Klimapolitik-Experte Steurer: Klimaproteste nerven zu Recht
Die Klimaaktivist:innen würden zu Recht auf die bevorstehenden Krisen aufmerksam machen, sagt Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik von der Universität für Bodenkultur Wien.
Braune Ski-Pisten würden neben möglichen Ernteausfällen in ihrer Relevanz verblassen. Wann genau solche Einzelereignisse eintreten würden, sei schwer zu sagen, aber wenn die Erderwärmung bis 2100 über 1,5 Grad ansteigt, also das sogenannte 1,5-Grad-Ziel nicht erreicht wird, sei das schon in den 2030er Jahren wahrscheinlich.
Die Aktionen der Klimaaktivist:innen unterstützt der BOKU-Professor ausdrücklich. Diese jungen Menschen würden die Klimakrise sehen und verstehen, sie seien zu Recht besorgt.
"Feueralarm in einer brennenden Welt"
Demonstrationsformen wie Massendemonstrationen oder Kundgebungen hätten nicht funktioniert und wenig Aufsehen erregt. Die Proteste seien kein Probealarm, sondern ein "Feueralarm in einer brennenden Welt", Klimawissenschaftler könnten diese Alarmiertheit nur bestätigen.
Spätestens in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten werden wir dann alle sehen, dass es heute Zeit gewesen wäre drastisch zu handeln und wir tun das nach wie vor nicht.
"Der Protest muss nerven"
Die Fridays for Future-Bewegung sei an einem toten Punkt angekommen, "Massenmobilisierung ist nach der Pandemie in dieser Form nicht mehr möglich". Es kam auch "sehr schnell" zu einer Vereinnahmung, Politiker:innen, die die Klimakrise weiter vorantrieben, ließen sich mit der Bewegung fotografieren und stellten sich öffentlich nicht gegen sie. Steurer findet, dass die Proteste unangenehm sein müssen, "damit die Gesellschaft auf ihrem Tiefschlaf aufwacht".
Die Klimakrise würde sich "hier, jetzt und heute abspielen".
Was wir jetzt sehen, ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was kommt.
Auch Bürgerrechtsbewegung "nervte"
Steurer vergleicht die Protest-Bewegung mit der amerikanischen Bürgerrechtsbewerbung, die für die Gleichstellung von Schwarzen in den USA kämpfte. Es sei nicht kontraproduktiv, die weiße Mehrheitsgesellschaft hatte die damalige Bewegung als genauso unangenehm wahrgenommen.
Damals habe es auch geheißen, dass die Proteste der Bewegung nichts bringen würden, heute weiß man, dass das Gegenteil der Fall war. Ohne die Proteste hätten Schwarze ihre Rechte erst viel später bekommen.
Chancenlos ohne neue Klimapolitik
Die österreichische Klimapolitik würde ihre selbst gesteckten Ziele ohne Kehrtwende verfehlen, so der Experte. Österreich könne seine Emissionen bis 2030 "ohne Wunder" nicht halbieren. Es bräuchte mutige Maßnahmen, wie ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen. Das sei nicht populär, aber es würde etwas bringen.
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Zusammenfassung
- Braune Ski-Pisten würden in Zukunft Österreichs geringstes Problem darstellen, sagt Klimapolitik-Experte Reinhard Steurer im Interview mit PULS 24.
- Die Proteste der Klimaaktivist:innen müssen nerven, anders würde die Bevölkerung die Klimakrise verschlafen.
- Auch würde die österreichische Klimapolitik ihre selbst gesteckten Ziele ohne Kehrtwende verfehlen, so der Experte.