Ischgl: Schwarz-Rot-Grün-Allianz in Sachen Kommission
Die geplante Expertenkommission zur Untersuchung des Corona-Krisenmanagements Tirols bekommt offenbar einen schwarz-rot-grünen Geburtshelfer. Die Grünen bekundeten am Montag unter Bedingungen ihre Zustimmung zum Vorschlag von SPÖ und ihres Koalitionspartners ÖVP, den Krisenmanager Bruno Hersche und den pensionierten Richter Josef Geisler mit der Zusammensetzung zu beauftragen.
Bis Mittwoch wird ein entsprechender Antrag der drei Parteien mitsamt der Bedingungen ausformuliert und dann bei der Sitzung eingebracht. Eine Mehrheit ist sicher. "Drei Grundbedingungen sind von den Vorsitzenden zu erfüllen: Erstens muss die Kommission international und unabhängig besetzt werden. Zweitens müssen die Mitglieder integer und fachkundig sein. Und drittens muss die Kommission ausgewogen im Sinne der Parität sein", betonte Grünen-Klubobmann Gebi Mair. Der Schweizer Hersche und der Zillertaler Geisler, ehemals Richter am Landesgericht Innsbruck, sollen sich dann ihr Team mit ebendiesen Anforderungen zusammensuchen, "schnellstmöglich" die Arbeit aufnehmen und spätestens bis zum Oktoberlandtag einen Bericht in Sachen Ischgl und Co. vorlegen.
Ein Allparteien-Konsens ist damit vom Tisch. Die Öko-Partei hatte zuletzt - als die ÖVP bereits ihre Zustimmung zum SPÖ-Vorschlag signalisierte - noch auf eine Einigung aller Parteien gedrängt. Doch dazu kam es nicht. Jeder habe sich "in seiner Position eingemauert", meinte Mair. "Ich halte das für verantwortungslos angesichts der Brisanz und der internationalen Beachtung, unter der Tirol gerade steht", beklagte der grüne Klubobmann.
Die von den Grünen mehrfach ins Spiel gebrachten international anerkannten Experten seien von den anderen Parteien nicht mitgetragen worden. "Aber besser eine Kommission als keine Kommission", argumentierte Mair das Mitgehen seiner Grünen mit Schwarz und Rot. Dass sich offenbar nicht einmal die Koalitionsparteien einig waren, wollte Mair indes gegenüber der APA nicht so eng sehen: "Wir sind unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Vorstellungen - und keine Einheitspartei."
Die ÖVP schoss sich vor allem auf die Oppositionsparteien FPÖ, NEOS und Liste Fritz ein. Diesen sei es "offensichtlich nie um eine objektive und tief gehende Analyse des Tiroler Krisenmanagements, sondern ausschließlich um ein politisches Scherbengericht" gegangen, so Klubobmann Jakob Wolf. "Dass genau diese Parteien den Wunsch nach einer unabhängigen Kommission mit den Nominierungen von parteinahen Personen von Anfang an torpediert haben, passt ins Bild", erklärte Wolf.
Erfreut über das Mittragen der Grünen zeigte sich SPÖ-Chef Georg Dornauer. Deren Bedingungen seien für die SPÖ ohnehin "von Beginn an Selbstverständlichkeiten" gewesen. "Die "Restopposition" lud Dornauer ein, den Antrag doch noch zu unterstützen.
Doch ebenjene - nämlich FPÖ, NEOS und Liste Fritz - wird einen anderen Weg beschreiten und ihrerseits einen gemeinsamen Antrag im Landtag einbringen. Und zwar mit von den Parteien namhaft gemachten Experten - ganz so wie es ursprünglich auch mit ÖVP, SPÖ und Grünen vereinbart worden sei, sagte FPÖ-Obmann Markus Abwerzger der APA. Scharfe Kritik übte Abwerzger an der ÖVP und dessen Klubchef Wolf: "Wolf hat ein unglaublich falsches Spiel gespielt. Und Dornauer ist der ÖVP auf den Leim gegangen". Ein Dorn im Auge wegen angeblich mangelnder Unabhängigkeit ist Abwerzger auch der künftige Kommissionsvorsitzende Hersche. Dieser habe in der Vergangenheit etwa Aufträge der Bezirkshauptmannschaft Landeck und der Tirol Werbung angenommen.
Wenn ein Vorsitzender Unabhängigkeit garantieren würde, hätte NEOS-Chef Dominik Oberhofer auch kein Problem damit, diesem einen "Blankoscheck" für die Auswahl der Kommissionsmitglieder auszustellen, sagte er. Auch er zweifelte daran, dass Geisler und Hersche unparteiisch agieren würden. Dafür, dass eine gemeinsame Lösung aller Parteien gescheitert ist, machte Oberhofer die Regierungsparteien verantwortlich.
Liste Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider ortete bei ÖVP, SPÖ und Grünen in den vergangenen Sitzungen zur Kommission eine Fixierung auf Personen. Stattdessen wäre das Festlegen von Bedingungen, unter denen die Experten arbeiten können, viel wesentlicher, meinte sie zur APA. Noch habe sie aber keinen neuen Vorschlag für die Expertenkommission am Tisch - die Regierungsparteien und die SPÖ sollten "einmal sagen, was sie wollen, dann kann man darüber reden", so Haselwanter-Schneider. Fest stand für sie aber: "Wenn man sich die Kommission richten will, wie man sie haben will, bekommt man einen zahnlosen Tiger."
Die Tiroler Oppositionsparteien FPÖ, NEOS und Liste Fritz wollen derweil den Rückzug von ÖVP-Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg wegen des Corona-Krisenmanagements: Am Montag haben sie einen Misstrauensantrag vorgestellt. Er soll noch diese Woche im Landtag als Dringlichkeitsantrag eingebracht werden.
Die Situation rund um das Coronavirus in Tirol habe das Fass, das bereits seit einem Jahr voll sei, nun zum "Überlaufen gebracht", sagte Liste Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider bei einer gemeinsamen Videopressekonferenz. Bereits die im Jahr 2019 angekündigte Spitalsreform und der "Gehaltsmurks" beim Pflegepersonal im selben Jahr hätten die Schwächen des Landesrats aufgezeigt. Er kommuniziere mit "niemanden", sei ein "Technokrat" und "versteckt sich hinter Arbeitsgruppen", urteilte Haselwanter-Schneider. Mit dem Misstrauensantrag wolle man nun einen "völlig überforderten Landesrat von seinen Aufgaben befreien", sagte sie und sprach auch ein Interview Tilgs in der "ZiB2" an, in dem er "elf Mal" beteuerte, dass die Behörden alles richtig gemacht hätten.
Auch FPÖ-Klubobmann Markus Abwerzger kritisierte Tilg scharf und sprach in der Causa Ischgl von einer "Chronologie des Schreckens, der politischen Untätigkeit, des Zudeckens und Vertuschens". Tilg müsse als "Chef der Tiroler Gesundheitsbehörden" seinen Sessel räumen. Der Misstrauensantrag sei jetzt notwendig, da "Gefahr im Verzug" sei. Es gebe Vermutungen, wonach Tilg als Rektor der Tiroler Privatuni UMIT TIROL eingesetzt werde, da im Herbst die Rektorenstelle vakant wird. Im übrigen zeigte er sich überzeugt, dass in jedem anderen europäischen Land und auch in jedem anderen Bundesland ein Rücktritt längst erfolgt wäre.
Zusammenfassung
- Die geplante Expertenkommission zur Untersuchung des Corona-Krisenmanagements Tirols bekommt offenbar einen schwarz-rot-grünen Geburtshelfer.
- Die Grünen bekundeten am Montag unter Bedingungen ihre Zustimmung zum Vorschlag von SPÖ und ihres Koalitionspartners ÖVP, den Krisenmanager Bruno Hersche und den pensionierten Richter Josef Geisler mit der Zusammensetzung zu beauftragen.
- Der Misstrauensantrag sei jetzt notwendig, da "Gefahr im Verzug" sei.