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Keine Mehrheit im Deutschen Bundestag für Taurus-Lieferung an Ukraine

Die Union ist im Deutschen Bundestag erneut mit ihrem Antrag auf Lieferung deutscher Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine gescheitert. Eine Mehrheit der Abgeordneten votierte am Donnerstag gegen die Initiative von CDU und CSU. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verteidigte in der Debatte das Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Lieferung.

"Zeitenwenden sind nichts für politische Spielernaturen. Gebraucht wird Verstand, Besonnenheit und Klarheit. Und das tut der Bundeskanzler in der Abwägung, die er als Regierungschef hat", sagte Mützenich. An der Abstimmung beteiligten sich 687 Abgeordnete. Gegen die Lieferung stimmten 494 Parlamentarier, 188 waren dafür, darunter FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki und die liberale Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sowie drei Abgeordnete der CDU/CSU. Zudem gab es fünf Enthaltungen, darunter drei weitere Unions-Parlamentarier. Die Unionsfraktion zählt 197 Abgeordnete.

Das Taurus-System zeichnet sich durch eine hohe Reichweite von 500 Kilometern und durch eine große Präzision aus. Die Waffe ermöglicht es damit, weit hinter der Front russische Munitionsdepots, geschützte Kommandostellen und kriegswichtige Infrastruktur zu zerstören. Als ein Beispiel wurde wiederholt die 19 Kilometer lange Brücke von Kertsch genannt. Sie verbindet die 2014 völkerrechtswidrig einverleibte Krim und das russische Festland. Gegner einer Lieferung verweisen auf eine mögliche Eskalation.

Die Union warb dagegen am Donnerstag im Bundestag vehement dafür, der von Russland angegriffene Ukraine mit der Lieferung der Marschflugkörper zu helfen. Es brauche Entschlossenheit und Klarheit in der Unterstützung der Ukraine, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul (CDU). Er sagte an die Adresse der SPD: "Ihre vermeintliche Besonnenheit hat Herrn Putin immer nur wieder befeuert in seiner Aggression gegen die Ukraine. Das ist das Resultat."

Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Agnieszka Brugger, kündigte zwar an, dass ihre Fraktion dem Antrag der Union nicht zustimmen werde. Zugleich befürwortete sie diese Forderung aber. Eine Gruppe von Grünen-Abgeordneten fordert in einer persönlichen Erklärung die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine. In dem knapp dreiseitigen Papier, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt, heißt es: "Wir unterstützen ausdrücklich Überlegungen hinsichtlich eines Ringtausches und ermutigen die Bundesregierung, diesen Weg zu gehen, um Frieden und Sicherheit für Europa und Deutschland langfristig zu sichern." Zuvor hatte das Portal "The Pioneer" darüber berichtet.

Dem Vernehmen nach sollte es bis zum Donnerstagmittag 30 oder mehr Unterzeichnerinnen und Unterzeichner geben, darunter Robin Wagener, Anton Hofreiter, Sebastian Schäfer, Sara Nanni, Katrin Göring-Eckardt, Franziska Brantner, Chantal Kopf, Philipp Krämer und Janosch Dahmen. Die Grünen-Fraktion hat 118 Sitze. "Für den Frieden und die Sicherheit in Europa ist entscheidend, dass Wladimir Putin und sein Regime mit ihrem genozidalen Angriffskrieg gegen die Ukraine scheitern. Dass die Ukraine ihren Befreiungs- und Verteidigungskampf gewinnt", heißt es in der Grünen-Erklärung.

Die Erklärung bekräftigt zunächst einen Beschluss der Ampel-Fraktionen aus dem Februar zur Lieferung weitreichender Waffensysteme, in dem der Taurus aber nicht namentlich genannt wurde. In der Grünen-Erklärung heißt es dazu: "Diese Fähigkeiten braucht es zusätzlich zur dringend benötigten Artilleriemunition, um die russischen Angriffstruppen auf Abstand zu halten, russische Angriffsfähigkeiten zu mindern, Angriffe auf die Menschen und die zivile Infrastruktur zu verringern, die freie Passage im westlichen Schwarzen Meer sicherzustellen." Sie seien relevant, um die Verteidigungsfähigkeiten der Ukraine insgesamt zu stärken. "Wir begrüßen daher die Lieferung europäischer und amerikanischer Marschflugkörper. Die Sonderausschusssitzung des Verteidigungsausschusses am 11.03.2024 bestärkt uns in der Überzeugung, dass auch Deutschland diese Fähigkeiten mit dem Marschflugkörper Taurus zur Verfügung stellen kann und sollte."

Von einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion für eine sofortige Taurus-Lieferung distanzierten sich die Unterzeichner ausdrücklich, da der Ampel-Antrag vom Februar bereits die nötigen Weichen gestellt habe. "Daher stimmen wir dem Antrag der CDU/CSU gemäß der Beschlussempfehlung nicht zu." Vor allem bei FDP und Grünen gibt es seit Monaten viele Befürworter einer Lieferung. Der Kanzler hatte dagegen argumentiert, dass ein Einsatz der Marschflugkörper nur mit Beteiligung deutscher Soldaten möglich wäre. Damit würde jedoch das Risiko steigen, dass Deutschland in den Ukraine-Krieg hineingezogen wird. Ablehnung gab es auch von der AfD und von der Linken.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Union scheitert im Bundestag mit dem Antrag auf Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine, 495 zu 190 Stimmen bei 5 Enthaltungen.
  • Die SPD verteidigt die Entscheidung gegen die Waffenlieferung, während eine interne Gruppe der Grünen den Vorschlag unterstützt und auf die Sicherung von Frieden und Sicherheit in Europa hinweist.
  • Trotz Befürwortung durch Teile der FDP und Grünen, lehnen SPD, AfD und Linke die Lieferung ab, aus Sorge vor einer Eskalation des Konflikts und einer direkten Beteiligung Deutschlands am Krieg.