Sebastian Kurz vor GerichtAPA/EVA MANHART

Offene Fragen vor möglichem Urteil im Kurz-Prozess

Die Gerichtsverhandlung gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss steuert dem Finale zu. Am Freitag könnte ein Urteil fallen.

Bevor ein etwaiges Urteil gesprochen wird, gilt es aber noch offene Fragen auszuräumen. So soll etwa Thomas Schmid, der ehemalige Vorstand der Staatsholding ÖBAG und wichtiger Belastungszeuge, noch einmal ergänzend befragt werden. Er sieht sich mit Aussagen zweier russischer Geschäftsmänner konfrontiert, die angeblich ein Bewerbungsgespräch mit ihm geführt haben.

Sebastian Kurz und seinem einstigen Kabinettschef Bernhard Bonelli wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgeworfen, ihre Rolle bei Postenbesetzungen für die ÖBAG - konkret für den Aufsichtsrat und Vorstand - kleingeredet zu haben. Die Angaben von Kurz widersprechen jenen Schmids, der dem Ex-Kanzler eine zentrale Rolle zuspricht. Kurz habe eine Art Vetorecht bei Postenbesetzungen gehabt, sagte Schmid aus. Differenzierter sahen das andere Zeugen, wie die Ex-Minister Hartwig Löger und Gernot Blümel (beide ÖVP).

Russe verstrickte sich in Widersprüchen

Auf Antrag der Verteidigung waren von Richter Michael Radasztics zwei Zeugen zugelassen worden, die eigentlich Schmids Unglaubwürdigkeit hätten beweisen sollen. Der in der mittlerweile ÖVP in Ungnade gefallene Ex-ÖBAG-Chef soll in Amsterdam mit den beiden russischen Geschäftsmännern über einen angeblichen Job gesprochen haben. Dabei soll er auch behauptet haben, die WKStA setze in unter Druck, wolle er doch Kronzeuge in der ÖVP-Umfragecausa werden.

Die Befragung des ersten Geschäftsmannes Ende Jänner geriet jedoch zum Desaster mit skurriler Note. So verstrickte sich der Zeuge, der via Zoom aus der österreichischen Botschaft in Moskau zugeschaltet worden war, in etliche Widersprüche. So konnte er nicht schlüssig schildern, wie und warum es zur Kontaktaufnahme von Kurz' Anwälten mit ihm gekommen war. Zudem kam bei der Befragung heraus, dass ihm Verteidiger Otto Dietrich bei der Formulierung seiner eidesstättigen Erklärung zum Treffen geholfen hatte.

Nicht nur beschwerte sich der russische Geschäftsmann über die Dauer seiner Zeugenbefragung. Sein Kollege, der ebenfalls bei einem Treffen mit Schmid zugegen gewesen sein soll, sagte sogar kurzfristig ab, da er sich "unwohl" fühle.

Am Freitag will es Richter Radasztics noch einmal versuchen, man stehe in Kontakt, hieß es. Ziemlich sicher ist hingegen die nochmalige Befragung Schmids, konnte dieser zum ominösen Treffen doch noch nicht befragt werden.

Höchststrafe ist unrealistisch

Geht es nach dem Vorsitzenden, soll am Freitag aber Schluss sein. Nach den letzten Zeugeneinvernahmen warten die Plädoyers von WKStA und den beiden Verteidigern. Schließlich soll ein Urteil fallen. Falsche Beweisaussage wird theoretisch mit bis zu drei Jahren Haft bestraft.

Die Zahl der Prozesse wegen dieses Delikts ist tendenziell rückläufig. Im Jahr 2013 gab es noch 1.480 Prozesse wegen falscher Beweisaussage, wie Daten des Justizministeriums zeigen. Diese Zahl ging über die Jahre langsam, aber fast beständig auf zuletzt 1.058 im Jahr 2023 zurück.

Konstant blieb über die Jahre die Verurteilungsquote - zwischen drei Viertel und vier Fünftel der Prozesse führten zu einer Verurteilung, der Rest endete mit einem Freispruch. Täter ohne Vorstrafen kommen meist mit bedingter Haft oder Geldstrafen davon. Kurz und Bonelli plädieren auf nicht-schuldig, für sie gilt die Unschuldsvermutung.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Strafprozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss könnte am Freitag mit einem Urteil enden.
  • Ex-ÖBAG Vorstand Thomas Schmid, zentral in der Causa, wird vor dem Urteil nochmals befragt, nachdem Zeugenbefragungen zuvor widersprüchliche Aussagen lieferten.
  • Die Verteidigung brachte russische Geschäftsleute als Zeugen ein, deren Glaubwürdigkeit jedoch durch Widersprüche und eine kurzfristige Absage infrage gestellt wurde.