Gerald Grosz: Mit gekreuzten Säbeln gegen das Establishment
Es ist ein kalter Oktobertag im Jahr 2018. Nach dreizehn Jahren auf der Oppositionsbank sitzt die FPÖ gemeinsam mit der türkisen ÖVP in der Regierung. Der damalige FPÖ-Chef Heinz Christian Strache ist zu diesem Zeitpunkt seit fast einem Jahr Vizekanzler. Um diesen "historischen Verdienst", wie es Ex-BZÖ-Obmann Gerald Grosz bezeichnet, zu würdigen, versammelten sich rund 100 Personen bei einer kleinen Kirche im Kärntner Bärental.
In einer überschaubaren Zeremonie wurde Strache von Grosz die sogenannte "Jörg-Haider-Medaille" verliehen. Dabei handelt es sich um einen Preis, der von Grosz 2010 ins Leben gerufen wurde und an Personen verliehen wird, die "Verdienste um die politische Erneuerung" erbracht haben.
Jörg Haider, der 2008 verstarb, und Strache verband eine lange Fehde. Besonders, als Haider sich von seiner einstigen Mutterpartei abspaltete, um das BZÖ zu gründen. Doch zehn Jahre nach Haiders Tod zeigt sich Strache versöhnlich. Auch Gerald Grosz sprach an diesem Herbsttag das "ambivalente Verhältnis" zwischen Strache und Haider an, dass einige Tage vor Haiders Tod bereinigt worden sei.
Rückzugsgefecht in die politische Bedeutungslosigkeit
Ähnlich wie Strache und Haider, startete auch Grosz seine politische Karriere bei der FPÖ. 2005 folgte er seinem politischen Idol Haider und wechselte zum BZÖ. Dort hatte er zahlreiche Funktionen inne: Steiermark-Chef, Generalsekretär, Grazer Gemeinderat, Nationalratsabgeordneter und nach dem verpassten Wiedereinzug ins Parlament 2013 auch den Bundesparteichef-Posten.
Zu dieser Zeit war von den Erfolgen der Ära Haider nichts mehr übrig. Während die FPÖ unter Strache an Zuspruch gewann, war das BZÖ auf Bundesebene verschwunden. Der austro-kanadische Unternehmer Frank Stronach jagte dem BZÖ nicht nur Wählerstimmen, sondern auch die für eine Klubgründung nötigen Parlamentarier ab. Und auch das einzige orangene Mandat im Europäischen Parlament ging verloren.
Nach nur eineinhalb Jahren an der Spitze des kläglichen BZÖ-Restes gab Grosz dann 2015 endgültig seinen Rückzug aus der aktiven Politik bekannt.
Nach der Politik zum Boulevard
Nach diesem Abgang wurde Grosz als Krawall-Gast vom Boulevard-Fernsehen entdeckt. Erst dadurch baute sich der Unternehmer und Blogger wieder eine gewisse Bekanntheit auf. Doch auch bei seiner neuen Zuflucht im Boulevard-TV musste sich Grosz für die Verleihung der Jörg-Haider-Medaille an Strache live auf Sendung auslachen lassen. Grosz ertrug es mit versteinerter Miene und bemühter Ironie.
Unabhängig mit freiheitlicher Sozialisierung
Nun will Gerald Grosz sein politisches Comeback wagen und in die Hofburg einziehen. Auf seiner offiziellen Website gibt sich der gebürtige Steirer nun als freier, kritischer und unabhängiger Kandidat. Er wolle ein aktiver Bundespräsident sein und spricht sich offen für eine Entlassung der Regierung aus. Auch ein Austritt Österreich aus der EU und ein Ende der Russland-Sanktionen gehören zu seinem Wahlprogramm.
https://twitter.com/GeraldGrosz/status/1569236674495889408
Seiner freiheitlichen Gesinnung bleibe er aber auch im höchsten Amt des Staates treu, denn er trage "eine gewisse Ideologie" in sich, die er "auch nie abgelegt habe", wie der Unternehmer und Blogger in einem Interview mit dem "Standard" betonte.
Fischen im rechten Wählerteich
Dass ein Großteil der Kandidaten eine ähnliche Wählerschaft anspricht, stört Grosz wenig. Sein Ziel sei es "dem Establishment eine Blamage zuzuführen", erklärte er im PULS 24 Interview. Dabei setzt er in seinem Wahlkampf vor allem auf markante Sprüche und die sozialen Netzwerke.
Grosz hat kein Budget: "Nichts, nada, niente"
Gegenüber PULS 24 meinte Grosz, dass er kein Budget für den Wahlkampf habe.
Mit Slogans wie "Jung und dynamisch, statt alt und damisch" oder "Wählst du Gerald Grosz, bist du die Regierung los" geht der Blogger auf Stimmenfang. Gleichzeitig bedient er sich großzügig bei seinem Vorbild Donald Trump. Mit rotem Kapperl kalauert er "Make Austria Grosz Again".
Freund der gekreuzten Säbel
Die offensive Ausdrucksweise, die Grosz mehrere Tausend Follower auf seinen Social-Media-Kanälen gebracht hat. "Es ist ja bekannt, dass ich eher kein Florettfechter bin, sondern lieber den Säbel kreuze", kommentierte er unlängst im "Standard" seine Wortwahl.
Die Provokation entsprach schon immer dem Naturell des Steirers. So sorgte etwa 2009 eine Auseinandersetzung zwischen Grosz und dem ehemaligen SPÖ-Abgeordneten Christian Faul für Aufsehen. Grosz provozierte Faul, der als streitbar galt, mit seinen Zwischenrufen, wodurch Faul Grosz wild beschimpfte: "Sie sind Sternzeichen Krokodil: Große Pappen, kleines Hirn." Grosz nahm es mit Humor und übernahm daraufhin eine Patenschaft für ein Krokodil im Tiergarten Schönbrunn.
Ziel: Stichwahl mit Van der Bellen
Diese Provokation bringt er nun auch in seinen Wahlkampf mit. In kurzen Videos holt er immer wieder zum Seitenhieb auf den Amtsinhaber Alexander Van der Bellen und die Regierung aus. Sein Ziel sei es mit Van der Bellen in eine Stichwahl zu ziehen, kündigt er an. Ob ihm das gelingt ist fraglich, wenn man dem Meinungsforscher Peter Hajek glaubt. Auch eine aktuelle Umfrage zeigt, dass der derzeitige Bundespräsident mit 66 Prozent klar an der Spitze ist. Immerhin: Grosz käme mit 9 Prozent auf den größten Stimmenanteil unter den unabhängigen Kandidaten.
Zusammenfassung
- Mit Provokation, "freiheitlicher Sozialisierung" und klingenden Slogans will Gerald Grosz gegen das Establishment ankämpfen.
- Sein Ziel: Eine Stichwahl mit Amtsinhaber Alexander Van der Bellen und danach der Einzug in die Hofburg.
- Doch wofür steht Gerald Grosz?