Bewohner kehren nach Israels Abzug zurück in den Südlibanon
Die Waffenruhe, die Ende November nach einem Jahr des Kriegs zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah vereinbart worden war, sah unter anderem einen vollständigen Abzug der israelischen Truppen aus dem Libanon bis heute vor. Die Frist wurde Ende Jänner bereits einmal verlängert.
Israel begründete den Verbleib in fünf Posten in Grenznähe damit, dass die libanesische Armee nicht schnell genug nachgerückt sei und damit ihre Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Verteidigungsminister Israel Katz teilte mit, Israel werde "in einer Pufferzone im Libanon in fünf Stützpunkten mit Überblick bleiben und mit Kraft und ohne Kompromisse gegen jeglichen Verstoß durch die Hisbollah vorgehen". Man sei fest entschlossen, die Sicherheit der Einwohner des israelischen Nordens zu gewährleisten. Daher würden auch viele weitere Posten auf der israelischen Grenze eingerichtet und mit Truppen verstärkt, sagte Katz nach Angaben seines Büros.
Aktiven Beschuss auf Israel gab es während der Waffenruhe nicht mehr. Libanons Armee warf Israel jedoch wiederholt Angriffe auf libanesisches Gebiet vor. Auch der Hisbollah wurden wiederholt Verstöße vorgeworfen. Während der Waffenruhe wurden bei israelischen Luftangriffen im Libanon mehrere Menschen getötet.
Libanon fordert vollständigen Abzug der israelischen Truppen
Die libanesische Führung bekräftigte die Forderung nach einem kompletten Abzug. Nach einem Treffen des Präsidenten Joseph Aoun, des Premiers Nawaf Salam und des mit der Hisbollah verbündeten Parlamentspräsidenten Nabih Berri teilte sie dies in einer Stellungnahme mit. Man sehe die fortwährende israelische Präsenz auf libanesischem Boden als Besatzung, hieß es.
Aoun teilte mit, der Libanon arbeite durch diplomatische Kontakte mit den USA und Frankreich daran, den vollständigen Truppenabzug Israels voranzutreiben. "Die Libanesen sind müde, zwischen Barrikaden zu leben, nachdem sie einen hohen Preis bezahlt haben."
Hisbollah-Chef Naim Qassem hatte Israel in einer Fernsehansprache gedroht: Sollten ihre Truppen über den 18. Februar hinaus im Libanon bleiben, handle es sich um eine Besatzung - und jeder wisse, "wie mit einer Besatzung umgegangen wird".
Auch die Vereinten Nationen kritisierten den verzögerten Abzug der israelischen Truppen aus dem Libanon. "Eine weitere Verzögerung dieses Prozesses ist nicht das, was wir uns erhofft hatten", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der UNO-Beobachtermission UNIFIL im Libanon und der zuständigen UNO-Sonderkoordinatorin Jeanine Hennis-Plasschaert. Positiv bewerteten sie den israelischen Rückzug aus Wohngebieten und den Einsatz der libanesischen Armee.
Bewohner kehren unter Freudengesang zurück
Nachdem Abzug der israelischen Truppen teilte die libanesische Armee mit, sie sei in von Israel geräumte Ortschaften nachgerückt. Das Militär nannte dabei die Orte Abbasiya, Kfar Kila Marj Ajun, Adaissa, Markaba, Hula, Mais al-Jabal, Blida, Marun al-Ras, Jarun und Bint Jubail.
Die Armee räumte Straßen frei und beseitigte nach eigenen Angaben Minen und nicht explodierte Sprengkörper, um die Rückkehr der Bewohner vorzubereiten. Viele kehrten nach mehr als einem Jahr Abwesenheit unter Freudengesang zurück, wie Augenzeugen berichteten. Viele der Orte wurden zum Teil massiv beschädigt. "Wir wissen, dass wir in unseren Häusern vielleicht nichts vorfinden werden, aber zumindest sind wir wieder auf unserem Land und werden wiederaufbauen, was wir verloren haben", sagte ein Bewohner eines der Grenzdörfer einem lokalen Fernsehsender.
Nach dem von der islamistischen Hamas angeführten Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 hatte die Hisbollah begonnen, den Norden Israels mit Raketen zu beschießen. Der Konflikt eskalierte im September 2024 und entwickelte sich zu einem blutigen Krieg zwischen der Schiiten-Miliz und dem jüdischen Staat. Im Libanon wurden 4.047 Menschen getötet, in Israel 76.
Viele Hisbollah-Anhänger wohnen nahe der Grenze zu Israel
Die libanesische Armee soll gemäß der Vereinbarung militärische Bewegungen der Hisbollah im Grenzgebiet verhindern. Die Miliz soll sich bis hinter den - etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze verlaufenden - Litani-Fluss zurückziehen. Auch dies ist nach israelischer Darstellung bisher nicht vollständig geschehen. Ein Hindernis dabei: Viele der Hisbollah-Anhänger stammen aus Grenzorten und leben dort normalerweise auch.
Zusammenfassung
- Israels Militär hat die meisten seiner Stellungen im Südlibanon geräumt, bleibt aber an fünf strategischen Punkten nahe der Grenze.
- Die libanesische Regierung drängt auf den vollständigen Abzug der israelischen Truppen, während die Waffenruhe seit Ende November andauert.
- Im Konflikt wurden 4.047 Menschen im Libanon und 76 in Israel getötet, was die Dringlichkeit der Friedensbemühungen unterstreicht.
- Die libanesische Armee rückt in die von Israel geräumten Orte vor und bereitet die Rückkehr der Bewohner vor.
- Die Vereinten Nationen kritisieren die Verzögerung des Abzugs und betonen die Notwendigkeit eines vollständigen Rückzugs.