Kritik an rassistischer Diskriminierung bei Wohnungsvergabe
Immer mehr Betroffene würden sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden, berichtete deren Leiterin Sandra Konstatzky. Mit einer im Auftrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft durchgeführten SORA-Studie sei die Diskriminierung aufgrund der ethnische Zugehörigkeit auch klar nachgewiesen. Ein Testanrufer mit "fremd" klingenden Namen und Akzent bekam in der Teststudie nur in 50 Prozent der Fälle einen Besichtigungstermin, der später anrufende Testanrufer namens "Michael Gruber" erhielt dagegen immer eine Einladung zur Wohnungsbesichtigung. Keine Rolle spielten dabei Staatsbürgerschaft, Gehalt und Familienstand, denn beide Anrufer gaben sich als mittleren Alters, ledig, unbefristet in technischen Berufen beschäftigt und gut verdienend aus.
Konstatzky bezeichnet das Studienergebnis als "alarmierend", weshalb die Gleichbehandlungsanwaltschaft nun das Gespräch mit der Immobilienbranche suche. Für Immobilienmaklerinnen und -makler wurden Empfehlungen formuliert, wie sie Diskriminierungen vermeiden können. Wichtig sei, dass man sich vor der Wohnungsvergabe selbst klare objektive Kriterien setze und sich mit unbewussten Ängsten und Vorurteilen auseinandersetze, so die Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Auch eingesetzte Künstliche Intelligenz müsse auf einen möglichen Bias untersucht werden, so die Empfehlung. Der Nachweis der rassistischen Diskriminierung ist zwar oft schwierig, im konkreten Fall können Betroffene aber sowohl von Maklern als auch von Eigentümern Schadenersatz einklagen.
Die Studie zeige nur die "Spitze des Eisbergs", denn viele Menschen hätten es noch viel schwieriger am Wohnungsmarkt als der gut verdienende Testanrufer mit dem ausländisch klingenden Namen, kritisierte die Diakonie. Aufgrund der strukturellen ethischen Diskriminierung am Wohnungsmarkt würden Menschen mit Migrationshintergrund oft in prekäre und ausbeuterische Wohnverhältnisse gedrängt, so Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser: "Menschen mit Migrationshintergrund leben oft im absoluten Substandard und zahlen dafür Wucherpreise."
Aber nicht nur am privaten Wohnungsmarkt sondern auch im kommunalen Wohnbau und bei den Genossenschaftswohnungen komme es zu Diskriminierung, kritisiert die Diakonie. Besonder schwer hätten es Familien mit Kindern. Die Wartezeiten für Vier-Zimmerwohnungen im Gemeindebau in Wien seien extrem lang. Kleinere Wohnungen würden Familien mit drei oder mehr Kinder aber oft nicht erhalten. Moser fordert daher eine Änderung der Vergabekriterien bei den Mindestquadratmetern pro Person. Um mehr leistbaren Wohnraum zu schaffen, seien zudem mehr Investitionen in den öffentlichen und gemeinnützigen Wohnbau nötig.
Der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKÖ wies den Vorwurf der Diskriminierung am Mittwoch zurück. "Immobilienmakler gehen äußerst sorgfältig mit Anfragen von Wohnungssuchenden um und sorgen für eine faire Vergabe im Dialog mit den Vermieter:innen", erklärte der Obmann des Fachverbands Gerald Gollenz in einer Aussendung. Maklerinnen und Makler seien ihren Vermieterinnen bzw. Vermietern gegenüber verpflichtet, welche den Letztentscheid zur Vergabe einer Wohnung hätten, "und diese Abschlussfreiheit muss am privaten Immobilienmarkt jedenfalls erhalten bleiben", so Gollenz. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft bezeichnete er als wichtigen Partner, um die Abläufe zu evaluieren und noch weiter zu verbessern.
Zusammenfassung
- Menschen mit "ausländisch" klingenden Namen und Akzent haben es bei der Wohnungssuche deutlich schwerer als solche mit "österreichisch" klingenden Namen.
- Das kritisierten Gleichbehandlungsanwaltschaft und Diakonie am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.
- Die Gleichbehandlungsanwaltschaft fordert von der Immobilienbranche die Festlegung von Standards für eine diskriminierungsfreie Wohnungsvermittlung.