Blinken und Schallenberg: Plan für Rafah-Evakuierung fehlt
Blinken und Schallenberg betonten in der Pressekonferenz den Gleichklang in allen internationalen Fragen.
Beide Politiker erklärten erneut, dass die USA und Österreich zu den stärksten Unterstützern Israels im Nahost-Konflikt zählten.
Hinsichtlich der drohenden Militäroperation in Rafah brauche es einen "klaren und umsetzbaren Plan", um die etwa 1,5 Millionen Zivilist:innen vor Ort zu evakuieren, sagte Blinken. "Wir haben noch keinen solchen Plan gesehen", fügte er hinzu.
Offensive in Rafah droht
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu billigte am Freitag Pläne zu der Offensive, das bedeute aber noch nicht, dass sie "sofort ausgeführt wird", so Schallenberg. Sondern, dass Netanyahu "grünes Licht" gegeben habe.
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Israel müsse sich "am Völkerrecht messen", hob auch Schallenberg hervor.
Video: Drohung aus Israel
Raus aus Russen-Gas
Auch bezüglich der russischen Aggression in der Ukraine ziehen Washington und Wien an einem Strang, obwohl Österreich wegen seiner völkerrechtlichen Neutralität dem bedrängten Land keine militärische Unterstützung leistet. Österreich sei aber "keineswegs politisch neutral", sagte Blinken.
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Thema war in dem Zusammenhang auch die österreichische Abhängigkeit von russischem Gas. "Putin benutzt die Energieversorgung als Waffe", sagte Blinken, die Abkehr von Gas aus Russland sei daher wichtig, könne aber nicht plötzlich geschehen. Washington würde "sehr wichtige Schritte" sehen, die Österreich unternommen habe und weiter tätige.
Auch Schallenberg bekräftigte: "Wir wollen raus aus dem russischen Gas".
Die USA würden Österreich bereits durch die Bereitstellung von Flüssiggas unterstützen und das auch weiterhin tun, um die "Energielandkarte neu zu zeichnen", so der amerikanische Außenminister.
"Feuerkreis um Europa"
Einer Meinung war man auch bezüglich der EU-Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina. Am Dienstag empfahl die EU-Kommission die Aufnahme der Gespräche. Angesichts "des Feuerkreises um Europa" müsse man dafür sorgen, dass die Lage des "unmittelbaren Nachbars" stabil sei, so Schallenberg.
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Blinken lobte die Führung Österreichs bei den Beitrittsverhandlungen, die Bundesregierung hatte sich für den Beginn der Verhandlung eingesetzt. Eine Sache, die Europa nicht brauche, sei ein "'Zurück in die Zukunft'-Moment, in dem wir uns in den 1990er Jahren wiederfinden", spielte Blinken auf den Film an, in dem in der Zeit zurückgereist wird. Die USA würden die EU-Beitrittsverhandlungen unterstützen.
Treffen mit Van der Bellen
Im Anschluss besuchte US-Außenminister Blinken auf der anderen Seite des Ballhausplatzes auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Präsidentschaftskanzlei. Dieser nannte die Entwicklungen in Gaza "äußerst besorgniserregend".
"Ich begrüße die Bemühungen der USA, die Versorgung der Menschen im Gazastreifen mit humanitärer Hilfe sicherzustellen. Für die leidende Zivilbevölkerung in Gaza sind eine sofortige humanitäre Waffenpause und ungehinderter Zugang für Hilfe dringend notwendig", schrieb Van der Bellen auf X.
https://twitter.com/vanderbellen/status/1768679701944401968
Blinken hatte zuvor an der UNO-Drogenbekämpfungskonferenz in der Wiener UNO-City teilgenommen. Er ist der erste US-Außenminister, der jemals bei dem jährlichen Treffen der UNO-Betäubungsmittelkommission (CND) dabei war. Eines der zentralen Themen der Konferenz ist nämlich die Opioidkrise in den USA, die zuletzt immer dramatischere Ausmaße angenommen hat.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), den Blinken ebenfalls zu einem Arbeitsgespräch traf, würdigte laut einer Mitteilung des Bundeskanzleramts den Besuch des US-Außenministers mit den Worten, Blinkens Visite bei der UNO-Drogenkommission "bringt den Schwerpunkt auf das Thema Sicherheit, Kampf gegen Schmuggler und Kriminalität u.a. im Zusammenhang mit synthetischen Drogen zum Ausdruck".
Zusammenfassung
- US-Außenminister Antony Blinken kam am Freitag nach Österreich.
- Nach dem Arbeitsgespräch mit Außenminister Alexander Schallenberg gaben die Politiker eine Pressekonferenz und präsentierten ihre Partnerschaft.
- In allen Schlüsselfragen - wie etwa bei dem Vorgehen im Nahost-Konflikt - sei man sich einig gewesen.
- Die beiden Außenamtschefs forderten von der israelischen Regierung angesichts der geplanten Offensive auf Rafah im Gazastreifen einen Plan zum Schutz der Zivilbevölkerung.
- "Ein derartiger Plan ist uns noch nicht vorgelegt worden", betonte Blinken vor Journalisten.