Italiens Kulturminister Sangiuliano tritt nach Affäre zurück
Die 42-jährige Influencerin Maria Rosaria Boccia behauptete, der Minister habe sie als Beraterin für das Kulturministerium für das von Italien organisierte Gipfeltreffen der G7-Kulturminister in Pompeji vom 19. bis zum 21. September ernannt. In dieser Rolle habe sie Zugang zu vertraulichen Dokumenten erhalten, behauptete sie.
Der Skandal brach aus, als das Kulturministerium in Rom Boccias Nominierung dementierte. Die kaltgestellte Influencerin begann daraufhin umgehend ihren Rachefeldzug: So behauptete sie den Minister bei mehreren Reisen begleitet zu haben, die vom Kulturministerium bezahlt wurden.
Dies wurde von Sangiuliano bestritten. Im Fernsehen gab er am Mittwoch jedoch eine Beziehung zu Boccia zu, die inzwischen zu Ende gegangen sei. In Tränen entschuldigte sich der Minister bei seiner Ehefrau.
Erpressungen?
Laut Boccia gebe es Personen, die Sangiuliano wegen Begünstigungen, die sie von ihm erhalten haben, erpressen. "Ich habe Gespräche mitangehört und Nachrichten von Leuten gelesen, die meiner Meinung nach den Minister erpresst haben", behauptete Boccia in sozialen Netzwerken.
Wegen dieser Aussagen droht ihr jetzt eine Klage wegen Verleumdung. "Der Minister plant rechtliche Schritte gegen diejenigen, die ihn als erpressbar bezeichnen", sagte Boccias Anwalt Silverio Sica am Freitag.
Kolumbus-Sager
Der Streit um die Influencerin ist ein weiterer, schwerer Schlag für das Image Sangiulianos. So hatte er sich im April mit einer Aussage über den Seefahrer und Amerika-Entdecker Christoph Kolumbus blamiert. Bei einem Kulturevent im sizilianischen Taormina behauptete der Minister, dass "Kolumbus auf Grundlage der Theorien von Galileo Galilei die Erde umrunden wollte, um nach Indien zu gelangen".
Der Universalgelehrte wurde jedoch erst 1564 in Pisa geboren, während Kolumbus seine erste Amerika-Reise bereits im August 1492 begann.
Times Square in London?
Schon im April hatte der Kulturminister Kritik auf sich gezogen, als ihm bei der Vorstellung eines neuen Archäologiepfades im Zentrum von Rom ein Fauxpas passierte. Er behauptete, der Times Square befinde sich in London - und nicht in New York.
In einer Erklärung führte er später den Fehler auf die Emotionen des Augenblicks zurück. Zugleich brachte der Politiker seine Absicht zum Ausdruck, in Zukunft vorsichtiger mit seinen Aussagen zu sein.
Nach Sangiulianos Rücktritt könnte es zu einer Regierungsumbildung in dem seit fast zwei Jahren amtierenden Kabinett Meloni kommen. Europaminister Raffaele Fitto wird als EU-Kommissar nach Brüssel ziehen, sein Ressort muss daher nachbesetzt werden.
Meloni könnte auch Tourismusministerin Daniela Santanche ersetzen. Gegen die Ministerin aus den Reihen der Meloni-Partei wird in Zusammenhang mit dem betrügerischen Bankrotts einer Verlagsgruppe ermittelt, die Santanche vor ihrer Zeit als Ministerin geführt hatte.
Zusammenfassung
- Der italienische Kulturminister Gennaro Sangiuliano ist nach einer Affäre mit der 42-jährigen Influencerin Maria Rosaria Boccia zurückgetreten. Er kündigte seinen Rücktritt nach einem Gespräch mit Premierministerin Giorgia Meloni an.
- Boccia behauptete, Sangiuliano habe sie als Beraterin für das Kulturministerium ernannt und ihr Zugang zu vertraulichen Dokumenten gewährt. Das Kulturministerium dementierte ihre Nominierung, was einen Skandal auslöste.
- Nach Sangiulianos Rücktritt könnte es zu einer Regierungsumbildung im Kabinett Meloni kommen. Europaminister Raffaele Fitto wird als EU-Kommissar nach Brüssel ziehen, und Tourismusministerin Daniela Santanche könnte ersetzt werden.