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London schließt neuen Asylpakt für Abschiebungen nach Ruanda

Mit einem neuen Vertrag mit Ruanda will die britische Regierung ein Urteil des Obersten Gerichts umgehen und Asylsuchende künftig in das ostafrikanische Land abschieben. Innenminister James Cleverly reiste am Dienstag nach Kigali, um das Abkommen zu unterzeichnen. Die Vereinbarung werde die Sorgen des Supreme Court berücksichtigen, teilte das Innenministerium in London mit.

Dazu gehörten Zusicherungen, dass Ruanda keine Asylwerber aus Großbritannien in einen Drittstaat abschieben werde. Die konservative Regierung will irregulär nach Großbritannien eingereiste Asylsuchende umgehend nach Ruanda ausfliegen, wo sie Asyl beantragen können. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist ausgeschlossen. Die konservative britische Regierung will damit Migranten abschrecken. Sie steht unter erheblichem Druck des rechten Flügels, die Migration deutlich einzuschränken. Gegner kritisieren, das Vorhaben verstoße gegen das internationale Asylrecht.

Der Supreme Court in London hatte vor wenigen Wochen die Pläne der Regierung als rechtswidrig verworfen. Der neue Vertrag soll das Vorhaben rechtlich wasserdicht machen. Im Gegensatz zum bisher geplanten Asylpakt müssen aber nun beide Parlamentskammern in London noch zustimmen. Die Regierung will zudem Ruanda zum sicheren Drittstaat erklären. Das Oberste Gericht hatte seine Ablehnung unter anderem mit rechtsstaatlichen Defiziten in dem Land begründet.

Cleverly ist bereits der dritte Innenminister, der sich seit dem Jahr 2022 an dem Ruanda-Plan versucht. "Innenminister 3 - Migranten 0", kommentierte BBC-Reporter Chris Mason. Die Regierung betont, sie wolle die ersten Asylsuchenden noch vor der Wahl ausfliegen. Der Termin steht noch nicht fest, spekuliert wird über Mai oder Oktober 2024. In Umfragen liegen die Tories weit hinter der Oppositionspartei Labour zurück, die Stand jetzt die nächste Regierung stellen dürfte.

Mit dem Anti-Migrations-Kurs will Premierminister Richi Sunak noch die Wende schaffen. Die vor allem symbolische Ruanda-Politik ist dabei aber nur ein Baustein. Ob je eine Maschine abheben wird? Völlig unklar. Von "politischen Spielchen" ist laut "Times" sogar unter Regierungsbeamten die Rede.

Einen viel stärkeren Einfluss dürften daher die Maßnahmen haben, die Cleverly am Montag im Parlament angekündigt hatte. Künftig müssen ausländische Fachkräfte mindestens 38.700 Pfund (45.110,15 Euro) statt bisher 26.200 Pfund Jahresgehalt beziehen, damit sie ins Land kommen dürfen. Pflegekräfte sind ausgenommen, dürfen dafür aber ebenso wie Studierende ihre Angehörigen nicht mehr mitbringen.

Stolz kündigte Cleverly den größten Rückgang der Nettomigration in der jüngeren britischen Geschichte an. Mit etwa 300.000 Zuwanderern unterm Strich weniger rechnet er. Zuletzt betrug die Nettozuwanderung 745.000 pro Jahr. "Genug ist genug", schrieb Premier Sunak in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Sun". Auch vom rechten Tory-Flügel kam Zustimmung. Hardliner wie Ex-Innenministerin Suella Braverman forderten dennoch umgehend noch schärfere Maßnahmen.

Experten sehen die Vorhaben kritisch. "Das Signal lautet: Wir wollen Euch nicht", sagte ein EU-Diplomat. Die Wirtschaft erwartet, dass der Fachkräftemangel weiter zunimmt. "Einmal mehr haben die Interessen der Wirtschaft das Nachsehen gegen die internen Angelegenheiten der Konservativen Partei", sagte der Chef des Personalvermittlerverbands REC, Neil Carberry, der Zeitung "Financial Times".

Betroffen ist auch das Privatleben: Briten müssen künftig mehr als 38.000 Pfund verdienen, wenn sie ihre ausländischen Partner zu sich holen wollen. Das ist mehr als doppelt so viel wie bisher - und mehr als das Durchschnittseinkommen. 73 Prozent der Briten seien nun zu arm, um eine Ausländerin oder einen Ausländer zu heiraten, kommentierte der Satiriker Tom Peck in der "Times".

ribbon Zusammenfassung
  • Mit einem neuen Vertrag mit Ruanda will die britische Regierung ein Urteil des Obersten Gerichts umgehen und Asylsuchende künftig in das ostafrikanische Land abschieben.
  • Innenminister James Cleverly reiste am Dienstag nach Kigali, um das Abkommen zu unterzeichnen.
  • Im Gegensatz zum bisher geplanten Asylpakt müssen aber nun beide Parlamentskammern in London noch zustimmen.
  • Der Termin steht noch nicht fest, spekuliert wird über Mai oder Oktober 2024.