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Handy-Sicherstellung passierte den Justizausschuss

Trotz des Koalitionskrachs um den Alleingang von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf EU-Ebene haben ÖVP und Grüne im Justizausschuss am Dienstag gemeinsam für eine Neuregelung der Handy-Sicherstellung, die Ausweitung des Verteidigerkostenersatzes und eine Reform der Verbandsklagen gestimmt. Der Verteidigerkostenersatz passierte den Ausschuss einstimmig, die Handy-Sicherstellung mit den Stimmen der Regierungsparteien, bei den Verbandsklagen stimmte auch die FPÖ zu.

Durch die Neuregelung der Handy-Abnahme sollen Datenträger wie z.B. Smartphones, aber auch Laptops ab 1. Jänner 2025 nur mehr mit richterlicher Genehmigung sichergestellt werden dürfen. Außerdem müssen Gerichte auch genau festlegen, welche Datenkategorien und -inhalte aus welchem Zeitraum und zu welchen Ermittlungszwecken ausgewertet werden dürfen. Der gesamte Vorgang unterliegt außerdem der Kontrolle des Rechtsschutzbeauftragten der Justiz. Darüber hinaus werden zahlreiche weitere Punkte der Strafprozessordnung neu geregelt. Diese Maßnahme wird noch einer zweiwöchigen Begutachtung unterzogen.

Durch die Neuregelung des Verteidigerkostenersatzes wird einerseits der Kostenersatz für Angeklagte bei Freisprüchen in Strafverfahren teils deutlich erhöht, andererseits darüber hinaus erstmals auch ein ähnliches Instrument bei Einstellungen von Strafverfahren etabliert. Konkret können künftig bei Freisprüchen vor Bezirksgerichten bis zu 10.000 Euro (bisher: 1.000) zugesprochen werden, vor dem Einzelrichter am Landesgericht bis zu 26.000 Euro (bisher: 3.000) und bei Schöffen- und Geschworenenverfahren bis zu 60.000 Euro (bisher 5.000/10.000). Für Einstellungen gibt es bis zu 12.000 Euro. Über die genaue Höhe entscheidet je nach Komplexität des Verfahrens ein Richter. Die neuen Regelungen sollen rückwirkend ab 1. Jänner 2024 gelten.

Mit der Reform der Verbandsklagen soll eine EU-Richtlinie umgesetzt werden. Verbraucherschutzeinrichtungen können dadurch im kollektiven Interesse von mindestens 50 Konsumentinnen bzw. Konsumenten Unternehmen auf Abhilfe, also etwa auf Schadenersatz, klagen können. Das Klagerecht kommt dabei sogenannten "qualifizierten Einrichtungen" zu. Arbeiter- und Wirtschaftskammer, Landarbeiterkammertag, ÖGB, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, Seniorenrat und der Verein für Konsumenteninformation werden gesetzlich als solche qualifiziert. Darüber hinaus entscheidet der Bundeskartellanwalt über die Zulassung weiterer Organisationen dazu. Zur Erleichterung der Klagen wird außerdem generell das Handelsgericht Wien als Gerichtsstandort festgelegt - so sollen die Einrichtungen leichter die nötige Zahl an Konsumentinnen und Konsumenten zustande bringen.

Einstimmig angenommen wurde auch eine geplante Reform des Genossenschaftsrechts.

ribbon Zusammenfassung
  • ÖVP und Grüne haben im Justizausschuss trotz Koalitionskrachs für Neuregelungen zur Handy-Sicherstellung, zum Verteidigerkostenersatz und zur Reform der Verbandsklagen gestimmt.
  • Ab 1. Jänner 2025 dürfen Smartphones und Laptops nur noch mit richterlicher Genehmigung sichergestellt werden, wobei Gerichte genau festlegen müssen, welche Daten ausgewertet werden dürfen.
  • Der Verteidigerkostenersatz wird bei Freisprüchen deutlich erhöht, z.B. auf bis zu 10.000 Euro vor Bezirksgerichten und bis zu 60.000 Euro bei Schöffen- und Geschworenenverfahren, und gilt rückwirkend ab 1. Jänner 2024.