Düsterer Ausblick und Exit-Szenarien nach 2 Jahren Ukraine-Krieg
Seit zwei Jahren läuft der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Politikwissenschaftler und Russland-Experte Gerhard Mangott hat sich auch mit möglichen Exit-Szenarien im Ukraine-Krieg auseinandergesetzt.
Am 24. Februar 2022 griff Russland die Ukraine an. Das sei ein "großer strategischer Fehler" gewesen, so Mangott. Der Russland-Kenner hätte diesen Zug Putin eigentlich nicht zugetraut.
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Wie geht es weiter?
Landgewinne traut Mangott Russland in der Ukraine keine mehr zu, obwohl der Angreifer derzeit militärisch die Oberhand habe. Für Putin ginge es nun darum, den Donbas im Osten und die Krim im Süden zu halten.
"Wenn dieses Jahr weiter nur ein Stellungskrieg bleibt, wenn weiter keine Offensiv-Aktionen erfolgreich sein werden, dann wird man sich vermutlich - auch weil die Soldaten ausgehen werden - doch hinsetzen müssen und fragen: Können wir diesen Konflikt nicht doch mit einer Waffenruhe vorläufig beenden?"
Eine Waffenruhe würde aber Russland nutzen - denn es sei nicht ausgeschlossen, dass in zwei, drei Jahren nochmal neue Gebiete angegriffen werden, so Mangott.
Hochrüsten der Ukraine
"Deshalb bedeutet das auch, dass man bei einer Waffenruhe alles tun muss, um die Ukraine militärisch, finanziell und wirtschaftlich hochzurüsten. Dass sie dann genug Abschreckungseffekt hat, dass Russland in den nächsten Jahren nicht versuchen wird, wieder die Ukraine attackieren wird." Hier erwähnt Mangott einen Frieden nach dem "Korea-Modell", denn dieser Krieg endete auch formal mit einem Waffenstillstand und bis heute gibt es keinen Friedensvertrag.
Ein Vorstoß seitens der Ukraine ist für Mangott unwahrscheinlich. Die Ukraine brauch aktuell dringend Soldaten, mindestens 500.000 - diese würden dann aber der ukrainischen Wirtschaft fehlen, auch der Kriegswille der Bevölkerung sei fraglich. Nur: Wenn das Rekrutierungsproblem nicht gelöst wird, dann wird die Ukraine weiter in der Defensive stehen.
So könnte der Krieg enden
In seinem Buch "Russland, Ukraine und die Zukunft" skizziert Mangott verschiedene Exit-Szenarien für den Ukraine-Krieg.
Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland beschreibt er als unwahrscheinlich. Beide Seiten würden Gesprächs-Bedingungen stellen, die für den jeweils anderen nicht akzeptabel seien. Russland will, dass die Ukraine für Gespräche über Frieden, die besetzten Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson als russische Gebiete anerkennen - was für die Ukraine inakzeptabel ist.
Auch die Bedingungen der Ukraine seien ein "Diktatfrieden", so würde der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zwar von Gesprächsbereitschaft sprechen, allerdings nur mit dem nächsten Führer Russlands - also nicht Putin.
Auf inoffiziellen Gesprächskanälen würden offizielle Friedensgespräche vorbereitet werden - deshalb sei laut Mangott wichtig, dass diese Möglichkeit offen bliebt.
Drei mögliche Enden
Konkret sieht er für ein Ende des Ukraine-Krieges aktuell drei Szenarien:
- Eine dritte Partei interveniert und zwingt Russland und die Ukraine zu einem Kompromiss, das sei aber vollkommen unrealistisch, so Mangotts Einschätzung.
- Zweite Option könnte ein militärischer Sieg einer der zwei Kriegsparteien sein - der Sieger würde dann die Bedingungen für ein Ende festlegen. Aktuell befinde man sich in einer "Pattsituation" hatte der nun abgesetzte ukrainische Streitkräfte-Führer Saluschnyj in einem Interview mit dem britischen "Economist" gesagt.
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Möglichkeit drei wäre eine militärische Erschöpfung von Ukraine und Russland. Auch dann wären Verhandlungen und Kriegsende denkbar - allerdings könnten sich auch beide Armeen während einem Waffenstillstand neu aufstellen.
Aber: Von all diesen Optionen ist die Ukraine aktuell weit entfernt, schreibt Mangott.
Ende für Putin?
Mitte März stehen in Russland Wahlen bevor, der Sieger wird - da sind sich Beobachter schon jetzt einig - ziemlich sicher Wladimir Putin heißen.
Für die russische Führung gehe es dabei auch darum, die Wahlbeteiligung hochzuhalten, so Mangott. 65 Prozent Wahlbeteiligung brauche man, um die Beteiligung als legitim erscheinen zu lassen.
Putin müsse einen "triumphalen Sieg" einstreifen, man müsse "die 80-Prozent-Grenze" knacken, soll es aus Putins Umfeld heißen, so Mangott.
Wut ohne Kanal
Kreml-Kritiker Alexej Nawalny kam in der Vorwoche ums Leben - nachdem er im Straflager in Sibirien inhaftiert war. Wut und Verzweiflung über dessen Tod sind groß, sagt Mangott - nur würden die Menschen diese wegen politischer Repression eigentlich nicht öffentlich zeigen können. Die Wut würde nicht politisch wirksam werden, weil es niemanden gibt, der sie anführen könnte.
Russland sitzt Sanktionen aus
Putin selbst würden die Reaktionen aus dem Westen auf Nawalnys Tod wenig kümmern, so Mangott. Russland macht der Krieg allgemein weniger zu schaffen als der Ukraine.
Russland wächst trotz Sanktionen weiter. Diese Woche einigten sich EU-Vertreter auf das 13. Sanktionspaket gegen Russland. 2023 wuchs die russische Wirtschaft um 3,5 Prozent - das sei darauf zurückzuführen, dass die Regierung "Nnmengen" an Geld in die Rüstungsindustrie pumpen würd, so Mangott. Seit 2014 habe Russland alles getan, um sich gegen derartige Sanktionen vorzubereiten.
Zum Vergleich: Das BIP der Ukraine brach 2022 um fast 30 Prozent ein, die russische Wirtschaftsleistung sank um rund drei Prozent.
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Zusammenfassung
- Gerhard Mangott, ein führender Russland-Experte, sieht im nun schon fast zwei Jahre andauernden Krieg Russlands gegen die Ukraine einen gravierenden strategischen Fehler.
- Putin hat mit dem Beginn des Krieges laut Mangott einen Fehler begangen, der weitreichende Folgen hat.
- Die Einschätzung Mangotts unterstreicht die Komplexität und Tragweite des Konflikts in der Ukraine.