzt, in der Region Cherson zehn Personen; russische Luftabwehr gibt an, 53 ukrainische Drohnen abgeschossen zu haben.
  • Die Ukraine, die seit über zwei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg verteidigt, ist weiterhin auf Unterstützung aus dem Westen angewiesen.