Neue Gaza-Waffenruhe-Gespräche in Kairo
Laut israelischen Medienberichten nehmen an den Verhandlungen am Freitag in Kairo auch Vertreter der Vermittler USA und Ägypten teil. Israel und die radikalislamische Hamas verhandeln nicht direkt miteinander; die USA, Katar und Ägypten treten in den Gesprächen als Vermittler auf. Das israelische Verhandlungsteam war bereits zu der vorangegangenen Verhandlungsrunde nach Doha gereist, die Hamas hingegen lehnte eine Teilnahme ab und schickt offenbar auch keinen Vertreter nach Kairo.
Die neuen Gespräche folgen auf den jüngsten Besuch von US-Außenminister Antony Blinken in der Region sowie ein Telefonat zwischen US-Präsident Joe Biden und dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu. Angesichts des bereits seit mehr als zehn Monaten andauernden Krieges hatte Biden Netanyahu am Mittwoch gedrängt, rasch zu einer Vereinbarung zu gelangen, nachdem Blinken ohne konkrete Aussicht auf ein Abkommen aus der Region abgereist war. Das geplante Abkommen umfasst neben einer Waffenruhe die Freilassung der verbliebenen Geiseln in der Gewalt der Hamas und die Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen.
Einer der Streitpunkt ist jedoch die Dauer der israelischen Armee-Präsenz im Gazastreifen - insbesondere die von Israel beanspruchte dauerhafte Kontrolle der südlichen Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten, des sogenannten Philadelphi-Korridors. Israel will damit eine Wiederbewaffnung der Hamas über Tunnelrouten entlang der Grenze unterbinden, um weitere Angriffe auf sein Staatsgebiet wie am 7. Oktober zu verhindern.
Während in Kairo neue Gespräche geführt wurden, bekräftigte der Hamas-Vertreter Osama Badran die Forderung seiner Organisation. Die Hamas werde "nichts weniger als den Rückzug der Besatzungstruppen (aus dem Gazastreifen), einschließlich Philadelphi" akzeptieren, sagte Badran am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Netanyahu warf er vor, "keine endgültige Einigung" erzielen zu wollen, deshalb rücke er nicht von seiner Position hinsichtlich des Philadelphi-Korridors ab.
Augenzeugen berichteten am Freitag von andauernden Kämpfen im Norden des Gazastreifens sowie von schwerem Beschuss im Zentrum und im Süden nahe der Stadt Rafah. Die israelische Armee erklärte am Freitag, dass ihre Einheiten im Laufe des vergangenen Tages "Dutzende" von Kämpfer in der Gegend von Khan Younis und Deir el-Balah im Zentrum des Gazastreifens getötet hätten. Das von der Terrororganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium im Gazastreifen bestätigte den Tod von mindestens 47 Palästinensern. Aus Sicherheitskreisen verlautete, dass es sich bei den meisten Toten um Zivilisten handle. Die Kassam-Brigaden, der militärische Arm der Hamas, teilte unterdessen mit, sie hätten bei einem Angriff in Rafah mehrere israelische Soldaten getötet und verwundet.
Auch im Norden Israels kam es wieder zu gegenseitigem Beschuss zwischen der Armee und der mit der Hamas verbündeten Hisbollah-Miliz. Die Hisbollah erklärte, Militärstandorte der israelischen Armee im Grenzgebiet angegriffen zu haben. Libanesischen Behördenangaben zufolge wurden bei israelischen Angriffen auf den Libanon mehrere Menschen getötet. Bei einem Angriff in Aita al-Jabal im Südlibanon wurden ein siebenjähriges Kind und ein weiterer Mensch getötet, wie das Gesundheitsministerium in Beirut berichtete. Das israelische Militär gab an, in Aita al-Jabal einen "bedeutenden Hisbollah-Terroristen" getötet zu haben.
Bei einem anderen Angriff auf den Ort Tayr Harfa unweit der israelischen Grenze im Süden des Libanons wurden außerdem drei Personen getötet. Laut libanesischen Sicherheitskreisen handelte es sich dabei um Kämpfer der Hisbollah. Die Schiitenmiliz erklärte drei ihrer Kämpfer für tot. Das israelische Militär teilte nur mit, eine "Terrorzelle" in Tayr Harfa angegriffen und "eliminiert" zu haben. Sie habe Geschosse auf israelisches Territorium abgefeuert, wie es hieß. Die Armee habe darüber hinaus mit Artillerie auf die Gegend um Shebaa im Libanon gefeuert. Bei weiteren Angriffen in den libanesischen Orten Mais al-Jabal und Aitaroun wurden zwei weitere Hisbollah-Kämpfer getötet.
Zusammenfassung
- Eine israelische Verhandlungsdelegation führt in Kairo Gespräche über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen. Die USA und Ägypten treten als Vermittler auf.
- US-Präsident Joe Biden drängte den israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu am Mittwoch zu einer raschen Vereinbarung. Ein Streitpunkt ist die Kontrolle des Philadelphi-Korridors.
- Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen und im Libanon wurden zahlreiche Menschen getötet, darunter mindestens 47 Palästinenser und ein siebenjähriges Kind im Südlibanon.