Italien will Albanien-Zentren nun für Schubhaft nutzen
Ursprünglich sollten im Mittelmeer aufgegriffene oder gerettete Migranten sofort in die beiden Aufnahmezentren gebracht werden. Dort sollten italienische Beamte im Schnellverfahren über ihre Asylanträge entscheiden.
"Die albanischen Zentren, die derzeit leer stehen, könnten eine Rolle bei der Stärkung des Systems zur Rückführung irregulärer Migranten spielen, die kein Recht auf Aufenthalt in Italien haben", sagte Innenminister Piantedosi der Tageszeitung "La Stampa". So könne man jene "nach Hause schicken, die sonst unsere Städte unsicher machen", ergänzte der Minister. Die Rückführungsdebatte gewinne weltweit immer mehr an Bedeutung. "Jetzt werden wir von Europa aufgefordert, dies zu tun. Endlich. Darüber sollten wir alle froh sein", meinte der parteilose Minister.
Piantedosi zufolge zieht die Umfunktionierung der Zentren in Albanien keine weiteren Investitionen oder Arbeiten nach sich. "Die Einrichtung ist bereits für die Abschiebungen vorbereitet", erklärte der Innenminister. Die italienische Regierung wolle die Zahl der Abschiebungen steigern. "Heute liegen wir bei einem Plus von 35 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr", so Piantedosi.
Aktuell stehen die beiden Lager leer - sehr zum Verdruss der Regierung. Seit deren Eröffnung im Herbst waren dort jeweils nur für wenige Tage Männer interniert, die auf der Überfahrt über das Mittelmeer von der italienischen Küstenwache auf hoher See gestoppt worden waren. Eigentlich soll in Albanien von italienischen Beamten schnell über Asylanträge entschieden und dann auch abgeschoben werden. Das Modell funktionierte bisher jedoch noch nie. Das am südlichen Rand der EU liegende Italien ist für viele Migrantenankünfte und deren Asylanträge zuständig, denn gemäß den sogenannten Dublin-Reglen der EU muss sich das erste EU-Land, wo die Menschen ankommen, darum kümmern.
Pläne schon drei Mal von der Justiz gestoppt
Die Justiz in Rom hatte die ursprünglichen Pläne der Regierung unter Meloni seit Oktober schon drei Mal gestoppt. Daraufhin mussten alle 66 Männer, die zunächst nach Albanien transportiert worden waren, erst wieder nach Italien gebracht werden. Genau das wollte die Regierung vermeiden.
Italien ist bisher das einzige Land der Europäischen Union, das Migrantenlager außerhalb der EU errichtet hat und zwecks Behandlung von Asylanträgen außerhalb der EU betreiben wollte. Andere europäische Regierungen verfolgen die Pläne aufmerksam. Nach dem Einschreiten der italienischen Justiz befasst sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dem Fall. Einen Termin für das Urteil gibt es bisher nicht.
Die Kosten für Bau und Betrieb der Lager werden auf mehr als 650 Millionen Euro beziffert. Im Prinzip ist dort Platz für mehr als 1.200 Migranten. Für die bisherigen Pläne ließe ließ die Regierung bisher nur erwachsene Männer aussuchen, die aus ihrer Sicht aus sicheren Herkunftsstaaten kommen. Frauen und Kinder wurden nicht dorthin gebracht.
Dazu tobt ein heftiger Streit zwischen Italiens Regierung und Justiz. Im Kern geht es darum, wer festlegen darf, ob ein anderer Staat als sicheres Herkunftsland gilt oder nicht. Viele Migranten schaffen die gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer nicht und kommen ums Leben.
Zusammenfassung
- Italiens Premier Giorgia Meloni plant, die albanischen Zentren zur Abschiebung von Flüchtlingen zu nutzen, deren Asylanträge abgelehnt wurden. Innenminister Piantedosi bestätigte, dass die Einrichtungen keine weiteren Investitionen benötigen.
- Die italienische Regierung verzeichnete eine 35-prozentige Steigerung der Abschiebungen im Vergleich zum Vorjahr, während die Justiz in Rom die ursprünglichen Pläne dreimal stoppte.
- Die Kosten für die albanischen Lager betragen über 650 Millionen Euro, und der Europäische Gerichtshof befasst sich aktuell mit dem Fall.