Kritik am Corona-Kurs: "Inszenierung wichtiger als Experten"
"Es war die Bundesregierung, die uns dieses Schlamassel eingebrockt hat. Nicht irgendwelche Modellrechnungen", ärgerte sich SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher über die Begründung des Gesundheitsministers Johannes Rauch (Grüne) für die Rücknahme des vor zwei Wochen verkündeten Öffnungsschrittes. In sämtlichen Gecko-Empfehlungen werde vor Öffnungen vor einem konstanten Sinken der Zahlen gewarnt. Aber die Regierung habe "in steigende Zahlen hinein einen 'Freedom-Day' veranstalten wollen, weil ihr die Inszenierung wichtiger ist, als die Expert*innen, die sie versucht haben vor dem Blödsinn zu warnen", meinte Kucher in einer Aussendung.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) schrieb auf Twitter: "Ich begrüße es, dass Gesundheitsminister Johannes Rauch nun den Wiener Weg folgt. Denn die Gesundheit der Menschen ist für mich immer das wichtigste". Er fordert aber weitere Maßnahmen: "Die Bundesregierung darf die Bevölkerung nicht durch eine permanente Hü-Hott Politik verunsichern und irritieren."
https://twitter.com/BgmLudwig/status/1504882234469326853
Verärgerte NEOS
"Verärgert" zeigte sich NEOS-Pandemiesprecher Gerald Loacker über die neuerliche - "sehr spontan verkündete" - Änderung der Corona-Regeln. Die steigenden Zahlen seien schon bei der Verkündung der Öffnungsschritte vorherzusehen gewesen - ebenso wisse man, dass Masken schützen. "Wenn jede Woche alles anders ist, darf sich die Regierung nicht wundern, wenn niemand mehr die Maßnahmen mitträgt", stellte er fest - und kritisierte, dass "auch der dritte Gesundheitsminister orientierungslos durch die Pandemie taumelt".
"Heftige Kritik" der FPÖ
Aus der FPÖ kam in einer Aussendung "heftige Kritik" an der Wiedereinführung des "Maskenzwangs". Der neue Gesundheitsminister habe "offenbar vor den Corona-Hysterikern und den um ihre Bildschirmpräsenz fürchtenden 'Experten' kapituliert", meinte Parteichef Herbert Kickl. Aus seiner Sicht wurden die Corona-Richtlinien "völlig evidenzbefreit und ohne Not verschärft". Denn "trotz der exzessivem Testen geschuldeten hohen Zahlen an positiven Testergebnissen sei eine Überlastung der Spitäler nicht einmal ansatzweise vorhanden oder zu befürchten", befand Kickl.
Zurückhaltung in den Bundesländern
Höchst zurückhaltend zeigten sich am Freitag hingegen die Bundesländern. So wollte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, am Freitagabend angesichts vieler offener Fragen kein Statement abgeben. Man wolle den konkreten Verordnungstext abwarten, bevor man sich äußere, hieß es aus Wallners Büro gegenüber der APA.
Für den Handelsverband ist die neuerliche generelle Maskenpflicht "zumindest das geringere Übel". Mit FFP2-Maske sei der Einkauf, wie unzählige Studien zeigten, sicher. Gelten müsse die Pflicht auch in der Nachtgastronomie, merkte Geschäftsführer Rainer Will an, "sonst verfehlt die Maßnahme ihre Wirkung". Zudem plädierte er für eine Änderung der Quarantänebestimmungen - leide der Handel doch auch unter den Personausfällen. Will bekräftigte den Vorschlag der verpflichtenden Freitestung nach für infizierte Arbeitnehmer nach fünf Tagen.
Zusammenfassung
- Die Wiedereinführung der Maskenpflicht hat der Regierung scharfe Kritik eingetragen.
- Seitens der Opposition zeigten sich NEOS verärgert über den wechselhaften Kurs.
- Die SPÖ hielt der Regierung vor, dass die Verantwortung dafür auf "falsche Prognosen" abschieben wolle.
- Die FPÖ kritisierte die wieder aufgenommene Corona-Schutzmaßnahme an sich.