Hass im Netz: Staatsanwälte gegen ÖVP-Pläne
Statt einer spezialisierten Cybercrime-Behörde nach Vorbild der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) brauche es mehr Ressourcen für bestehende Einrichtungen von Polizei und Justiz, so Koller im "Standard" (Montag-Ausgabe). Unterstützung erhielt Koller von SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim.
Bestehende Kompetenzen "flächendeckend erweitern"
Koller plädierte für eine breit gestreute Unterstützung existenter Initiativen gegen Hate Speech und Kriminalität im Internet. Bereits vor einem halben Jahr seien bei den Staatsanwaltschaften Wien und Graz entsprechende Kompetenzzentren eingerichtet worden. Dieses Projekt, an dem im Moment sieben spezialisierte Staatsanwälte mitwirken, müsse laut Koller nun "flächendeckend erweitert werden, damit in jeder Staatsanwaltschaft in ganz Österreich zumindest ein Spezialist sitzt, der sein Wissen weitergeben kann".
Zadic: Mangel an nötigen Ressourcen
Schon am Wochenende hatte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) den Mangel an "nötigen Ressourcen und Werkzeugen" als größtes Hindernis auf dem Weg zur effizienten digitalen Verbrechensbekämpfung ausgemacht und mehr Ressourcen für Polizei und die bestehenden Staatsanwaltschaften gefordert.
Yildirim schloss sich dem am Montag in einer Aussendung an: "Wir brauchen bei der Bekämpfung von Hass im Netz weder eine eigene Sonderstaatsanwaltschaft noch eine Kompetenzerweiterung der WKStA. Mit eigenen Referaten innerhalb der bestehenden Staatsanwaltschaften kann das sofort erledigt werden".
ÖVP-Pläne "nur heiße Luft"
Überregional seien "speziell geschulte Mitarbeiter" vonnöten, "die sich mit dem Thema ständig auseinandersetzen und mit der Polizei gut vernetzt sind". Der ÖVP warf Yildirim vor, eine "Verzögerungstaktik" zu verfolgen, die Pläne für eine Onlinehass-Staatsanwaltschaft seien "nur heiße Luft".
Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) sah dagegen nun Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Zug. Für Täterinnen und Täter dürfe der digitale Raum nicht straffrei sein, so Plakolm bei einer Pressekonferenz am Montag. Ein Weg in der Justiz sei es, dies mit einer Staatsanwaltschaft zu garantieren. ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner blieb bei ihrer am Wochenende bereits vehement erhobenen Forderung nach einer Sonderstaatsanwaltschaft. Es sei "zu wenig, jede Verantwortung von der Justiz auf die Exekutive abzuschieben", sah sie ebenfalls Zadic in der Pflicht - und deponierte den Wunsch, dass "die Grünen nicht länger auf der Bremse stehen und nach Ausreden suchen".
Auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hatte sich am Wochenende - eher vorsichtig - für eine Sonderstaatsanwaltschaft ausgesprochen. Befeuert worden war die Debatte vergangene Woche nach dem Suizid der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr. Die Oberösterreicherin hatte sich nach Online-Anfeindungen gegen ihre Person das Leben genommen.
Zusammenfassung
- Gegen eine von der ÖVP vorgeschlagene eigene "Hass im Netz-Staatsanwaltschaft" spricht sich die Präsidentin der Staatsanwälte-Vereinigung, Cornelia Koller, aus.
- Statt einer spezialisierten Cybercrime-Behörde nach Vorbild der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) brauche es mehr Ressourcen für bestehende Einrichtungen von Polizei und Justiz, so Koller im "Standard".