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Israel setzt Angriffe auf Hamas im Gazastreifen fort

Israels Luftwaffe hat nach eigenen Angaben erneut Hunderte Ziele im Gazastreifen bombardiert und mehrere Kommandanten der militanten Palästinenser-Organisation Hamas getötet. Wie das Militär am Dienstag bekannt gab, seien im Verlaufe des vergangenen Tages mehr als 400 "Terrorziele" getroffen worden. Die Hamas meldete 704 getötete Palästinenser in den vergangenen 24 Stunden. Im Zentrum von Israels Küstenmetropole Tel Aviv gab es unterdessen am Dienstag erneut Raketenalarm.

Die Sirenen heulten zweimal in kurzer Abfolge und es waren mehrere dumpfe Explosionen zu hören. Der Rettungsdienst Magen David Adom teilte mit, mehrere Menschen seien leicht verletzt worden, während sie in Schutzräume eilten. Es gebe aber nach ersten Erkenntnissen keine Verletzungen durch die Raketenangriffe selbst.

Militante Palästinenser aus dem Gazastreifen hatten am Dienstag bereits mehrmals den Großraum Tel Aviv sowie weitere israelische Ortschaften mit Raketen angegriffen. Laut Militärangaben sind binnen mehr als zwei Wochen rund 7.000 Raketen von dem Küstenstreifen aus auf Israel abgefeuert worden. Zuletzt waren den Angaben zufolge etwa ein Fünftel der Geschosse in dem Palästinensergebiet selbst eingeschlagen.

Israels Militär rechnet unterdessen mit einem längeren Kampf gegen die Hamas im Gazastreifen. "Wir haben lange Wochen des Kampfes vor uns", sagte Militärsprecher Daniel Hagari am Dienstag. Bisher hat das Militär nur vereinzelt Infanteristen in den Gazastreifen geschickt. Eine größere Bodenoffensive könnte aber folgen. Für die nächste Phase des Krieges sei das Militär "bereit und entschlossen" und warte auf die Anweisungen der Politik, sagte Militärsprecher Hagari. Er fügte hinzu, dass bei den Verhandlungen über die Freilassung der über 200 von der Hamas gefangen genommenen Geiseln Ägypten eine Schlüsselrolle spiele. Die Freilassung habe für Israel oberste Priorität.

Hunderte weitere seien im Gazastreifen bei den nächtlichen Luftangriffen verletzt worden, teilte die Hamas am Dienstag mit. Seit Beginn des Kriegs zwischen der Hamas und Israel vor mehr als zwei Wochen gab das Hamas-Gesundheitsministerium in Gaza an, dass mindestens 5.791 Menschen im Gazastreifen getötet und mehr als 15.000 weitere verletzt worden seien. Diese Zahlen konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Die israelischen Luftangriffe sind eine Reaktion auf den Großangriff der Hamas am 7. Oktober, bei dem israelischen Angaben zufolge rund 1.400 Menschen getötet worden waren. Bei ihrem Angriff verschleppten die Islamisten zudem mehr als 220 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen.

In einer "groß angelegten Operation zur Zerschlagung der terroristischen Kapazitäten der Hamas" habe man Dutzende Hamas-Kämpfer getroffen, die sich darauf vorbereitet hätten, Raketen abzufeuern und Terroranschläge gegen Israel zu verüben, so die israelische Armee am Dienstag auf Telegram. Ein Kampfflugzeug habe zudem einen Tunnelschacht der Hamas bombardiert, der Terroristen einen schnellen Zugang zur Küste ermöglichte, hieß es. Ferner seien in der Nacht Kommandozentralen von Hamas-Aktivisten und Aufenthaltsorte in von der Hamas genutzten Moscheen angegriffen worden. Die stellvertretenden Kommandanten von drei Bataillonen der Islamistenorganisation seien getötet worden.

Die Angriffe dauerten am Dienstag tagsüber weiter an. Bei einem kombinierten Angriff mit Panzern, Hubschraubern und Artillerie seien Hamas-Panzerabwehrraketen sowie Beobachtungsposten zerstört worden, teilte die Armee zu Mittag mit. Außerdem gab es im israelischen Grenzgebiet zum Gazastreifen am Dienstagvormittag wieder Raketenalarm, nachdem Raketen aus dem Gazastreifen abgefeuert worden waren. Davor hatte mehrere Stunden lang Pause geherrscht.

Die USA unterstützen unterdessen Medienberichten zufolge Israel bei der Vorbereitung einer Bodenoffensive im Gazastreifen auch mit der Entsendung hochdekorierter Militärs. So soll unter anderem der Drei-Sterne-General des Marine Corps, James Glynn, die israelischen Streitkräfte im Hinblick auf eine Invasion des dicht besiedelten Gebiets beraten, berichtete das Portal Axios am Montag (Ortszeit). Die Entsendung Glynns, der schon im Irak die Terrormiliz IS bekämpfte, bestätigte das Pentagon auch der "New York Times".

Washington befürchtet nach Angaben der Zeitung, dass eine Bodenoffensive mit hohen Verlusten unter palästinensischen Zivilisten einhergehen könnte. Auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin habe in einem Telefongespräch am Montag mit seinem israelischen Amtskollegen Joav Galant erneut betont, wie wichtig der Schutz von Zivilisten sei, so die Pentagon-Mitarbeiter.

Die US-Regierung hege jedoch auch Zweifel, ob die israelischen Streitkräfte für eine Bodenoffensive bereit seien. Washington befürchte, dass Israel seine militärischen Ziele im Gazastreifen verfehlen könnte, berichtete die Zeitung unter Berufung auf ranghohe US-Regierungsbeamte. Seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober hätten die US-Beamten bei Israel keinen erreichbaren Aktionsplan zur Zerschlagung der islamistischen Organisation erkennen können.

Binnen 24 Stunden wurden im Gazastreifen sechs weitere Mitarbeiter des UNO-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) getötet. Damit starben seit dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem Beginn der israelischen Luftoffensive bereits 35 Mitarbeiter des Hilfswerks in dem Palästinensergebiet, wie das UNO-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) am Dienstag mitteilte.

"Wir trauern und wir denken an sie. Das sind nicht nur Zahlen. Dies sind unsere Freunde und Kollegen", erklärte das UNRWA im Online-Dienst X, ehemals Twitter. Bei vielen Opfern handle es sich um Lehrer, die in vom UNRWA betriebenen Schulen arbeiteten. Auch UNO-Generalsekretär António Guterres trauerte um den Verlust von "35 unserer UNRWA-Kollegen - humanitäre Helfer, Lehrer - die seit dem 7. Oktober im Gazastreifen getötet wurden". "Wir stehen an der Seite der Kollegen, die alles tun was sie können, um Bedürftigen zu helfen", erklärte Guterres auf X.

Fast 590.000 Menschen - fast die Hälfte der mehr als 1,4 Millionen Menschen, die seit dem Beginn der israelischen Luftangriffe innerhalb des Gazastreifens geflohen sind - sind laut dem UNRWA und UNRWA-Einrichtungen untergebracht. Das UNRWA unterstützt rund 5,6 Millionen palästinensische Flüchtlinge im Gazastreifen, im Westjordanland und in Ost-Jerusalem sowie in Jordanien, im Libanon und in Syrien.

ribbon Zusammenfassung
  • Israels Luftwaffe hat nach eigenen Angaben erneut Hunderte Ziele im Gazastreifen bombardiert und mehrere Kommandanten der militanten Palästinenser-Organisation Hamas getötet.
  • Wie das Militär am Dienstag bekannt gab, seien im Verlaufe des vergangenen Tages mehr als 400 "Terrorziele" getroffen worden.
  • Israels Militär rechnet unterdessen mit einem längeren Kampf gegen die Hamas im Gazastreifen.
  • Die Freilassung habe für Israel oberste Priorität.