"Ich will leben": Kapitulations-Hotline für russische Soldaten eingerichtet
Im Rahmen des Projekts "Ich will leben" ("Хочу жить") hat die ukrainische Regierung eine Hotline eingerichtet, durch die sich russische Soldaten auf einem einfachen Weg ergeben können. Das berichtet die "BBC".
Auf der offizielle Website des ukrainischen Staatspojekts heißt es:
"Ist dir aufgefallen, dass du statt mit Blumen, mit Feuer und Flüchen begrüßt wirst? Ist dir aufgefallen, dass die Kommandanten zuerst weglaufen? Rette dein Leben, für dich und deine Familie. Hör auf, für die Parolen anderer zu kämpfen. Kontaktiere uns – rette dein Leben."
Täglich bis zu 100 Anfragen
Laut Angaben der ukrainischen Regierung werden täglich bis zu 100 Anfragen an die Hotline gestellt – seit dem Start des Projekts im September sollen sich insgesamt über 3.500 Angehörige der russischen Invasionstruppen und deren Familien gemeldet haben. Die Soldaten können sowohl per Telefon, aber auch über Messenger-Dienste wie Telegram und WhatsApp mit den Zuständigen in Kontakt treten.
Seit der Mobilisierung tausender russischer Soldaten im September und der Befreiung der Stadt Cherson im November wären die Zahlen deutlich gestiegen.
Website in Russland blockiert
Laut der russischen Tageszeitung "Kommersant" soll die Website des ukrainisches Staatsprojekts "Ich will leben" auf dem Territorium Russland blockiert worden sein. Kommersant bezieht sich dabei auf das Roskomswoboda-Projekt, dass festgestellt haben soll, dass der Zugriff auf die Domäne "auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft" am 16. Oktober 2022 blockiert wurde.
"Teils verzweifelt, teils frustriert"
Eine der ukrainischen Telefonist:innen erklärt, wie solch ein Gespräch meistens abläuft: "Zuallererst hören wir eine Stimme, meist eine männliche. Sie ist oft teils verzweifelt, teils frustriert, weil sie nicht ganz verstehen, wie die Hotline funktioniert oder ob es sich nur um ein abgekartetes Spiel handelt".
Die russischen Soldaten würden aufgefordert werden, ihren Standort mitzuteilen, bevor sie weitere Anweisungen erhalten. Einige würden auch aus Neugier anrufen, um herauszufinden, wie eine solche Kapitulation im Bedarfsfall funktionieren würde. Andere rufen an, um zu provozieren.
Damit Mobilisierte nicht als "Kanonenfutter" herhalten müssen
"Wir wollen vor allem die Teilmobilisierten ins Visier nehmen, die nicht nur nicht kämpfen können, sondern auch als Kanonenfutter herhalten müssen", so Vitalii Matviyenko, der Leiter des Projekts. "Dieses Projekt wurde ins Leben gerufen, um ihr Leben zu garantieren, wenn sie sich freiwillig ergeben."
Tausende Kriegsgefangene auf beiden Seiten
Den kapitulierten Soldaten wird von ukrainischer Seite eine Behandlung nach der Genfer Konvention garantiert: Sie sollen Nahrung, medizinische Versorgung und rechtliche Unterstützung erhalten. Außerdem gebe es die Möglichkeit, gegen ukrainische Kriegsgefangene ausgetauscht zu werden.
Nach Angaben der US-ThinkTanks "Institute for the Study of War" führt der Kreml derzeit einen verstärkten Austausch von Kriegsgefangenen durch, wohl um die zunehmende Unzufriedenheit der eigenen Bevölkerung über die Mobilmachung einzudämmen. Viele Russen fürchten um Angehörige.
Es wird davon ausgegangen, dass es auf beiden Seiten Tausende Kriegsgefangene gibt – genaue Zahlen liegen jedoch nicht vor.
Zusammenfassung
- Im Rahmen des Projekts "Ich will leben" ("Хочу жить") hat die ukrainische Regierung eine Hotline eingerichtet, durch die sich russische Soldaten auf einem einfachen Weg ergeben können.
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