Niedrige Impfraten: Keuchhusten und Masern auf dem Vormarsch
Erst wenige Wochen alt war jener Säugling, der in einem Grazer Spital an Keuchhusten starb. Laut Gesundheitsministerium stieg die Zahl der Infektionen mit der hoch ansteckenden Krankheit zuletzt stark.
2015 wurden in Österreich laut Zahlen des Ministeriums 579 Fälle gemeldet. Im Jahr 2023 lag der Wert dann bereits bei 2.780.
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Keuchhusten beginnt oft unauffällig mit Schnupfen oder Reizhusten, es folgt das typische Krankheitsbild mit krampfartigen Hustenanfällen.
Auffällig: Auch deutlich mehr Erwachsene, insbesondere im Alter von 40 bis 45 Jahren, sind aktuell betroffen.
Zahlen steigen auch bei Erwachsenen
Nicht nur die Zahl der Erkrankten insgesamt, auch die Anzahl von Erwachsenen mit Komplikationen und einem Langzeitverlauf ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen.
Besonders ernst ist Keuchhusten jedoch noch immer für die Jüngsten der Gesellschaft. "Säuglinge sind besonders gefährdet, dass es zu Hospitalisierung und Tod kommen kann", warnte Medizinerin und Impf-Expertin Ursula Wiedermann-Schmidt bei der Apothekertagung im März. Das in Graz verstorbene Baby ist eine traurige Bestätigung.
Zahlen wie vor Einführung der Impfung
Derweil hat die Impfmüdigkeit in der Corona-Pandemie weiter zugenommen. Eine Impfung gegen Keuchhusten gibt es schon seit 1974, davor war die Krankheit laut Wiedermann-Schmidt ein "massives Problem".
Seit 2014 steigen die Fallzahlen wieder - der Trend nach oben wurde lediglich von der Pandemie unterbrochen. Die Keuchhusten-Inzidenz 2023 entsprach beinahe jenen Zahlen, mit denen man vor Einführung der Impfung zu kämpfen hatte: 29 pro 100.000 Personen.
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Viel zu niedrige Durchimpfungsrate
Möglicher Grund für die massive Rückkehr der Krankheit ist eine zu niedrige Durchimpfungsrate.
Diese sollte eigentlich bei 95 Prozent liegen, davon ist man jedoch weit entfernt. Im Bundesländerschnitt liegt man mit der dritten Impfung unter 70 Prozent.
Die Keuchhusten-Impfung sollte bei Kindern dabei bereits aufgefrischt werden, wenn sie in die Volksschule kommen.
Schwangere sollten die Impfung außerdem im zweiten bis dritten Drittel ihrer Schwangerschaft auffrischen, um das Kind nach der Geburt zu schützen. Bei 74 Prozent der Schwangeren fehlt der Antikörperschutz jedoch, weiß Impfexpertin Wiedermann-Schmidt.
Massiver Anstieg auch bei Masern
Nicht nur die Zahl der Keuchhusten-Infektionen steigt dramatisch. Auch die Masern-Fälle schossen zuletzt in die Höhe.
268 Masern-Fälle gab es österreichweit seit Beginn 2024. Im gesamten Vorjahr waren es 186 und schon mit diesem Wert lag Österreich bei den Masern-Infektionen im europäischen Spitzenfeld.
Daten der EU-Gesundheitsbehörde ECDC zufolge reihte man sich direkt hinter Rumänien auf den vordersten Plätzen ein. 2015 wurden 309 Infektionen in Österreich gemeldet.
"Keine harmlose Krankheit"
Viele verbinden mit Masern vor allem rote Flecken auf der Haut, doch die hochansteckende Krankheit greift viele Organe und auch das zentrale Nervensystem an.
"Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit", stellte Virologe Lukas Weseslindtner von der MedUni Wien bei der Apothekertagung klar. Das Virus "streut im ganzen Organismus".
Virologe Lukas Weseslindtner zur Masern-Welle
Der Altersschnitt der Infizierten liegt knapp unter 20, es gibt jedoch auch Betroffene bis hin zum Alter von 60 Jahren.
Hospitalisierungsrate bei 28 Prozent
Anfang des Jahres mussten 28 Prozent der Betroffenen im Spital behandelt werden. Die Komplikationen reichen von einer Lungen- oder Mittelohrentzündung bis zu einer Gehirnentzündung.
Auch wenn die Erkrankung überstanden scheint: Eine Maserninfektion schwächt das Immunsystem langfristig, man ist somit anfälliger für weitere Infektionen.
Um die Masern hierzulande auszurotten, bräuchte es, wie bei Keuchhusten, eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent mit zwei Impfungen. Auch hier erreicht man dieses Ziel bei Weitem nicht.
Zusammenfassung
- Die Infektionen mit Keuchhusten sind zuletzt stark gestiegen.
- Erst in dieser Woche starb ein Neugeborenes in einem Grazer Spital an der hochansteckenden Krankheit.
- Auch die Masern Fälle sind am Beginn des Jahres durch die Decke geschossen.
- Bereits jetzt wurden mehr Masern-Infektionen als im gesamten Vorjahr festgestellt.