Gewessler: Mit Russland-Sanktionen "nicht in beide Knie schießen"
"Wir sind in Österreich darauf vorbereitet", kommentiert Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei "Milborn" das am Mittwoch von der EU präsentierte Öl-Embargo. Im Gegensatz zu früher durchschnittlich zehn Prozent hätte Österreich "im März kein russisches Rohöl mehr verarbeitet".
Obwohl Österreich das Embargo schneller umsetzten könnte, als von der EU angekündigt und von der Ukraine kritisiert wurde, verteidigt Gewessler es als "großen Schritt" der EU. "Die Ukraine hat nur einen starken Verbündeten in Europa, wenn wir uns mit den Maßnahmen nicht gleichzeitig in beide Knie schießen", so Gewessler "Wir reagieren so stark und so geeint wie nie. Wenn es Wladimir Putin gelingt uns zu spalten in diesen Fragen, dann sind wir schwächer."
"Sanktionen wirken"
"Die Sanktionen wirken", stimmt dem WIFO-Chef Gabriel Felbermayr zu. Sein Öl könne Russland nicht so einfach in andere Länder wie Indien oder China verkaufen und diese Länder würden die Situation auch ausnützen. "Man sieht das schon jetzt, dass sie für das Öl, dass sie verkaufen, einen großen Preisabschlag hinnehmen müssen", so Felbermayr. "Das spielt uns in die Karten."
Beim Gas sehe die Situation laut der Ministerin anders aus. "Wir sind bei Erdgas zu 80 Prozent von russischem Gas abhängig." Das müsse "Terrawattstunde für Terrawattstunde" reduziert werden, aber das bräuchte Zeit.
Sofortiger Gas-Stopp wäre "verheerend"
"Wenn das Gas morgen abgedreht würde, wäre das verheerend", stellt Ökonom Felbermayr klar, "weil wir noch nicht entsprechend vorbereitet sind". Er hofft "sehr, dass wir die Zeit bis November gut nutzen, um alles zu tun, dass eine mögliche Beendigung von Gaslieferungen nicht zum Chaos führt".
Ernstfall: Der Industrie wird das Gas gekürzt
Im Ernstfall, erklärt Gewessler, wenn das Gas "von heute auf morgen" wirklich ausbliebe, müsse man "eingreifen in den Gasmarkt, man muss insbesondere großen Verbrauchern, großen Industriebetrieben den Gasverbrauch reduzieren, um die Versorgung der Haushalte sicherzustellen". Nicht nur Österreichs Regierung würde alles daransetzen, dieses Szenario zu verhindern.
Für den Herbst müsse man vorsorgen, z.B. indem man aus Norwegen mehr Gas kauft und Pipeline-Kapazitäten zur Verfügung stellen.
Milborn im Podcast
Gewessler an Mahrer: Zeit, Verantwortung hin- und herzuschieben vorbei
Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer fühlt sich vom Energieministerium nicht genug informiert, wie er kritisierte. Gewessler hält dagegen, sie sei seit Wochen und Monaten "sehr intensiv im Austausch mit Unternehmern", um auf Notfallszenarien vorbereitet zu sein. Sie und ihre Mitarbeiter seien sich "der Verantwortung bewusst", es werde rund um die Uhr gearbeitet. Mahrer rät sie: "Die Zeit, wo man Verantwortung hin- und herschiebt oder mit dem Finger auf andere zeigt, die ist einfach vorbei."
Knappes Gas nicht an die, "die am besten politisch verdrahtet sind"
Felbermayrs Vorschlag für den Ernstfall: "Dass man die Gasmengen, die da sind, versteigert". Was nach Versorgung von "privilegierten Kunden" wie z.B. Privathaushalten und Krankenhäusern noch zur Verfügung steht solle durch einen "marktbasierten Mechanismus" im Ernstfall verteilt werden. Ein Mechanismus, "der sicherstellt, dass am Ende nicht die das Gas kriegen, die am besten verdrahtet sich politisch, die am lautesten schreien, die die intuitivsten Argumente bringen, die aber wirtschaftlich nicht richtig sind. Was sich in einer Talkshow gut anhört ist möglicherweise volkswirtschaftlich nicht das Richtige." Zu dieser Lösung müsse es nicht auf österreichischer Ebene kommen, sondern "das müsste man europaweit machen".
"Milborn - Das PULS 24 Polit-Gespräch"– Mittwoch, 4. Mai, ab 21:15 Uhr (Wiederholung ab 22:45 Uhr) auf PULS 24 sowie im Livestream auf der ZAPPN App.
Zusammenfassung
- Bei "Milborn" erklärt Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), dass Österreich auf ein Öl-Embargo vorbereitet ist, laut WIFO-Chef Gabriel Felbermayr wäre ein sofortiges Gas-Embargo aber "verheerend".
- Felbermayr hofft "sehr, dass wir die Zeit bis November gut nutzen, um alles zu tun, dass eine mögliche Beendigung von Gaslieferungen nicht zum Chaos führt".
- Wenn das Gas "von heute auf morgen" wirklich ausbliebe, so Gewessler, müsse man "eingreifen in den Gasmarkt, man muss insbesondere großen Verbrauchern, großen Industriebetrieben den Gasverbrauch reduzieren, um die Versorgung der Haushalte sicherzustellen.
- Felbermayrs Vorschlag für den Ernstfall: "Dass man die Gasmengen, die da sind, versteigert".
- Was nach Versorgung von "privilegierten Kunden" wie z.B. Privathaushalten und Krankenhäusern noch zur Verfügung steht solle durch einen "marktbasierten Mechanismus" im Ernstfall verteilt werden.
- Ein Mechanismus, "der sicherstellt, dass am Ende nicht die das Gas kriegen, die am besten verdrahtet sich politisch, die am lautesten schreien, die die intuitivsten Argumente bringen".