Nehammer eröffnete Wahlkampf: "Entscheidung zwischen ihm und mir"
ÖVP-Chef Karl Nehammer präsentierte in Wels seinen "Österreich-Plan". Auf 82-Seiten wurde der Plan ausgearbeitet, einige Details schon vorab an verschiedene Medien verbreitet.
So wurden etwa zuvor schon Nehammers Wünsche bekannt, das Gendern aus Verwaltung und den Unis zu verbannen, Steuern zu senken, Sozialleistungen zu kürzen. Nehammer will mehr Härte im Asylbereich, Strafen für Klimakleber und fordert eine Kaufoption bei Genossenschaftswohnungen sowie ein neues Nationalstadion.
Kritik schon vorab
Es soll ein Plan gegen die FPÖ sein, aber wohl auch ein Plan, der die ÖVP im Wahlkampf vom grünen Koalitionspartner abgrenzen soll. Bei den Oppositionsparteien und Klima-NGOs sorgte der Plan im Vorfeld schon für Kritik. "Reine ÖVP-Klientelpolitik für Konzerne zu Lasten von Klima und Umwelt", witterte etwa Greenpeace.
In Wels eröffnete dann Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer mit einer kurzen Rede. Dann arbeitete sich eine Runde aus Christian Stocker, August Wöginger und Claudia Plakolm an FPÖ und SPÖ ab. Sogar Ausschnitte aus Reden von Kickl und Babler wurden abgespielt und kritisiert, ehe Karl Nehammer unter Applaus vor seine Sympathisant:innen trat.
"Das Jahr der Entscheidung"
"Dieses Jahr 2024 ist das Jahr der Entscheidung", startete der ÖVP-Chef dann wie erwartet in den Wahlkampf. Es folgten Floskeln wie: "Durch Haltung zeigen, kann man Halt geben". Es dauerte etwas, bis Nehammer zum Inhaltlichen kam.
Er sprach seine politischen Konkurrenten namentlich am Freitag nicht direkt an, sprach nur von jenen, die Hass säen würden und das Schlechte aus den Menschen herausholen wollen würden. Er hingegen wolle das Gute aus den Menschen herausholen.
Es sei eine Entscheidung "zwischen ihm und mir" – dem, der die Dunkelheit der Vergangenheit nicht abgelegen könne und ihm, der an die Zukunft des Landes glaube, so Nehammer. "Gestalten oder spalten", sei die Frage. "Geht mit mir diesen Weg", schwor er die ÖVP ein. Seine bisherige Zeit in der Regierung bezeichnete er als "Bewährung", nach der es jetzt Zeit sei, in die Zukunft zu blicken.
Seinen ersten inhaltlichen Schwerpunkt setzte er bei der Wirtschaft und bei dem ihm so wichtigen Begriff der "Leistung". Der Kanzler streifte die Schwerpunkte seines "Österreichplans" in der Rede teils nur oberflächlich - das Gendern ließ er beispielsweise ganz weg.
"Autos der Zukunft"
Die Lohnnebenkosten müssten runter und die Überregulierung müsse weg, Vorschriften müssten reduziert werden, fuhr Nehammer fort. Sein "Österreich-Plan" beinhalte, wie vorab schon bekannt war, dass die Steuern auf alle Überstunden abgeschafft werden sollten, außerdem sollte es einen 1.000 Euro-Bonus für jene geben, die Vollzeit arbeiten.
Wöginger im Interview
Ökologie und Ökonomie würden sich nicht ausschließen, kam Nehammer dann zum nächsten Punkt – dem Kampf gegen den Klimawandel. Dabei setzte er auf von ihm schon bekannte Ansätze: Technologie und Forschung. Er wiederholte, dass Österreich ein Autoland sei und dass man auch in Straßen investieren müsse – für die "Autos der Zukunft", die laut Nehammer mit Wasserstoff und E-Fuels fahren sollen.
Eigentum "ist Volkspartei-DNA"
Beim Thema Familie sprach er dann doch Kinderbetreuung an – diese solle ausgebaut werden. Vorab war nur sein Vorschlag auf Großeltern-Karenz bekannt geworden. Diese Idee erwähnte er bei seiner Rede dann gar nicht.
Karner im Interview
"Demokratie braucht Bildung" kam Nehammer kurz auf dieses Thema zu sprechen, ehe er schnell zum "Eigentum" und zum Wohnen kam. Er sprach von staatlichen Krediten, die jungen Menschen Eigentum ermöglichen sollen – generell solle es bis 2030 eine halbe Million mehr Eigentümer:innen geben. "Das ist Volkspartei-DNA".
Um das Gesundheitssystem besser zu machen, wolle er Kassenarztstellen fördern. Es brauche eine Berufspflicht nach dem Medizinstudium und er sprach davon, Ausbildungen aus dem Ausland schneller anerkennen zu wollen.
Kampf gegen Antisemitismus
Ein weiterer "Wegweiser" Nehammers war dann die Sicherheit, ohne die es keine Demokratie gebe. Das Thema vermischte er mit Außenpolitik – bei Terror gebe es keine Neutralität, spielte er auf Israel an. Auch sprach er den Anstieg des Antisemitismus an – er wolle dagegen aufstehen und kämpfen.
"Danke, dass du dir das antust, dass du uns zur Verfügung stellst", bedankte sich Nehammer zum ÖVP-EU-Spitzenkandidaten Reinhold Lopatka. "EU first" müsse es wieder heißen – vor allem in Wirtschaftsfragen.
Beim Thema Asyl wurde Nehammer laut. Es brauche Verfahren in Drittstaaten und Außengrenzschutz. Dennoch wolle er sich von Rechtsaußen abgrenzen, so Nehammer. Man habe nichts gegen regulären Zuzug in den Arbeitsmarkt, man wolle aber keine "illegale Migration ins Sozialsystem". Daher wolle man den Anspruch auf Sozialleistungen erst ab fünf Jahren ermöglichen. Integration sei für ihn nun "Anpassung".
Und schon folgte der Sprung zum nächsten Thema. Er wolle sich den Begriff "Leitkultur" nicht von den "Radikalen" oder den "linken Träumern" wegnehmen lassen, führte er aus.
ÖVP-Prominenz in Wels
In die Welser Messe gekommen waren ein großer Teil der schwarzen Regierungsmannschaft und fast alle Landeshauptleute aus den Reihen der ÖVP, aber auch Parteiprominenz von früher: Von Ex-Parteichef Josef Pröll über die Ex-Präsidentschaftskandidaten Andreas Khol und Benita Ferrero-Waldner bis hin zu den Alt-Landeshauptleuten Erwin Pröll, Josef Pühringer und Waltraud Klasnic.
In den Vordergrund rückte man dennoch die Kanzlerschaft von Karl Nehammer. Die Partei an sich geriet in den Hintergrund, die Veranstaltung wurde ganz auf Nehammer zugespitzt. Die ÖVP will den kommenden Wahlkampf wohl zu einem Zweikampf Nehammer-Kickl machen.
Brunner im Interview
Zusammenfassung
- Bundeskanzler Karl Nehammer stimmte die ÖVP am Freitag in Wels auf das "Superwahljahr" ein und stellte seinen "Österreichplan" vor.
- Inhaltlich brachte seine Rede nicht viel Neues - Seitenhiebe setzte es gegen FPÖ und SPÖ.
- In den Vordergrund rückte man dennoch die Kanzlerschaft von Karl Nehammer. Die Partei an sich geriet in den Hintergrund, die Veranstaltung wurde ganz auf den Kanzler zugespitzt.
- Die ÖVP will den kommenden Wahlkampf wohl zu einem Zweikampf Nehammer-Kickl machen.