Verfassungsschutz: "Große Herausforderung" Rechtsextremismus
Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hat in Österreich weiterhin mit Extremismus aus den verschiedensten Bereichen zu tun: Eine "große Herausforderung" bleibe der Rechtsextremismus, erklärte DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, aber auch Linksextremismus und islamistischer Extremismus beschäftigen den Staatsschutz. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verurteilte den lauter werdenden Antisemitismus.
Hohe Gefährdungsstufe
Das Bedrohungsszenario des islamistischen Extremismus sei vor allem seit dem brutalen Terrorangriff der Hamas auf die israelische Bevölkerung am 7. Oktober intensiver geworden, betonte Karner bei der Pressekonferenz zum Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023. In Österreich gilt nach wie vor die Gefährdungsstufe 4 von 5.
Video: DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner im Interview
Das Interview wurde im September 2023 geführt.
Omar Haijawi-Pirchner sprach auch die aktuellen Ermittlungen gegen mutmaßliche Anhänger des Islamischen Staats in der Provinz Khorasan (ISKP) an. Sie sollen Anschläge auf den Stephansdom geplant haben. Laut PULS 24 Informationen finden noch vor dem Wochenende eine entscheidende Suche nach Sprengstoff statt.
Generell warnte der DSN-Chef aber vor dem ISKP, der in seiner Propaganda Österreich regelmäßig erwähnen würde. Sie seien jederzeit bereit, Anschläge durchzuführen. Auch die Hamas komme im Verfassungsschutzbericht 2023, der allerdings erst am Wochenende veröffentlicht werden soll, vor.
Karner wegen Antisemitismus besorgt
Sorgen bereiten dem Innenminister auch der "neue" wie der "alte" Antisemitismus. So gebe es nach wie vor den klassischen rechtsradikalen Antisemitismus, aber der islamistische und der linksextremistische Antisemitismus seien "häufiger" und "lauter" geworden, erklärte Karner.
Jegliche Form des Antisemitismus sei abzulehnen und werde vonseiten des Verfassungsschutzes und der Polizei bekämpft, unterstrich der Minister. So erinnerte er etwa an die zuletzt erfolgte Räumung des antisemitischen Protestcamps am Campus der Uni Wien.
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Viele Waffen bei Rechtsextremen
Im Bereich des Linksextremismus verzeichnete der Staatsschutz generell vermehrt Kundgebungen mit offener Sympathie für die palästinensische Seite im Nahostkonflikt, die Szene nutze aber auch das Klimathema für ihre Zwecke. Man könne Straftaten in der radikalen Klimaschutzszene nicht ausschließen, außerdem habe man die Klimaaktivisten als "Einfallstor für gewaltbereite Kräfte" unter Beobachtung.
Ebenso beschäftigt die DSN der "alte" und "neue" Rechtsextremismus, dazu zählen etwa auch die Staatsverweigererszene und die Identitären. Haijawi-Pirchner besorgt in diesem Milieu vor allem der weit verbreitete Waffenbesitz.
Russische Spionage ist großes Problem
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat Karner zufolge außerdem noch einmal Spionage und Desinformation befeuert. Im Fokus der Spionageabwehr stünden Russland, Iran und China, erklärte Haijawi-Pirchner.
Auf den aktuellen Spionagefall rund um den früheren Verfassungsschützer Egisto Ott geht man im Bericht laut dem DSN-Chef nicht ein. Er verwies darauf, dass die Ermittlungen beim Bundeskriminalamt und der Staatsanwaltschaft Wien liefen, unterstrich aber in diesem Zusammenhang auch: "Es sind ganz klar russische Netzwerke, die dahinter stehen."
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Anstieg bei Rechtsextremismus
In puncto Rechtsextremismus wurden laut Daten aus dem Innenministerium im vergangenen Jahr 1.208 Tathandlungen verzeichnet, das sind um rund ein Drittel mehr als noch 2022 (928). Darunter fallen rechtsextremistische, fremdenfeindliche/rassistische, islamfeindliche, antisemitische sowie unspezifische oder sonstige Tathandlungen. Zur Anzeige gebracht wurden 2023 1.954 Delikte - ein Anstieg um rund 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr (1.623).
Den Linksextremismus betreffend (linksextreme, autonome, anarchistische, marxistische, lenistische oder sonstige Tathandlungen) stieg die Anzahl der Tathandlungen um eine auf 97 im Jahr 2023. 240 Delikte wurden zur Anzeige gebracht, um rund 70 Prozent mehr als noch 2022.
Außerdem wurden 283 Tathandlungen im Bereich auslandsbezogener Extremismus registriert. 152 waren "islamistisch/jihadistisch" motiviert. Zur Anzeige gelangten insgesamt 298 Delikte. Unter den 148 ausgeforschten Verdächtigen befanden sich 108 Männer und 40 Frauen, 58 waren Jugendliche.
Zusammenfassung
- Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hat in Österreich weiterhin mit Extremismus aus den verschiedensten Bereichen zu tun.
- Eine "große Herausforderung" bleibe der Rechtsextremismus, erklärte DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, aber auch Linksextremismus und islamistischer Extremismus beschäftigen den Staatsschutz.
- Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verurteilte den lauter werdenden Antisemitismus.
- Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat Karner zufolge außerdem noch einmal Spionage und Desinformation befeuert.
- Im Fokus der Spionageabwehr stünden Russland, Iran und China, erklärte Haijawi-Pirchner.