Kein Reisepass für verurteilten Neonazi Gottfried Küssel
Die Passbehörde stützt sich dabei auf eine Bestimmung im Passgesetz, die vorsieht, dass einem Passwerber das Dokument dann zu versagen ist, wenn davon auszugehen ist, dass dieser bei einem Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit Österreich gefährden würde. Für Rechtsanwalt Michael Dohr, den Rechtsvertreter Küssels, ist diese Begründung hanebüchen. Er will die Entscheidung bekämpfen.
Die Sache befinde sich aber noch im Prüfstadium, eine endgültige behördliche Entscheidung liege noch nicht vor, hieß es am Donnerstagnachmittag seitens der MA 62. Wie der stellvertretende Abteilungsleiter Christian Ruzicka gegenüber der APA erläuterte, sei das Verfahren noch im Laufen. Mit einer Entscheidung sei "innerhalb der gesetzlichen Frist" zu rechnen, sagte Ruzicka.
Pass 2016 entzogen
Küssel hatte Mitte August 2023 bei der MA 62 einen Reisepass beantragt. Im Zusammenhang mit seiner letzten - von insgesamt drei - Verurteilungen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung waren ihm im Sommer 2016 Pass und Personalausweis entzogen worden. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bestätigte später diese Entscheidung. Als Küssel - eine Schlüsselfigur der Neonazi-Szene im deutschsprachigen Raum - nach Verbüßung von sieben Jahren und neun Monaten Haft im Jänner 2019 aus dem Gefängnis entlassen wurde, hatte er keine Möglichkeit, sich legal ins Ausland zu begeben.
MA 62 bleibt bei Entscheidung
Aus Sicht der MA 62 wird sich daran vorerst auch nichts ändern. Die Behörde verweist nicht nur auf das einschlägig getrübte Vorleben des Passwerbers, das auf eine Gefahr für die Sicherheit der Republik schließen lasse, sollte man ihm Reisen ins Ausland ermöglichen.
Zusätzlich ließ die Passbehörde eine Stellungnahme der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) einholen. Dort wird zunächst ausgeführt, Küssel habe seit dem Frühjahr 2020 an zahlreichen regierungskritischen, insbesondere gegen die Covid-19-Maßnahmen gerichteten Veranstaltungen teilgenommen. Vor allem bei Demonstrationen in Eisenstadt sei er als "Anmelder und Verantwortlicher" in Erscheinung getreten: "Bei diesen Kundgebungen wurden unter anderem verschwörungstheoretische und antisemitische Erzählungen propagiert."
Außerdem habe sich Küssel mit anderen Organisatoren von Anti-Covid-19-Protesten abgestimmt, wobei dabei "auch gewaltsame Aktionen angedacht bzw. propagiert wurden", hält die DSN fest.
Küssel sei weiters im Internet und in sozialen Medien aktiv und steche dabei als Regierungskritiker sowie mit rechtsradikalen Ansichten hervor, "welche allerdings bis dato noch zu keinen Anzeigen nach dem StGB (Strafgesetzbuch, Anm.) oder VG (Verbotsgesetz, das die nationalsozialistische Wiederbetätigung unter Strafe stellt, Anm.) geführt haben". Dass der mehrfach in diese Richtung Vorbestrafte weiter Teil eines rechten Netzwerkes ist, ist zumindest laut DSN unstrittig: "Abschließend sei angemerkt, dass Küssel nachweislich mit weiteren Personen aus der österreichischen rechtsextremen Szene über die letzten Jahre (insbesondere seit Frühjahr 2020) Kontakte pflegte."
Anwalt spricht von Lebenswandel
Küssels Rechtsvertreter Michael Dohr hält dem entgegen, dass sich der mittlerweile 65-Jährige seit seiner Enthaftung wohl verhalten habe: "Er hat einen intensiven Lebenswandel erlebt und ist nunmehr seit Jahren ein rechtstreuer österreichischer Staatsbürger". Küssel stehe daher "wie jedem seiner Mitbürger" ein Pass zu. Dass er sich wegen der Covid-19-Maßnahmen regierungskritisch betätigt habe, sei für sich allein nicht geeignet, "einem rechtstreuen Staatsbürger die Ausstellung eines gewöhnlichen Reisepasses zu versagen". Küssel habe zu keinem Zeitpunkt gewaltsame Aktionen propagiert, er sei in dahin gehende Erwägungen von Maßnahmengegnern nicht eingebunden gewesen. Vielmehr sei Küssel "ein friedvolles Vorgehen ein besonderes Anliegen", betont Dohr, der darüber hinaus versichert, sein Mandant bewege sich im Internet "ausschließlich im Rahmen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsfreiheit".
Gegenüber der APA bekräftigte Dohr, er werde sich weiter um einen Pass für Küssel - seit kurzem ASVG-Pensionist - einsetzen. Eine bloß regierungskritische Haltung dürfe nicht geeignet sein, jemandem ein Reisedokument zu verweigern: "Ansonsten hätten wir autoritäre Verhältnisse, welche in einer demokratischen Republik jedoch wohl glücklicherweise nicht zu erwarten sind."
Zusammenfassung
- Die Stadt Wien verweigert Gottfried Küssel die Ausstellung eines Reisepasses.
- Küssel stehe daher "wie jedem seiner Mitbürger" ein Pass zu.