Kosovos Präsidentin pocht in Wien auf Anerkennung
Van der Bellen seinerseits nannte das Verhältnis zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Osmani ein "Problem auf dem Weg in die Europäische Union, das beseitigt werden muss". Der Bundespräsident bot Serbien und dem Kosovo die Hilfe Wiens an und sicherte dem EU-Sonderbeauftragten für den Westbalkan, Miroslav Lajcak, Unterstützung zu. Mit Blick auf "viele furchtbare Wunden" der Vergangenheit zeigte er Verständnis. "Beide Seiten werden schwierige Konzessionen machen müssen", sagte Van der Bellen.
"Der Kosovo wird seine Souveränität niemals aufgeben", betonte Osmani. Grenzänderungen auf dem Balkan als möglicher Lösung noch ungelöster Konflikte, die immer wieder ins Gespräch gebracht werden, erteilte sie zugleich eine klare Absage.
Der Kosovo war früher eine serbische Provinz. Er hatte sich im Februar 2008 nach dem Kosovo-Krieg 1998/99, in den die NATO aufseiten der Kosovo-Albaner gegen das damalige Rest-Jugoslawien eingriff, und Jahren unter UNO-Verwaltung für unabhängig von Serbien erklärt. Eine Verhandlungslösung mit Serbien, was die Zukunft des Kosovo betrifft, war nicht zustande gekommen. Serbien erkennt den Kosovo nach wie vor nicht als unabhängigen Staat an, ebenso die EU-Mitglieder Spanien, Slowakei, Rumänien, Griechenland und Zypern.
Verhandlungen zwischen Serbien und dem Kosovo unter EU-Vermittlung wurden jüngst auf höchster Ebene mit dem neuen kosovarischen Regierungschef Albin Kurti und Serbiens Präsident Aleksandar Vucic wieder aufgenommen. Sie sollen zu einer Normalisierung der Beziehungen führen. Die EU hat dies implizit zur Voraussetzung für einen EU-Beitritt beider Länder gemacht. Die jahrelangen Verhandlungen wurden aber in der Vergangenheit mehrmals unterbrochen und erzielte Vereinbarungen nicht umgesetzt. Dabei geht es vor allem um die Rechte der im Kosovo lebenden, serbischen Minderheit.
Präsidentin Osmani betonte in Wien insbesondere auch, dass das Schicksal von rund 1.600 im Krieg vermissten Kosovo-Albanern im Normalisierungsdialog geklärt werden müsse. Sie beklagte, dass Vucic wegen des Krieges bisher nicht um Verzeihung gebeten oder Reue seitens Serbiens gezeigt habe. Sie forderte ihren serbischen Amtskollegen auf, eine Blume an der Stelle eines Massengrabes, das auf einem Polizeistützpunkt im Belgrader Vorort Batajnica entdeckt wurde, niederzulegen. Aus dem Massengrab waren vor 20 Jahren mehr als 700 Leichen von Kosovo-Albanern geborgen worden, die dort während des Krieges begraben wurden.
Der Kosovo gehört neben Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien und Bosnien-Herzegowina zu den sechs Westbalkan-Ländern, die der EU beitreten wollen. Er ist jenes Land, das auf dem Weg der Integration am wenigsten weit fortgeschritten ist. Österreich ist ein Befürworter der EU-Annäherung aller "Westbalkan-Sechs".
Serbien - und auch Montenegro - führen bereits EU-Beitrittsgespräche. Gespräche mit Albanien und Nordmazedonien sollten aufgenommen werden, sind aber wegen eines Streits zwischen Nordmazedonien und dem EU-Mitglied Bulgarien blockiert. Die übrigen zwei der "Westbalkan-Sechs", Bosnien-Herzegowina und der Kosovo, haben Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU geschlossen. Beide gelten als "potenzielle Beitrittskandidaten". Im Gegensatz zu Bosnien hat der Kosovo noch keinen EU-Beitritt beantragt und wartet zudem seit Jahren darauf, dass die EU-Staaten den Bürgern des Kosovo - zu 90 Prozent ethnische Albaner - Visa-Erleichterungen gewähren. Das war auch Thema beim Besuch Osmanis in Wien.
Der Kosovo hat erwiesener Maßen die Kriterien für die Visa-Liberalisierung erfüllt. Im Rat der EU-Innen- und Justizminister blockieren jedoch mehrere Mitgliedssaaten das endgültige Grüne Licht dafür. Van der Bellen nannte diese "Widerstandsländer" und zeigte wenig Verständnis dafür, dass die Lockerung der Visa-Bestimmungen für ein Land mit zwei Millionen Einwohnern ernsthaft als Gefahr gesehen werde. Osmani sprach von einer ungerechten Behandlung: "Der Kosovo hat sich die Visa-Liberalisierung verdient." Ausdrücklich dankte der Gast Österreich für die frühe Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo wenige Tage nach der Ausrufung, die Unterstützung bei der EU-Annäherung und die jüngste Hilfe bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie mit der Lieferung medizinischer Ausrüstung und bei der Beschaffung von Impfstoff.
Zusammenfassung
- Am Ende der Gespräche des Kosovo zur Normalisierung der Beziehungen zu Serbien unter EU-Vermittlung müsse die gegenseitige Anerkennung Serbiens und des Kosovo als souveräne Staaten stehen.
- Darauf hat die kosovarische Präsidentin Vjosa Osmani-Sadriu am Dienstag in Wien gepocht.
- "Das ist die einzige Lösung, die Frieden und Stabilität für die gesamte Region bringen wird", sagte Osmani nach einem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen.