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Massenflucht: 19.000 Menschen aus Berg-Karabach geflohen

Nach der Niederlage der pro-armenischen Kräfte gegen Aserbaidschan sind tausende Menschen aus der umstrittenen Region Berg-Karabach nach Armenien geflüchtet.

19.000 "Vertriebene" seien bisher in seinem Land angekommen, erklärte Armeniens Vize-Regierungschef Tigran Chatschatrjan am Dienstag. Entlang des Latschin-Korridors waren hunderte Autos auf der überfüllten Straße in Richtung Armenien unterwegs. Zahlreiche Menschen passierten den letzten Grenzposten zu Fuß.

Die meisten Menschen trafen in der armenischen Stadt Goris ein, der ersten Anlaufstelle hinter der Grenze. In der 20.000-Einwohnerstadt bildeten sich lange Schlagen vor Läden mit Telefonkarten. "Sie haben uns vertrieben", sagte ein Mann, der die Grenze zu Fuß passierte. "Wir haben schreckliche Tage durchlebt", sagte Anabel Gulasjan aus dem Ort Rew, der in Aserbaidschan Schalwa genannt wird.

Aserbaidschan verlangt Auslieferung

Unter den Flüchtlingen befanden sich vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen. Die wenigen Männer zwischen 20 und 30 Jahren wurden am letzten Grenzposten gezwungen, sich per Blick in eine Kamera zu identifizieren. Laut einer Quelle aus der aserbaidschanischen Regierung plant das Land, eine Amnestie für armenische Kämpfer zu verhängen, die in Bergkarabach ihre Waffen niedergelegt hatten. Diejenigen, die in der Kaukasusregion jedoch "Kriegsverbrechen" begangen hätten, "müssen uns ausgeliefert werden", hieß es weiter.

Maurer über den "Blitzkrieg" in Berg-Karabach

In Bergkarabach, das international als Teil Aserbaidschans anerkannt wird, leben knapp 120.000 ethnische Armenier. Seit Jahrzehnten kämpfen die beiden Länder um die Enklave. Eriwan wirft Baku vor, eine "ethnische Säuberung" in der umstrittenen Kaukasusregion zu planen, nachdem Aserbaidschan dort vergangene Woche eine großangelegte Militäroffensive gestartet hatte.

Gespräche in Brüssel

Unterdessen kamen am Dienstag Vertreter Armeniens und Aserbaidschans auf Initiative der EU in Brüssel zusammen. Die Gespräche zwischen den nationalen Sicherheitsberatern der verfeindeten Kaukasusländer im Beisein von Vertretern der EU-Schwergewichte Frankreich und Deutschland standen unter der Schirmherrschaft von EU-Ratspräsident Charles Michel.

Nach der Militäroffensive Aserbaidschans am 19. September mussten die pro-armenischen Kämpfer von Bergkarabach bereits einen Tag später eine Waffenstillstandsvereinbarung akzeptieren. Russland als traditionelle Schutzmacht Armeniens hatte die Aserbaidschaner bei ihrer Militäroffensive gewähren lassen. Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan machte Moskau deshalb bittere Vorwürfe. Russland warf Eriwan wiederum vor, mit seiner jüngsten Hinwendung zum Westen einen "großen Fehler" zu begehen.

ribbon Zusammenfassung
  • Wenige Tage nach der Niederlage der pro-armenischen Kräfte gegen Aserbaidschan ebbt der Flüchtlingsstrom aus der Kaukasusregion Bergkarabach in Richtung Armenien nicht ab.
  • 19.000 "Vertriebene" seien bisher in seinem Land angekommen, erklärte Armeniens Vize-Regierungschef Tigran Chatschatrjan am Dienstag.
  • Entlang des Latschin-Korridors waren hunderte Autos auf der überfüllten Straße in Richtung Armenien unterwegs. Zahlreiche Menschen passierten den letzten Grenzposten zu Fuß.