Kocher rudert zurück, Frauen sollen trotzdem aus der Teilzeit
Bei den Doorsteps vor dem Ministerrat ruderte Arbeitsminister Martin Kocher zurück. Er wollte eine Debatte um Teilzeit und Vollzeit, aber es sei nie seine Intention gewesen, Frauen und Müttern "etwas wegzunehmen". Mütter mit Betreuungspflichten seien natürlich tabu. Ihm gehe es dabei vor allem um junge Menschen ohne Betreuungspflichten oder gesundheitliche Einschränkungen.
Am Vortag entflammte eine Diskussion rund um ein Interview Kochers, in dem er erklärte, Teilzeit-Arbeit weniger attraktiv machen zu wollen, indem Sozialleistungen gekürzt werden würden. In Österreich würden vor allem Mütter und Frauen Teilzeit arbeiten, unter anderem auch weil nur 50 Prozent aller Kinderbetreuungsplätze mit Vollzeitarbeit vereinbar seien.
Kocher will Vollzeit-Arbeit attraktiver machen, um so dem kommenden Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Grundsätzlich zeigte sich Kocher froh, dass nun eine Debatte geführt werde. Er wolle den Wohlstand erhalten.
Ökonominnen stimmen Kocher zu, dass mit der kommenden Überalterung der österreichischen Bevölkerung das Sozialsystem überlastet sei. Es bräuchte mehr Erwerbstätige, um das Sozialsystem aufrecht zu erhalten.
Aber um Vollzeitarbeit attraktiver zu machen, bräuchte es andere Maßnahmen: Sozialleistungen für Teilzeit zu kürzen, würde vor allem Frauen schaden - um diese in die Vollzeitarbeit zu bringen, bedürfe es anderer Maßnahmen, wie einem Ausbau des Betreuungsangebots für Kinder.
"Leuten muss klar werden, was 20-Stunden-Verpflichtung für Pension bedeutet"
PULS 24 Anchor Daniel Retschitzegger spricht mit der Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria Monika Köppl-Turyna.
Während viele sich die Teilzeitbeschäftigung nicht aussuchen, bleibe ein Teil auch absichtlich unter einer Verdienstgrenze von unter 11.000 Euro, um weniger Steuer zu zahlen, so die Ökonomin im Interview. Es bräuchte mehr Bewusstsein, was das für die Pension bedeutet. Aber es gäbe zwei Ebenen in der Diskussion: Man müsse es allen ermöglichen, Vollzeit zu arbeiten und dafür auch positive Anreize setzen.
Jede zweite Frau betroffen
Die Ökonomin der Arbeiterkammer, Katharina Mader, sieht die Maßnahme Kochers nicht zielführend. 80 Prozent der Frauen würden Teilzeit arbeiten, das sei jede Zweite.
AK-Ökonomin Katharina Mader rechnet bei PULS 24 Anchor Daniel Retschitzegger vor, dass Frauen sich die Teilzeitarbeit wegen Kinderbetreuung oder Pflege nicht aussuchen.
Das Problem findet die Ökonomin ist ein anderes: Physische und psychische Belastung sei in gewissen Branchen zu groß, die Vereinbarkeit von Arbeit und Betreuungspflichten sei nicht gegeben. In diesen Bereichen wären Veränderungen notwendig, um von einer Attraktivierung zu sprechen.
Freiwilligkeit sei nicht messbar und deshalb sei es unmöglich festzustellen, ob jemand freiwillig Teilzeit arbeiten würde, so Mader.
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Zusammenfassung
- Jede zweite Frau in Österreich würde Teilzeit arbeiten, so die Ökonomin Katharina Mader von der Arbeiterkammer.
- Kochers Vorstoß würde in erster Linie Frauen treffen, auch wenn das nicht seine Absicht wäre.